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”Pandora’s Box”. Woman-Demon as a Literary Theme.

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Academic year: 2022

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”Pando ina sk í ka”. Žena-démon jako literární téma.

Bakalá ská práce

Studijní program: B7507 – Specializace v pedagogice

Studijní obory: 7507R036 – Anglický jazyk se zam ením na vzd lávání 7507R041 – N mecký jazyk se zam ením na vzd lávání Autor práce: Alžb ta Mórová

Vedoucí práce: Mgr. Pavel Novotný, Ph.D.

Liberec 2018

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”Pandora’s Box”. Woman-Demon as a Literary Theme.

Bachelor thesis

Study programme: B7507 – Specialization in Pedagogy Study branches: 7507R036 – English for Education

7507R041 – German Language for Education

Author: Alžb ta Mórová

Supervisor: Mgr. Pavel Novotný, Ph.D.

Liberec 2018

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Prohlášení

Byla jsem seznámena s tím, že na mou bakalá skou práci se pln vzta- huje zákon . 121/2000 Sb., o právu autorském, zejména § 60 – školní dílo.

Beru na v domí, že Technická univerzita v Liberci (TUL) nezasahuje do mých autorských práv užitím mé bakalá ské práce pro vnit ní pot ebu TUL.

Užiji-li bakalá skou práci nebo poskytnu-li licenci k jejímu využití, jsem si v doma povinnosti informovat o této skute nosti TUL; v tomto p í- pad má TUL právo ode mne požadovat úhradu náklad , které vyna- ložila na vytvo ení díla, až do jejich skute né výše.

Bakalá skou práci jsem vypracovala samostatn s použitím uvedené literatury a na základ konzultací s vedoucím mé bakalá ské práce a konzultantem.

Sou asn estn prohlašuji, že tišt ná verze práce se shoduje s elek- tronickou verzí, vloženou do IS STAG.

Datum:

Podpis:

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Pod kování

Tímto bych cht la velmi ráda pod kovat vedoucímu mé bakalá ské práce Mgr. Pavlu Novotnému, Ph.D. za cenné rady, p ipomínky a p edevším za čas, který mi v noval p i zpracování této bakalá ské práce. Velké pod kovaní pat í také mé rodin a nejbližším za podporu, kterou mi poskytovali b hem celého studia.

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ANOTACE

Má bakalá ská práce teoreticky seznamuje s pojmem ženský démon, konkrétn femme fatale. Hlavním cílem mého výzkumu je analýza ženského démona v dílech Heinricha Manna a Franka Wedekinda. Praktická část práce se opírá o teoretické zpracování pojmu ženský démon, ve které se mimo rozbor femme fatale objevují i konkrétní p íklady ženských démon , j.j. Biblická postava Lilith. V rámci hlubšího poznání ženského démona jsem provedla také exkurz do filmové tvroby režiséra Josefa von Sternberga.

Klíčová slova: Heinrich Mann, Frank Wedekind, ženský démon, femme fatale, femme fragile, Modrý And l, Lulu

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ANNOTATION

Meine Bachelorarbeit befasst sich mit dem Konzept des Dämons und im Speziellen mit

dem weiblichen Dämon. Das Hauptziel meiner Forschung liegt in der Analyse des weiblichen Dämons in den Werken von Heinrich Mann und Frank Wedekind

begründet. Der Praxisteil der Arbeit widmet sich der theoretischen Adaption des Konzeptes des weiblichen Dämons, wie etwa dem biblischen Charakter der Lilith.

Ausgehend von einem tieferen Verständnis des weiblichen Dämons widmet sich ein weiterer Teil der Arbeit einer Filmproduktion des Regisseurs Josef von Sternberg.

Schlüsselwörter: Heinrich Mann, Frank Wedekind, Frauendämon, femme fatale, femme fragile, Der blaue Engel, Lulu

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ANNOTATION

My bachelor thesis familiarizes a concept of a woman demon, specifically femme fatale.

The main aim of my research ist he analysis oft the woman demon in the works of Heinrich Mann and Frank Wedekind. The practical part is based on the theoretical

adaptation of the concept oft the woman demon., in which also besides then femme fatale analysis appear concrete examples of woman demons, such as Biblical character Lilith.

Within a deeper knowledge of the woman demon there is also a part dedicated to a film production of a director Josef von Sternberg.

Key words: Heinrich Mann, Frank Wedekind, woman demon, femme fatale, femme fragile, The Blue Angel, Lulu

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Inhalt

1 Einleitung ... 12

2 Der dämonische Frauentypus ... 14

2.1 Theorie des Dämons und der Dämonologie ... 14

2.2 Weibliche Dämonen der Geschichte ... 17

3 Femme fragile und femme fatale ... 22

3.1 Theoretische Verortung beider Begriffe ... 22

3.1.1 Femme fragile ... 22

3.1.2 Femme fragile konkrete Beispiele ... 24

3.1.3 Femme fatale ... 25

3.1.4 Femme fatale konkrete Beispiele ... 26

4 Femme fragile und femme fatale in Werken von Heinrich ... 28

Mann und Frank Wedekind 4.1 Rosa und Lulu – gemeinsame Elemente der femme fatale und femme fragile ... 35

5 Der Film „Der blaue Engel“ und das Buch ... 39

„Professor Unrat“ 5.1 Vergleich von Buch und Verfilmung ... 39

5.2 Rosa Fröhlich und Lola Lola ... 42

6 Zusammenfassung ... 44

7 Quellenverzeichnis ... 46

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Abkürzungsverzeichnis

Abb. ...Abbildung Anh.……….Anhang Aufl.………...….Auflage d. h. ... das heißt Ebd. ... ebenda, ebendort (an derselben Stelle des Dokuments) Nr. ... Nummer s. ... siehe S. ... Seite St. ...Strophe u. a. ... und andere/ unter anderem usw. ... und so weiter V. ... Vers Vgl. ... vergleiche z. B. ... zum Beispiel Z. ... Zeile

