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MEDIA-TIPPS VON EWALD FUNK

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Academic year: 2022

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Cheyenne

„This Must Be The Place“

Euro Video

Sean Penn ist ja eigentlich mehr als ein Schauspieler, für mich ist er schon eine Art Gütesiegel für die Filme, in denen er mitmacht. Als dann in diesem gewöh- nungsbedürftigen Film noch Frances McDormand aus „Fargo“ auftaucht und später der leibhaftige David Byrne (Talking Heads), konnte ich eigentlich nur noch niederknien. Ein absolut andersartiger, abgepfiffener und hinter- sinniger Film zwischen Roadmovie und skurriler Komödie mit ernstem Hinter - grund. Kommt jetzt auf DVD und gehört in eine gut sortierte Musikfilm - sammlung. Obwohl ja nicht viel Musik darin vorkommt. Es geht vielmehr um

ein Musikerleben, der alternde Rockstar Cheyenne ist aus Irland in die Staaten emigriert und hat sowohl mit der Musikindustrie als auch mit dem kreativen Schaffen abgeschlossen. Er schminkt und toupiert sich aber immer noch täglich wie Robert Smith von The Cure und sitzt anson- sten zusammen mit seiner burschikosen Frau Jane (McDormand) zuhau- se in der Villa die Zeit ab. Ein Anruf verändert alles. Er muss zurück nach Irland, sein Vater, zu dem er seit 30 Jahren keinen Kontakt mehr hatte, liegt im Sterben. Ein Vermächtnis bleibt ihm: Er soll den Peiniger finden, der seinen Dad damals im KZ gepeinigt hat und angeblich in den Staaten lebt. Cheyenne macht sich in vollem Ornat auf den Heimweg in die USA und dann auf die Suche. Cheyennes Charakter trägt den Film, der auf- grund von früherem übermäßigem Drogenkonsum quälend langsam sprechende, kindlich naive Ex-Rockstar entwickelt doch tatsächlich sehr clevere investigative Fähigkeiten, dem Altnazi auf die Spur zu kommen.

Ein für auf Unterhaltungsfilme gepolte Leute stinklangweiliger Film, den man sich als Fan von Musikerfilmen aber mit Sicherheit noch mehrere Male anschauen wird.

Regie: Paolo Sorrento, mit: Sean Penn,

Frances McDormand, David Byrne, 114 Min. FSK: 16

 



 



 



 



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MEDIA-TIPPS

VON EWALD FUNK

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Michael Fitz

„Wenn I Schaug“

Wolke Musik / Cargo

Natürlich darf bei einer Rezension für dieses opulente Mundart-Doppel- album nie Kriminaloberkommissar Carlo Menzinger fehlen, den Fitz als Schauspieler populär gemacht hat,

während man seine Cousine Lisa Fitz eh kennt. Der Künstlerclan Fitz als solcher ist bei der CD dann noch mit Michaels Frau Karin vertreten, wel- che mit ihren Ölgemälden das Booklet des Digipacks verziert. Und es macht auch Sinn, die Doppel-CD so aufwendig als kleines Büchlein aus- zustatten und jedem Song eine Doppelseite mit Text und Illustration zu widmen. Es lohnt sich einfach, die in bayrischer Mundart gesungenen Texte genauer auf sich wirken zu lassen. Zwischen bärbeißigen Thesen, sanften Versöhnungsballaden und ironischen Betrachtungen vertont Fitz eigentlich alles, was man gemeinhin als Lebensart im Süden bezeichnen könnte. Wer gerne Weckers gepresstes Geknödel oder die morbiden Songs von Ludwig Hirsch hört, der muss Fitz unbedingt ent- decken. Nicht wie bei den Landsmännern Schmidbauer oder Astor, wo die Gitarrentechnik mehr im Vordergrund steht , Fitz ist der bessere Poet und seine Betrachtungen sind einfach einen ruhigen Abend mit wertvol- lem Getränk und CD-Hören wert. Die Texte sind die Stimmung, die transportiert wird, die Gitarre untermalt – ganz in bester Liedermacher- tradition. Da ja momentan die sogenannten Singer/Songwriter dank jun- ger deutscher Künstler boomen, ist die vierte Mundartplatte von insge- samt dreizehn Alben eines Michael Fitz eine lohnenswerte Investition, weil er den Vorteil hat, sich nicht in einem neuen Genre beweisen zu müssen.