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1 Einleitung

Wie der Titel der Arbeit indiziert, versuche ich im Zuge meiner Bachelorarbeit die Büchse der Pandora teilweise zu öffnen und mich in erster Linie mit dem Phänomen

des weiblichen Dämons zu befassen. Eine theoretische Einführung in das Thema des weiblichen Dämons soll zu Beginn der Arbeit erfolgen. Im zweiten Teil dieser Arbeit

widme ich mich konkreten Beispielen des weiblichen Dämons in den Werken Professor Unrat oder das Ende eines Tyrannen von Heinrich Mann und Die Büchse der Pandora von Frank Wedekind. Anhand einer eingehenden Analyse versuche ich die Frage zu beantworten, ob und in wie fern zuvor beschriebene theoretische Erkenntnisse in den beiden Werken zu erkennen sind. Meine Untersuchung wird danach Prozesse und Wirkung der weiblichen Dämonisierung beleuchten. Zum Schluss gehe ich auf die Filmadaptation Der blaue Engel ein, welche auf dem Roman Professor Unrat oder das Ende eines Tyrannen basiert.

Die Arbeit wird in mehrere Kapitel gegliedert. Zuerst möchte ich die LeserInnen mit der Theorie des Frauendämons vertraut machen. Kapitel 2 ist daher der Darstellung des Dämons und dem weiblichen Dämon im Speziellen quer durch Geschichte gewidmet.

Im darauffolgenden Kapitel werden wir uns mit zwei bestimmten Typen weiblicher Frauendämonen befassen – der femme fatale und der femme fragile. Das Kapitel 4 beleuchtet die konkrete Darstellung der femme fragile und femme fatale in beiden oben genannten Werken und untersucht gemeinsame wie auch gegensätzliche Elemente. Im letzten Kapitel werde ich untersuchen, wie der weibliche Dämon in Manns Werk Professor Unrat oder das Ende eines Tyrannen und Sternbergs Filmadaptation Der blaue Engel jeweils veranschaulicht wird. Meine Arbeit widmet sich im Zuge des vierten Kapitels auch expressionistischen Elementen des Films.

Die primären Quellen der vorliegenden Arbeit sind die genannten Werke der Schriftsteller Heinrich Mann und Frank Wedekind. Um historische Hintergründe und

wichtige Tatsachen zu ergründen, wurde zudem Sekundärliteratur herangezogen. Besonders beschäftige ich mit der Publikation The Feminist Encyclopedia of German Literature von Friederike Eigler und Susanne Kord und Carol Macks A Field Guide to Demons, Fairies, Fallen Angels and Other Subversive Spirits. Neben literarischen Quellen werden auch Internetquellen verwendet. Die Arbeit stützt sich zudem auf Bilder wie Ausschnitte von Filmszenen, die verschiedene Darstellungen von Dämonen zeigen und den LeserInnen als Veranschaulichung dienen sollen. Der praktische Teil der Arbeit wird durch konkrete Aussage der Protagonisten oder Szenen ergänzt und unterstützt. Die Auswahl des Themas

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hängt vor allem damit zusammen, dass ich mich für die Darstellung der Verhältnisse zwischen Frauen und Männer in Literatur oder Filmproduktionen interessiere. Besonders

außergewöhnlich ist für mich das Thema der Frauendämonisierung, die ich dank der Verfilmung mit meiner theoretischen Vorstellung vergleichen kann.

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2 Der dämonische Frauentypus

2.1 Theorie des Dämons und der Dämonologie

Es ist zunächst wichtig, sich mit der Definition von Dämonen zu befassen, da

dieser Begriff auf unterschiedliche Weise definiert werden kann. Der Dämon wird im Allgemeinen als ein hämisches Lebewesen verstanden. Manche Religionen glauben, dass diese Kreaturen als böse Geister oder gefallene Engel auftreten. Die Dämonen

können unterschiedliche Gestalt annehmen und die menschliche Welt besuchen.

In meiner Arbeit sollen drei der bekanntesten dämonischen Typen zur Sprache kommen.

Die nachfolgende Illustration von Gustave Doré bietet eine gute Vorstellung davon, was oder wer ein Dämon sein kann. Die Abbildung von Inferno1 zeigt die Szene aus Dante Alighieris Werk Die Göttliche Komödie. Die Dämonen werden dort als fliegende Kreaturen mit teuflischen Hörnern beschrieben.

1 Abbildung - Inferno (Die Göttliche Komödie) 2

1 der Bereich von denjenigen, die geistige Werte zurückgewiesen haben, indem sie zum tierischen Appetit oder der Gewalt tragen, oder indem sie ihr menschliches Intellekt zum Schwindel oder der Böswilligkeit gegen ihre Mitmenschen verdrehen

2 Doré Gustave. The Inferno (Canto 21) In: Trivium Art History [online]

<https://arthistoryproject.com/artists/gustave-dore/the-inferno-canto-21/>

(15)

Eine ähnliche Vorstellung des Dämons erwähnt auch Rosemary Guiley, die meint,

dass die Vorstellung von Dämonen bereits in frühchristlicher Zeit präsent war.3

Der Glaube an Dämonen wurde aus anderen Kulturkreisen übernommen.

Die dämonischen Kreaturen gehörten der christlichen Vorstellung nach dem Teufel und begründeten zusammen mit ihm das Böse. Die Dämonen werden als gefallene Engel beschrieben, die Hochmut und nicht etwa Gehorsam vor Gott wählten. Guiley führt zudem an, dass „Dämonen, die niedrigen Vertreter des Bösen, viele Gestalten haben und unter verschiedenen Namen mit manchen Zwecken arbeiten.“ 4 Die Autorin verweist auf eine Theorie, nach der Dämonen verschiedene Gestalten oder Namen verwenden um ihr Handwerk zu erfüllen, d.h. die Menschen zu verletzen. Dämonische Angriffe können durch verschiedene hässliche Kreaturen durchgeführt werden. Sie können von Menschen Besitz ergreifen und auf diese Weise durch den Menschen in Form von Ermordung oder Gewalt das Böse in die Welt tragen.

Im Unterscheid zu diesem ersten Typ des Dämons nach Rosemary Guiley vertritt Carol Mack die Ansicht, dass Dämonen in der menschlichen Welt auch andere Ziele verfolgen. Manche Dämonen würden eine menschliche Gestalt annehmen, damit sie den Menschen näherkommen. Es ist auch wichtig zu erwähnen, dass einige Körperteile dieser Kreaturen immer tierische Merkmale, wie bspw. Hufe, eine Schlangenhaut oder Vampirzähne, tragen.5 Zu diesen Dämonen mit menschlichen Zügen werden typischerweise auch der Teufel oder Vampire gezählt. Unter der Abbildung 26 sieht man

3 Vgl. GUILEY R., The Encyclopedia of Demons and Demonology. 2009, S. 14

4 Ebd. S. 13

5 Vgl. MACK C.K., A Field Guide to Demons, Fairies, Fallen Angels and Other Subversive Spirits, 1999, S. 22

6 Murnau F.W. Nosferatu, eine Symphonie des Grauens. In: FILMSTARTS [online] Stand: 2013/21/04

<https://qagoma.qtix.com.au/event/mnst_nosferatur_13.aspx >

2 Abbildung - Nosferatu, eine Symphonie des Grauens

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ein berühmtes Exemplar eines solchen Dämons. Es stammt aus dem Film Nosferatu, eine Symphonie des Grauens von Friedrich Wilhelm Murnau. Die Abbildung stellt die Figur des Vampirs Nosferatu dar, welcher auf den ersten Blick durchaus einem Menschen ähnelt.

Des Weiteren verweist Mack auf „die illusorischen Erscheinungen und Transformationen der dünnen Luft“, denn dämonische Kreaturen können auch in Form von Rauch, Nebel oder flackernden Lichtern auftreten. Diese Kreaturen erscheinen zumeist in der Nacht.7

Dämonen können demnach in recht unterschiedlichen Gestalten in der menschlichen Welt in Erscheinung treten. Ihre Position gegenüber den Menschen

kann entweder positiv, wie bspw. Zauberinnen, oder negativ, wie bspw. Vampire, sein.

Die Bandbreite unterschiedlicher Dämonen wurde somit umfassend skizziert, so dass wir uns im nachfolgenden Kapitel einem neuen Thema widmen können. Wir werden uns mit einem ganz spezifischen Typ der dämonischen Welt befassen: Dem weiblichen Dämon.

7 Vgl. Ebd. S. 22

(17)

2.2 Weibliche Dämonen der Geschichte

Zunächst wollen wir ergründen, welche Vorstellungen mit dem Begriff weiblicher Dämon verbunden sind. Die meisten von ihnen gelten als „Verführerinnen“ .8 Ein solcher Dämon, der die Männer verleitet und diese für ihre Zwecke missbraucht, wird succubus9

(s. Abb. 3)10 genannt. Succubus kann aber auch ein weiblicher Dämon sein, der die sterblichen Menschen im Schlaf verführt.11 Zum besseren Verständnis des grundlegenden theoretischen Konzepts sollen ausgewählte Beispiele dienen.

Denn auch unter den weiblichen Dämonen gibt es verschiedene Typen. Als erstes Beispiel habe ich eine Seekreatur namens Rusalka (S. Abb. 4)12 ausgewählt. Dieser weibliche Dämon wird als bezaubernde Seekreatur beschrieben, die in der Nacht auch als Frosch oder Fisch erscheint. Prinzessin Rusalka stammt aus einem Wasserkönigreich,

8 MACK C. K., A Field Guide to Demons, Fairies, Fallen Angels and Other Subversive Spirits, 1999, S.

22 9 WILLIAMS H., The Superstitions of Witchcraft, 1865, S. 123

10 Wetman/Yeago, Queen of the Night relief. In: Wikipedia [online] Stand: 2006/01/06 <https://cs.wikipedia.org/wiki/Succubus#/media/File:Lilitu.jpg >

11 PICKERING D., Dictionary of Witchcraft, 1996

12 MACK C. K. Rusalka. In: A Field Guide to Demons, Fairies, Fallen Angels and Other Subversive Spirits, S. 19

2 Abbildung - Succubus (Lilith)

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das in Russland verortet ist. Sie ist dafür berüchtigt, Kinder oder junge Männer ins Wasser zu locken. Jedoch wurde sie von ihren Eltern zum Alleinsein verurteilt. Ihre Existenz wird auch mit anderen Meereskreaturen wie den Sirenen verglichen. 13