Dominic Miller

„The 5th Floor“

Q-Rious / edel

Es gibt auch eine Karriere durch die Hintertür. Oder auf dem zweiten Bildungsweg. Dominic Miller stu- dierte zwar zusammen mit Nigel Kennedy auf einer Musikschule in

London, ging aber auf gut Glück als Studiomusiker hinaus in den Musikdschungel. Weil er bei einem Phil-Collins-Album mitspielte und die Ohrwurmmelodie zu „Another Day In Paradise“ spielte, bekam er einen Job mit Sting und ward fortan geadelt. Sogar Peter Gabriel ließ ihn kommen, genauso verfolgte der gebürtige Argentinier auch seine Solokarriere und nummeriert seine Platten seitdem auch im Titel. „The 5th Floor“ ist somit das fünfte Album, wie gewohnt ohne Gesang und mit einer sehr gut besetzten Begleitband (Pino Palladino, Jimmy Johnson, Mike Lindup etc.). Eine dieser Scheiben, die besonders für Musiker geeignet sind, denn Miller zeigt hier sehr abwechslungsreich, was man mit dem Instrument auslösen kann. Mehr Stimmungen als Songideen, mehr Vibe als klare 08/15 Songstrukturen. Das Ganze nicht zu jazzig und vertrackt, geht die Scheibe fast etwas in die Filmmusik-Richtung und erzeugt leichtes Kopfkino. Da die Songs auf der Tour bei Sting ent- standen sind, wartet man eigentlich ständig, dass selbiger gleich zu sin- gen beginnt. Eine der Scheiben für Jazzfreunde, die mal gerade keine Lust auf Jazz haben und trotzdem hohes Niveau bevorzugen. Sollte mit einer guten Anlage abgespielt werden und starke Nebengeräusche in der Nachbarschaft wie Autobahn, Baustelle oder Bahnlinie hat die Scheibe ebenfalls nicht verdient. Gediegene Unterhaltung!

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Flying Colors

„Flying Colors“

Mascot / Rough Trade

Mir tröpfelt schon beim Opener rela- tiv belangloser Poprock entgegen, der allerdings handwerklich wirklich sehr gut eingespielt ist. Eine Art Radio- Alternativerock mit viel Herzblut, aber wenig Eigenständigkeit. Aufge-

fallen ist mir aber Song sieben, ein episch langes Stück mit schöner Brian-May-Gitarre und melancholischem Anfang, der in ein irre langes, ja schon fast progartiges Gitarrensolo mündet. So etwas könnte ich mir auch auf einem Konzeptalbum als Themensong vorstellen. Weiter fällt mir auf, dass die Kombo wohl auch mit zwei Sängern arbeitet, wobei der eine etwas in die Coldplay-Richtung tendiert. Ich tippe mal, dass die Musiker schon sehr erfahren sind, da alles sauber und ohne Schnitzer für das Genre zu wenig kratzt. Jetzt nehme ich also mal meine Brille ab und entdecke die Koryphäen des Prog! Mike Portnoy. Früher bei Dream Theater an der Schießbude. Neal Morse, der Kopf von Spock’s Beard, sei- nes Zeichens Sänger und Keyboarder. Dave LaRue am Bass aus der Neal Morse Band, Casey McPherson von Alpha Rev an Gitarre und Mikro und natürlich der Oberzauberer am Sechssaiter von Deep Purple, Steve Morse. Und bei Song neun lassen sie die Hosen runter und bringen einen Song, der mit viel Pathos nach Muse klingt, aber in einer Frickelorgie völlig zerstört wird. Für meine Begriffe eine solide Platte, die sich Progfans natürlich wegen der Musiker kaufen, das eigentliche Zielpublikum würde das als langweilig empfinden. Netter Versuch, ein- zig die eingebauten Beatles-Harmoniezitate finde ich gut.

Mina Tindle „Taranta“

Believe / Indigo

Legt man diese Platte auf, bleibt man fasziniert bei der Stimme hängen.

Die bleibt auch weiter im Kopf, wenn die Scheibe durch ist. Mina Tindle kommt aus Frankreich, und unsere Nachbarn fallen ja meist durch – Pardon – nervtötende Chansons auf.