Ein weiterer Wasserdämon mit Namen Nixie (Teutonic) (S. Abb.5)14 stammt auch aus der Wasserumwelt. Sie ist eine Amphibie und zugleich auch eine femme fatale15, die die meiste Zeit ihres Lebens unter Menschen in der Stadt verbringt. Sie genie t das Einkaufen und den Tanz und während Dorffestlichkeiten verwandelt sie ihr Aussehen, um den Anwesenden den Kopf zu verdrehen. „Danach lockt sie ihre Opfer in einen Fluss in der Nähe von Wassermühlen“. 16

Madame White ist der dritte weibliche Dämon, der an dieser Stelle vorgestellt

werden soll. Sie wird als ein hübscher, unheimlicher Dämon beschrieben, der aus der taoistischen Kultur stammt. In stressigen Situationen verwandelt sie sich in eine

Python, ihre zweite Gestalt. Für manche Männer stellt sie sich jedoch als tugendhaftes und unwiderstehliches Weib dar. Sie hat typische Feenmerkmale, einen lieblichen, kirschähnlichen Mund, eine winzige Taille und

zierliche Fü e.“ 17

13 Vgl. MACK K. CAROL, A Field Guide to Demons, Fairies, Fallen Angels and Other Subversive Spirits, 1999, S. 19-20

14 MACK C. K. Nixie. In: A Field Guide to Demons, Fairies, Fallen Angels and Other Subversive Spirits.

1999, S.33

15 dieser Begriff wird weiter im Kapitel 2.2.1 erläutert

16 Vgl.Ebd. 33

17 Vgl. Ebd. S. 26-27

3 Abbildung - Rusalka 5 Abbildung - Nixie

(19)

Die oben aufgeführten Beispiele weisen darauf hin, dass ein gemeinsames Merkmal der weiblichen Dämonen ihre natürliche Anmut und die Fähigkeit Männer zu verführen ist. Im folgenden Kapitel soll der Fokus dieser Arbeit auf menschliche Dämonen gerichtet sein. Doch gibt es auch andere Typen weiblicher Dämonen und sogar regional bekannte Dämonen zählen hierzu.

Als typisches Beispiel eines weiblichen Dämons aus der böhmischen Umgebung kann die mythische Figur Vlasta gesehen werden. Alois Jirásek erzählt in seinem Werk Böhmens alte Sagen von einer Frauengruppe, die rachsüchtig gegen Männer kämpft und die Burg D vín bewohnt. Aus heutiger Sicht können diese Frauen als Amazonen18 bezeichnet werden. Diese bildeten laut Václav Bahník eine von Frauen geführte Nation,

die im Kampf erzogen wurden. (S. Abb. 6) 19 Ihre Männer führten hingegen den Haushalt.20

Der Begriff weiblicher Dämon taucht auch in Bezug auf die Bibel auf, wenn von der weiblichen Figur Lilith die Rede ist. Es ist hierbei anzumerken, dass Lilith „kaum in der Zeit der Kirche und Synagoge bekannt wurde“21 und dass „es nur einen geringen Bezug zu ihr in der Bibel gibt und sogar dann sie kaum zu erkennen ist.“22 Joel Soza

18 aggressive Frauenvolksstämme betreffen im Krieg

19 Liebscher A. Dívčí válka. In: Wikipedia [online] Stand: 2009/09/01

<https://cs.wikipedia.org/wiki/Dívčí_válka_(pov st)#/media/File:Adolf_Liebscher_-_Dívčí_válka.jpg>

20 Vgl. BAHNÍK, V., Slovník antické kultury, 1974, S. 717

21 SOZA J.R., Lucifer, Leviathan, Lilith, and other Mysterious Creatures of the Bible, 2017, S. 85

22 Ebd. S. 85

4 Abbildung - Mägdekrieg von Adolf Liebscher

(20)

führt jedoch einen Anhaltspunkt auf die Existenz von Lilith in Genesis 2:1823 an:

„…es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei…“ Soza stellt die Hypothese auf, dass „ein Mensch allein sein kann, falls er von jemanden verlassen wurde.“24 Dies deutet

darauf hin, dass Adam von seiner ersten Frau Lilith verlassen wurde.

Es stellt sich daher die Frage, wie Lilith neben Adam im Paradies erscheint. 25 Carol Mack erläutert, dass „Lilith als Adams Partnerin, nicht aus seiner Rippe, sondern

aus dem gleichen Staub, erzeugt wurde“26 Lilith benötigt, im Vergleich zu Eva 27, eine Gleichwertigkeit, damit sie sich „gleichwertig und nicht unterwürfig“ fühlt.28 Adam

weigert sich allerdings zu gehorchen, deswegen wurde Lilith nach Adams Ablehnung in einen Dämon verwandelt. 29

23 Gen 2:18 Dann sprach Gott, der Herr: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht.

24 SOZA J.R., Lucifer, Leviathan, Lilith, and other Mysterious Creatures of the Bible, 2017, S. 87

25 Michelangelo. Vertreibung aus dem Paradies. In: Bibelwissenschaft.de [online] Stand: 2017/09

< https://www.bibelwissenschaft.de/fileadmin/buh_bibelmodul/media/wibi/pdf/Lilit__2017-10- 10_12_56.pdf >

26 MACK C.K., A Field Guide to Demons, Fairies, Fallen Angels and Other Subversive Spirits, 1999, S.

199 27 Gen 3:20 Und Adam nannte seine Frau Eva; denn sie wurde die Mutter aller, die da leben.

28 MACK C.K., A Field Guide to Demons, Fairies, Fallen Angels and Other Subversive Spirits, 1999, S.

199 29 Vgl. Ebd. S.199: Lilith wurde die missionarische Position ablehnt. Adam wurde nicht gezwungen, deshalb flieht Lilith in Höhle, wo sie mit einer Horde der dämonischen Liebhaber tollt herum. Vieles spricht dafür, dass diese promiskuitive Querverbidung Hunderte Dämonen jeder Tag erschafft.

5 Abbildung - Lilith als Wesen aus Frau und Schlage reicht Eva den Apfel (Deckengemälde in Sixtinische Kapelle)

(21)

Es sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass manche Spuren von Lilith auch in der jüdischen Kultur zu finden sind. Lilith wird als erste jüdische femme fatale30

beschrieben: Des Weiteren gilt sie jedoch auch als eine „fein gekleidete Frau, die auf

der Lauer liegt und Kinder tötet. “31 Siegmund Hurwitz fügt eine Passage aus dem Talmud32 an, wonach “ein Mann nicht alleine schlafen soll, da er von Lilith

angegriffen werden könnte.“ 33 Lilith besucht die Männer dennoch während des Schlafes jede Nacht, um ihre Sehnsucht zu stillen.

Ihr Name kann auf unterschiedliche Weise definiert werden. Hurwitz hällt bspw. fest, dass Lilith in manchen Kulturen eng mit der Nacht und sexueller Verführung verknüpft ist. Sie wird daher auch als „Dunkelheit des Tages“ bezeichnet.34 Carol Mack behandelt Existenz der Lilith und gibt ab, dass die Bibel deren Existenz bereits während der babylonischen Epoche datiert, in welcher die als Nachtkreatur lilitu bekannt war.

Die Sumerer kannten zudem weibliche Winddämonen, die lilm, was Wind bedeutet.

Auch die Hebräer hatten einen Namen für die Nachtwesen und zwar lilah. 35 Weibliche Dämonen erhielten demnach in manchen Kulturen einen Namen, der mit ihrer Wirkungsweise verbunden ist.

In diesem Kapitel hat man Konzept der mythologischen Frauendämonen beschrieben. Das nachkommende Kapitel konzentriert sich an andere weibliche Dämonen, die meistens in Literatur erscheinen. In den Werken von Frank Wedekind und Heinrich Mann treten sie in Gestalt einer femme fatale und einer femme fragile auf.

30 dieser Begriff wird weiter im Kapitel 2.2.1 erläutert

31 COLLIER A.L., Lilith: The Legend of the First Woman, 1885, S. 4

32 nachbiblisches Hauptwerk des Judentums in Form einer Schriftensammlung, entstanden in mehrhundertjähriger mündlicher und schriftlicher Überlieferung

33 HURWITZ S., Lilith the First Eve: Historical and Psychological Aspects of the Dark Feminine, 1992, S. 74

34 Ebd. S. 74

35 Vgl. MACK C.K, A Field Guide to Demons, Fairies, Fallen Angels and Other Subversive Spirits, 1999, S. 199 - 200

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3 Femme fragile und femme fatale

3.1 Theoretische Verortung beider Begriffe

In zwei Werken der eben genannten Autoren gibt es zwei Frauentypen, die als femme fatale und femme fragile bezeichnet werden: In Thomas Manns „Professor

Unrat“ und in Frank Wedekinds „Die Büchse der Pandora“. Das theoretische Konzept beider Frauentypen soll im Folgenden nacheinander dargestellt werden.

3.1.1 Femme fragile

Das Konzept der Frau als femme fragile verbreitete sich recht schnell in der Zeit von 1890 bis 1905 in den Werken der Wiener und Berliner Moderne.36 Zentral ist hierbei der Begriff "fragile", der auf den ursprünglichen lateinischen Ausdruck "fragilis"

zurückgeht und auf Deutsch so viel wie "zerbrechlich" bedeutet37. Eine femme fragile ist demnach ein Mädchen, das empfindlich ist und sich ohne Gesellschaft eines Mannes, der ihr Leben schützt und führt, kraftlos fühlt. Friederike Eigler und Susanne Kord38 untersuchen Frauentypen in der deutschen Literatur und argumentieren, dass die femme

36 BRIX E., FISCHER L., Die Frauen der Wiener Moderne. In: Veröffentlichungen der Österreichischen Forschungsgemeinschaft, 1997, S. 163.

37 < https://www.duden.de/rechtschreibung/fragil >

38 EIGLER F., KORD S., The Feminist Encyclopedia of German Literature. 1997, S. 165 8 Abbildung - Beatrice und Dante

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fragile „schon in Dante Alighieris Darstellung der Beatrice in „Der Göttlichen Komödie“ erschien“. (S. Abb. 8)39 Dr. Mitchell Kalpakgian verweist in seinem Artikel

„Beatrice: Dante’s Symbol of Divine Grace“ darauf, dass Beatrice den Dante auf seinem Weg durch Inferno, Fegefeuer und Paradies als Symbol der Gottesgnade begleitete.