Die Franzmänner sind halt eigen, was die Musik angeht, und bleiben gerne separat und autark. Doch das hat sich geändert, die musikalische Migration der weltumspannenden Popmusik infiltrierte auch diesen patriotischen Markt. Und jetzt gibt es auch vermehrt französische Musikexporte. Mina, die Französin mit den spanischen Wurzeln, fischt in Gefilden zwischen Softrock, Folk und Avantgarde-Pop. Eine ähnlich unschuldige Stimme habe ich zuletzt von der Neuseeländerin Brooke Fraser gehört, die ähnlich zuckersüß den Beschützerinstinkt beim Zuhörer und den Mutterinstinkt bei der Zuhörerin weckt. Wer musika- lisch auf moderne, leicht verdauliche Kost steht, die trotzdem etwas unbequem und kreativ wirkt, der ist mit der Dame und einem moder- nen, breitenkompatiblen Album sehr gut versorgt. Hauptsache, nicht noch eine dieser langweiligen Songwriterplatten nach dem Schema gut aussehende Dame mit Gitarre und Meer. Hier ist wirklich kein Song wie der andere arrangiert, es passiert jedes Mal Neues und trotzdem wirkt das Ganze homogen, weil es durch die viel beschriebene Stimme einfach gut zusammengehalten wird. Welthits und griffiges Radiofutter sucht man darauf aber vergeblich.

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MEDIA-TIPPS

VON EWALD FUNK

Bücher für jede Spielart Grand Hotel van Cleef / Indigo

w w w .a lf re d ve rl a g .d e

Im Alfred Verlag sind drei neue Publikationen erschienen. Wer sich schon lange mal am Gypsy-Gitarrenspiel à la Django Reinhardt versuchen wollte, dem sei das Übungsbuch plus CD

„Gypsyjazz Guitar Vol. 1, A Tribute To Gypsjazz, Einführung in den Stil des Jazzmanouche“ von Rodmann Bertino empfohlen. Der in Europa entstandene Jazzstil hat seine Einflüsse im französischen Musette-Walzer, dem ungarischen Çsardas oder dem spanischen Flamenco sowie der Sinti-Musik. Bertino Rodmann, praktizieren- der Gypsyjazz-Gitarrist aus Frankfurt, hat sich dieser Aufgabe angenommen und legt mit „Gypsyjazz Guitar“ eine authentische Einführung in den Stil des Jazzmanouche vor. Ziel des Buches:

neben den typischen rhythmischen und solistischen Aspekten der Gypsyjazz-Spielweise auch Respekt gegenüber der uralten Tradition der Sinti zu vermitteln. Für alle Einsteiger in den Blues hat der Verlag „Garantiert Bluesgitarre lernen, Der ultimative Einsteigerkurs für Akustik- und E-Gitarre“ von Andie Saitenhieb im Sortiment. Der Einsteigerkurs für Akustik- und E-Gitarre ver-

mittelt leicht alles Wichtige zum Thema Bluesgitarre und zeigt die angesagtesten Riffs und Grooves im Stile von Eric Clapton, BB King, John Lee Hooker und Muddy Waters, Blues-Schemata, Blues-Stile und spezielle Spieltechniken. Dargestellt sind diese in Noten, Tabulatur sowie Griffdiagrammen. Die Übungen werden sowohl im Buch als auch auf der Moderations-CD erläutert. Etwas anspruchsvoller wird es mit „Realtime Jazz Standards, Guitar“, welches acht bekannte Jazz Standard Session Play-Alongs für Jazzgitarre von Bernd Klitz enthält. Er gewährt tiefen Einblick in die Interpretations- und Improvisationstechniken und lässt an sei- nen Erfahrungen mit Tipps und Tricks teilhaben.

Vorbereitungsübungen, Warm-Ups und Tipps zur Improvisation und Interpretation hat Bernd Kiltz exemplarisch am Beispiel von acht stilistisch vielseitigen Jazz Standards aufbereitet. Dieses Buch lässt sich ideal mit den korrespondieren Ausgaben für Begleitmusiker (Drums, Sax, Bass und Klavier) kombinieren, die ebenfalls im Alfred Verlag erschienen sind.