Als sie auf ihrer Reise zusammen spazieren gehen, entdeckt Dante ihre Schönheit und Reinheit. „Ihre Leuchtaugen und engelhafte Stimme haben Virgil ersucht, den Pilger auf dem richtigen Pfad zu führen und ihn daraus zu retten, in der Wildnis des Waldes und von einem Leben von unordentlichen Wünschen zu wandern, die ihn vom Weg bis ins Paradies wegführen.“ 40 Ariane Martin entwickelt die Theorie, dass die „femme fragile ein Frauenbild asexueller Erotik als Ausdruck der metaphysischen Sehnsucht seines Erfinders verkörpert“.41

Was das Aussehen der femme fragile betrifft, wird sie „normalerweise als jung und mit einer auffallend empfindlichen Figur porträtiert. Ihre großen, dunklen Augen und die Masse des langen Haars heben sich zum sonst kleinen und blassen Gesicht ab.“

42 Kord und Eigle betonen die „Unterentwicklung“ ihres Körpers. Ihr zartes Äußeres wird durch eine Vielfalt von Kleidungstücken unterstützt. Die femme fragile ist typischerweise, „in weichen, sanften, edlen Stoffe gehüllt, trägt Schleicher und elegante Kleider, die noch stärker ihre Zerbrechlichkeit hervorheben.“ 43

Die Zerbrechlichkeit der femme fragile wird sich auch durch ihr Dilemma zwischen einem kindischen Teil und einem erwachsenen Frauenteil gezeigt. Lenka Pajzlerova erwähnt, dass sich ihre „neurotischen Zustände auch in ihrem Verhältnis zur Sexualität, welche auf Verdrängung, Ablehnung und Frigidität basiert, zeigen.

Die femme fragile verurteilt sexuelle Triebe und den Geschlechtsverkehr als niedrig und gibt sich völlig dem „sexuellen Infatilismus“ hin.“44 Die Vertreterinnen der femme fragile interessieren sich nicht besonders für die Frage der sexuellen Sehnsucht, d.h. für sie

39 John Flaxman. Dante and Beatrice. In: THE UNIVERSITY OF TEXAS AND AUSTIN [online] Stand:

2007

< http://danteworlds.laits.utexas.edu/paradiso/gallery/0103dante.jpg >

40 KALPAKGIAN M., Beatrice: Dante’s Symbol of Divine Grace, Artikel [Online], Stand: 15.10.2015

<http://www.setonmagazine.com/dad/dr-mitchell-kalpakgian/beatrice-dantes-symbol-of-divine-grace>

41 MARTIN A., Erotische Politik – Heinrich Manns erzählerisches Frühwerk. 1993, S. 21

42 EIGLER F., KORD S., The Feminist Encyclopedia of German Literature. 1997, S. 166

43 PAJZLEROVA, L., Frauenfiguren bei Arthur Schnitzler. Vergleich, Analyse und Interpretation ausgewählter Texte. 2011, S.39

44 PAJZLEROVA, L., Frauenfiguren bei Arthur Schnitzler. Vergleich, Analyse und Interpretation ausgewählter Texte. 2011, S.39

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existiert nichts Sinnliches oder Sexuelles. Eigler und Kord bemerken, dass „diese Asexualität durch ihre zerebrale Spiritualität und ihre Anmut kompensiert wird.“45 Ariane Thomalla interpretiert „diesen Typ der Darstellung als Trugbild der sexuellen Unterwerfung“ 46,wie er zur Jahrhundertwende üblich war.

3.1.2 Femme fragile konkrete Beispiele

Als konkrete Beispiele eines Prototyps der femme fragile könnten Prinzessinnen

gelten. Ein gutes Beispiel stellt das Märchen Dornröschen (S. Abb. 9)47 von den Gebrüdern Grimm dar. Das Dornröschen ist ein junges Fräulein, das unter

dem strengen Schutz ihrer Eltern und Wächter erzogen wurde, um tugendhaft und unschuldig zu sein, bis zu dem Moment, in dem ein Prinz erscheint. Im Falle der kleinen Meerjungfrau von Andersen ist das Schicksal der Hauptfigur ein wenig

tragischer. Die kleine Meerjungfrau verändert ihre Gestalt, nachdem sie ihr unschuldiges Leben einem menschlichen Prinzen gewidmet hat. Die meisten Prinzessinnen werden als Archetyp eines tugendhaften, jungen Mädchens präsentiert, das die Liebe ihres Lebens erwartet.

45 EIGLER F., KORD S., The Feminist Encyclopedia of German Literature. 1997, S. 166

46 THOMALLA A., Die femme fragile, Ein literarischer Frauentypus der Jahrhundertwende. 1972, S. 34

47 Henry Meynell Rheam. Sleeping Beauty. In: Wikimedia Commons [online] Stand: 2007

<https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/ce/Henry_Meynell_Rheam_- _Sleeping_Beauty.jpg>

9 Abbildung - Dornröschen von Henry Meynell Rheam

(25)

Anderseits gibt es in der postmodernen Literatur auch das junge Mädchen Lolita

von Nabokov. Ihre Rolle entspricht der Tradition des Nymphchens48: sie stellt

„die Verbindung von kindhafter Unschuld und Durchtriebenheit“49 dar. Sie ist dem Mann

"zugleich überlegen und unterworfen und inspiriert."50 Obwohl die Hauptfigur Humbert Humbert in Nabokovs literarischem Werk weiß, dass es kein "glückliches Ende" nehmen wird, widmet er sich immer der Lolita. Lolita ist nicht diejenige, die die Beziehung führt und zieht den Humbert vielmehr unbewusst an. Das Unbewusste ist ein typisches Element, das das Benehmen der femme fragile auszeichnet. Obwohl ihr die Männer zu Füßen liegen, fühlt sich die femme fragile hierdurch nicht besonders geschmeichelt.

Dieser Umstand kann auch bei der jungen Tänzerin Lulu im Drama "Die Büchse der Pandora" von Frank Wedekind beobachtet werden. Wedekinds Lulu soll im nachfolgenden Kapitel detailliert erforscht werden.

3.1.3 Femme fatale

Als Gegenteil der femme fragile gilt der Frauenprototyp der femme fatale.