Gypsyjazz Guitar Volume 1, a tribute to Gypsyjazz – Einführung

in den Stil des Jazzmanouche von Rodmann, Bertino (Buch/CD)

ISBN 13: 9783933136862

Garantiert Bluesgitarre lernen, der ultimative Einsteigerkurs für Akustik- und E-Gitarre von Andi Saitenhieb (Buch/CD), deutsch

ISBN 13: 9783943638059

Realtime Jazz Standards – Guitar, 8 Session Play-alongs für

Jazzgitarre von Bernd Kiltz (Buch/MP3CD), deutsch ISBN 13: 9783943638066

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Blood Red Shoes

„In Time To Voices“

Cooperative / Universal

White Stripes umgekehrt: sie Gitarre, er Schlagzeug. Laura-Mary Carter und Steven Ansell, für mich klar die persönliche Neuent- deckung vor zwei Jahren. Zum einen die superfette Produktion der Scheibe, dazu machten beide live als Duo doppelt so viel Alarm wie andere Bands auf der Bühne, ohne dabei nur peinlich herumzuham- peln. Sie lassen die Instrumente sprechen und buttern ein Brot, das selbst den Stonerfans und der Indiepopfraktion gleich gut schmeckt. Auf ihrer wichtigen drit- ten Platte warfen sie nun das bishe- rige Konzept, Songs zu schreiben, völlig über den Haufen, machen aber erneut eine Hammerplatte.

Die könnte jetzt sogar die alte Sonic-Youth-Fraktion in ihren Gräbern wieder aufwecken. Lang- samer, dunkler, aber gewaltiger als der Vorgänger ... Stimmlich haben Laura und Steven auch zugelegt, vor allem sie drängt sich mehr in den Vordergrund, Steven trommelt

jetzt mehr mit Bedacht und immer noch vermisse ich keine Bassgitarre. Wo soll das noch hinführen? Zu den Stadien ist es noch weit, die Musik dafür haben sie schon im Koffer! Wem The Subways zu infantil klingen, der findet in den beiden blutjungen Ausnahmemusikern seine intellektuelle Heimstatt. Laura-Mary ver- wendet meistens eine Telecaster, der holländische Designer Land Yuri Landman hat ihr außerdem eine Siebensaitige entworfen, die zusätzlich eine Bass-Saite aufgespannt hat. Laura findet, dass jeder Gitarrist nicht nur seinen Stil, sondern vor allem auch einen urei- genen Sound finden sollte. Und dafür sollte man einfach ausprobie- ren und experimentieren. Bei ihrem Marshall JCM200 wechselte sie die originalen Röhren und ersetzte diese mit altmodischen. Statt ständig neue Effektpedale zu kaufen, beschränkt sie sich auf bewähr- te: Distortion, Delay und eins zum Stimmen. „Wenn man ständig neue dazu kauft, klingt man irgendwann wie U2.“

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MEDIA-TIPPS

VON EWALD FUNK

Wer immer auch glaubte, in England gäbe es so viele traurige Musik, weil das Wetter und das Essen scheiße sind, der sieht sich seit einiger Zeit getäuscht. Aus den Staaten kommen sie nämlich zuhauf, die melancholischen Folksänger mit ihrer Extraportion an traurigen Melodien. Wahrscheinlich wurden sie von ihren Eltern mit grausamem Hillbilly gefoltert, beim Essen lief während des Gebets John Denver und der Waffenhändler um die Ecke spielte Ted Nugent so laut, dass sogar die Kakerlaken flüchteten. Statt beim Spring Break mitzuvögeln, flogen also diese Kandidaten mit 18 auf Backpack-Trip nach Europa und bemerkten, dass das Image von Gottes eigenem Land im Rest der Welt alles andere als toll war. Alle lach- ten über Künstler wie John Denver, nur dieser Neil Young

war hier cool, und in den Studentenclubs lief Zeugs von Conor Oberst, Cake oder Calexico. Zuhause wurde dann flugs die Akustische ausgepackt und cooler Folkrock geübt, bis die Finger bluteten und der Hausarzt Antidepressiva verschreiben musste. Und jetzt ist sie da, die Generation Umhängegitarre! Peasant ist eine Ein-Mann-Band mit Begleitmusikern.

Damien DeRose ist wie geschaffen für junge europäische Mädels mit Beschützerinstinkt, denn seine zerbrechliche Stimme erobert jedes nor- mal veranlagte Frauenherz. Außen vor bleiben nur die Mannweiber mit Onkelz- oder Rammsteinhemd. Abseits von diesem polemischen und unsensiblen Geschreibsel zauberte Damien aber eine sehr erwachsene, ruhige Soft-Folkscheibe, die jeden lang ersehnten Feierabend sofort ent- schleunigt. Da geht man schlürfend zum Kühlschrank, macht sich ein Bier auf und versinkt im Sofa, bis einen dieses aufgegessen hat.

Peasant „Bound For Glory“ Schnitzel Records / Rough Trade

Es gibt die berühmte Szene in Blues Brothers, wo Jake und Elwood mit ihrem Bluesmobil durch ein Einkaufszentrum pflügen und eine Schneise aus Scherben und Verwüstung hinterlassen. Dabei fällt lapidar der Satz „Das neue Oldsmobile ist aber dieses Jahr früh rausgekommen“.