Die ersten Verweise auf diesen Frauentyp stammen aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert, als sich die öffentliche Moral nach und nach veränderte. Es erscheinen

zu jener Zeit viele literarische Werke mit sexuellen und pornografischen Themen.51 Die in der Literatur beschriebene femme fatale konnte als Frauendämon auftreten oder auch als „Frau mit Charme und Intellekt, die durch ihren extravaganten Lebenswandel und ihr verführerisches Wesen ihren Partnern häufig zum Verhängnis wird.“52

Stephanie Günther weist darauf hin, dass die femme fatale im Unterschied zur femme fragile eine dämonische Verführerin ist, die Verdammung bringt. 53 Ihr Trumpf

ist es, eine Dominanz über die Männer zu haben. Sie besitzt die Fähigkeit, den Mann zu beherrschen und wird zu ihrem Opfer. Die klassische femme fatale wurde durch Carola Hilmes näher charakterisiert und zwar als „eine meist junge Frau von auffallender

48 eine Kindfrau, welche die meisten Züge der der femme fatale besitzt

49 PAJZLEROVA, L., Frauenfiguren bei Arthur Schnitzler. Vergleich, Analyse und Interpretation ausgewählter Texte. 2011, S. 43

50 Ebd. S. 43

51 Vgl. Ebd. S. 36

52 < https://www.duden.de/rechtschreibung/Femme_fatale >

53 Vgl. GÜNTHER S., Weiblichkeitsentwürfe des Fin de Siècle. 2007, S. 154

(26)

Sinnlichkeit, durch die ein zu ihr in Beziehung geratener Mann zu Schaden oder zu Tode kommt“. 54 Die Frau befindet sich in der dominanten Rolle. Der Mann ist ihrer erotischen Macht unterlegen. Ihre erotische Macht ermöglicht der femme fatale, alles zu bekommen,

was sie nur will und alle Ziele zu erreichen, die sie sich gesetzt hat. Obwohl diese schicksalhafte Frau zahlreiche sexuelle Verbindungen mit einer Vielzahl von Männern eingeht, entwickelt sich keine von ihnen zu einer glücklichen Beziehung.

Eine treue und tugendhafte Frau zu sein, ist nichts für die femme fatale. Sie ist keine Frau, die den Männern gehorcht. Auch hat sie es nicht nötig auf einen Prinzen zu warten.

Sie ist sich ihrer Schönheit und ihrem Charme bewusst und verzaubert die Männer.

3.1.4 Femme fatale konkrete Beispiele

Zu den berühmtesten femme fatales, die tatsächlich gelebt haben, zählt zweifelsohne Mata Hari. Nach einem Artikel von Patrick Clancy kann Mata Hari als die bekannteste femme fatale der modernen Geschichte betrachtet werden. Sie lebte auf der Insel Java, wo sie sinnliche Tänze lernte und den Name Mata Hari erhielt.

Während der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts reiste Mata Hari nach Paris, wo sie eine Tanzkarriere anstrebte. Mit steigendem Ruhm begann sie mit vielen ihrer

Bewunderer Beziehungen zu führen und wurde daher auch als Kurtisane wahrgenommen.

Im Zuge des ersten Weltkriegs nahm sie die Chance war, als französische Spionin in Deutschland zu wirken. Sie wurde von den deutschen Offizieren nicht nur für Sex bezahlt, sondern erfuhr hierbei auch so manche geheime Information.55

54 HILMES C., Die Femme Fatale – Ein Weiblichkeitstypus in der nachromantischen Literatur. 1990, S.

10 55 Vgl. CLANCY P., Mata Hari, Artikel [Online] Stand: 09.2011

< http://www.mrclancy.com/wp-content/uploads/2011/09/Mata-Hari.pdf >

(27)

Ein weiteres Beispiel für eine Frauenfigur, die es liebt zu tanzen und dies verführerisch einzusetzen weiß, ist Salome. (S. Abb. 10)56 Auch sie kann

als femme fatale beschrieben werden. Der britische Dramatiker Oscar Wilde greift die biblische Geschichte der tanzenden Salome auf, welche auch für ihre kalte Albernheit

berühmt war.

„Herold, für Salome gierend, bietet ihr jeden Wunsch an, wenn sie für ihn tanzt.

Salome stimmt zu, und fordert später, dass Herold seine Versprechung erfüllt: Sie will wie versprochen den Kopf des Jokanaan.“57 Salome bekommt den Kopf des toten Jokanaan und küsst ihn.

Es zeigt sich also, dass Tanz und Verführung viel gemeinsam haben.

Aus diesem Grund fiel die Wahl für den Forschungszweck dieser Arbeit auf zwei Frauen, die ebenfalls im Showbusiness arbeiten und auf die die dargestellten Wesenszüge

56 Beardsley Aubrey. Salome. In: Project Gutenberg [online] Stand: 12.05.2013

< https://www.gutenberg.org/files/42704/42704-h/42704-h.htm >

57 FISHER D.B., Salome One Act Opera in German Music by Richard Strauss Libretto based on Hedwig Lachmann's German translation of Oscar Wilde's play, 2000, S.2

10 Abbildung - Salome von Aubrey Beards

(28)

einer femme fatale und einer femme fragile ebenfalls zutreffen. Es handelt sich dabei um die Figur der Lulu bei Wendekind und die Figur der Rosa Fröhlich bei Heinrich Mann.

4 Femme fragile und femme fatale in Werken von Heinrich Mann und Frank Wedekind

Wie wir im vorherigen theoretischen Kapitel erfahren haben, gibt es die zwei

Charaktertypen femme fatale und femme fragile. In diesem Kapitel soll nun eine ausführliche Analyse der beiden Charaktere bei Frank Wendekind und Heinrich

Mann erfolgen, welche sich auf spezifische Textextrakte oder Bildern aus Filmen und Theateraufführungen stützt.