Gemeint ist damit, dass ein neues Modell dieser Marke eben zum Jahresablauf gehört. Auch eine neue Platte von Killing Joke gehört mittlerweile zum (Zwei-)Jahresablauf.

Ich weiß schon vorher: Sie wird gut sein! Egal, wie man ihre Musik nennen möge, Post-Punk, Industrial- Grooverock, Wave-Metal oder Endzeit-Core, ihre Alben waren zuletzt immer Referenzklasse in Sachen Songwriting, engagierten Texten und superfetter Boxenknacker-Produktion. Musik, die so dick auf die Festplatten im Studio geschmiert wurde, dass mp3 diese Fülle nie im Leben fas- sen könnte. Die Band bzw. ihr Frontmann Jaz Coleman ist für mich der Inbegriff für einen Dauerlieferanten wertiger Musik. Eigentlich macht er ja Popsongs. Allerdings steigern sich die meist in wütende Rock-Gewitter, seine Stimme überschlägt sich irgendwann und er schreit sich den Frust von der Seele. Gebettet ist das alles in ein weich gepolstertes Rhythmusbett. Vor allem Geordie Walker mit seinem slide-ähnlichen Gitarrensound und Bassist Youth mit seinen wolkenartigen Tieftonlandschaften geben immer ein unverkennbares Soundfundament ab. Der politische Aktivist Coleman stellt immer unbequeme Fragen in seinen Texten und Konzertzwischenansagen, dagegen ist Geordie eher der stille Handwerker, der stets wie ein Uhrwerk seine Leads auf einer meist sündhaft teuren alten Gibson im Hintergrund abliefert. In Zeiten von Anonymus und Piratenpartei ist Colemans Aktionismus eigentlich zeitlos gewor- den, musikalisch walzen sie immer noch alles platt, was heutzutage so an belanglosem Material veröffentlicht wird. Die Zeitlosigkeit ihres Konzepts ist erschreckend, Jungpunks, Altrevoluzzer, Studiofreaks oder Streetrocker sollten ruhig mal antesten!

Killing Joke „MMXII“ Spinefarm / Universal

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Paul Weller „Sonik Kicks“

Cooperative / Universal

Für alle, die nicht wissen, wer Paul Weller ist:

Man nennt ihn in Anlehnung an Godfather auch „Modfather“, er ist gleichzeitig so eine Art britisches Nationalheiligtum des Britpop, obwohl er bereits Ende der Siebziger dort mit seiner damaligen Band The Jam beim Generationswechsel durch die Punk- und New- Wave-Revolution aktiv mitwirkte. Auch wenn The Jam mit ihrem Modrock zwischen The Who und Punk damals keine Riesenspuren hinterlassen haben, war es sein ungewöhnli- cher Karriereweg, der ihm bis jetzt viel Ruhm und Ehre brachte. Nach The Jam machte er nämlich mit The Style Council eher in Richtung R&B und Jazz weiter, arbeitete als Modedesigner und war mit einer Frühform der House-Musik seiner Zeit voraus. Danach kamen auch viele Soloalben, wobei man aber vorher nie weiß, ob es Singer/Songwriter wird oder ein Coveralbum. Diesmal wurden es ein- fach gute Songs mit einem Schuss Britpop.

Wer zum Beispiel die klassischen Alben von Blur sehr schätzt, ist mit „Sonik Kicks“ aller- bestens bedient. Blur-Klampfer Graham Coxon machte nämlich bei einigen Tracks mit, eben- so ein gewisser Noel Gallagher (Ex-Oasis). Und da Wellers Stimme ja nahe bei Damon Albarn (Blur) liegt, klingt das alles, als ob Blur plötz- lich ein geniales Spätwerk veröffentlichen wür- den. Zwischen Indierock, Gorillaz-ähnlichem Dub, Balladen, Powerpop und Raverock findet sich alles, und Weller scheint hier echt das Kreativzentrum im Studio explodiert zu sein.

Wer sich als verdienter Musiker so dermaßen NICHT auf seinen Lorbeeren ausruht und eine derartig tolle, durchweg hörbare Studioscheibe vorlegt, der hat meine vollste Hochachtung!

...music never stops

W W W . S O U N D L A N D . D E EXKLUSIV NUR BEI

[ O H N E W O R T E ]

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