Zunächst soll die femme fragile repräsentiert durch den Hauptcharakter der Werke

„Erdgeist“ und „Der Büchse der Pandora“ des Dramatikers Frank Wedekind, im Mittelpunkt stehen.Es handelt sich hierbei um ein junges Mädchen mit Namen Lulu.

Sie wird als Wesen mit kindlichem, fast unschuldigem Aussehen präsentiert, das sich für Tanz und Theater begeistert. Laut Edward Hariss „tritt sie für die dämonische, paradoxe, wesentliche Frau ein, die die Sinnlichkeit des Urweibs ausstrahlend,

11 Abbildung - Lulu (Die Büchse der Pandora von G.W. Pabst)

(29)

verlockend und totenähnlich, die Scheuheit der Najade58 kombinierend, die Ruhe eines Engels mit der Gerissenheit einer femme fatale vereint.“59 Die Figur der Lulu zeigt im Drama „Die Büchse der Pandora“ zahlreiche Eigenschaften einer femme fragile

auf und ist für daher eine Charakteranalyse bestens geeignet. Wir können in der Abbildung (S. Abb. 11 oben)60 bemerken, dass Lulu fast einem Kind ähnelt.

Ihr Aussehen beeinflusst auch ihre Sehnsucht, denn für eine femme fragile existiert keine Sinnlichkeit, wie schon im vorherigen Kapitel erwähnt wurde. Das typische Desinteresse

der femme fragile an den männlichen Annährungsversuchen lässt sich auch in Wendekinds Drama nachweisen (s.u.). Maler Schwarz liebt Lulu, aber sie hat gar kein

Interesse an ihm. Siehe den folgenden Dialog zwischen Schwarz und Lulu:

Schwarz: Ich liebe dich.

Lulu: Ich liebte einmal einen Studenten.

Schwarz: Nelli…

Lulu: Mit vierundzwanzig Schmissen…

Schwarz: Ich liebe dich, Nelli.

Lulu: Ich hei e nicht Nelli.

Schwarz kü t sie.

Lulu: Ich hei e Lulu.

Schwarz: Ich werde dich Eva nennen. 61

Lulu wird viele Namen gegeben. Von Dr. Schön wird sie bspw. Mignon62 genannt.

Dr. Schön, der auch eine Hauptrolle im Werk einnimmt, hat Lulu seit ihrer Kindheit erzogen. Sein Verhältnis zu ihr wirkt fast väterlich aus. Doch liebt er sie wie ein Mann

eine Frau liebt. Man könnte sagen, dass es eine Analogie zu Humbert Humbert bei Nabokov gibt. Siehe den Dialog zwischen Dr. Schön und Maler Schwarz:

Schön: Wer denn? – Deine Frau.

Schwarz: Eva??

58 Nach klassische Mythologie handelt es sich um einige einer Klasse von Nymphen, die Flüsse und Frühlinge leiten

59 HARRIS E.P., The Liberation of Flesh from Stone: Pygmalion in Frank Wedekind's Erdgeist. 2010, S.

44 60 G.W.Pabst. Louise Brooks in Die Büchse der Pandora. Mittermayer M., Bengesser S., Wedekinds Welt, Henschel Verlag, 2014. S. 159

Beardsley Aubrey. Salome. In: Project Gutenberg [online] Stand: 12.05.2013

< https://www.gutenberg.org/files/42704/42704-h/42704-h.htm >

61 Wedekind F., Die Büchse der Pandora. 1903, S.45

62 < https://www.duden.de/rechtschreibung/Mignon_Guenstling_Kolonel >

(30)

Schön: Ich nannte sie Mignon.

Schwarz: Ich meinte, sie hie e Nelli?

Schön: So nannte sie Dr. Goll.

Schwarz: Ich nannte sie Eva….

Schön: Wie sie eigentlich hie , wei ich nicht.

Schwarz kämpft mit sich selbst. 63

Der Name Mignon (S. Abb. 12)64 kann entweder als Schützling oder Liebling oder als eine Figur aus Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre interpretiert werden.

Als wurde von Kathrin Schweizer in seiner Arbeit angegeben, Wilhem macht sich an Weg, nach Entdeckung, dass seiner Liebe Mariane untreu zu ihm zu sein scheint, trifft

er junges Mädchen Mignon. Mignon ist eine junge Schauspielerin und Sängerin, die mit einer Schauspieltruppe reist, und führt dem Wilhelm ein geheimnisvolles

63 WEDEKIND, F., Die Büchse der Pandora, 1903, S. 25

64 Kunstverlag Juno Berlin. Mignon. In: Goethezeitportal.de [online] Stand: 2016/05 <http://www.goethezeitportal.de/wissen/illustrationen/johann-wolfgang-von-goethe/mignon- illustrationen/goethe-motive-auf-postkarten-mignon-serien-folge-i.html >

12 Abbildung - Mignon

(31)

und zugleich inspiriertes Geschöpf vor. 65 Das Verhältnis zwischen Wilhelm und Mignon wirkt eher als ein Vater-Kind-Beziehung aus, man kann fast keine szs. Liebesausdrücke

im Werk beobachten.66 Wie man bemerken kann, es gibt hier eine Analogie zum Verhältnis zwischen Lulu und Dr. Schön. Es ist auch sehr wichtig zu erwähnen,

dass Mignon sowie Lulu sich fast ein Knabe ähnelt, diese Wirklichkeit wird von Anne Albert angeführt. „Wenn Wilhelm zuerst Mignon entdeckt, hört sie ihn in seinen Spuren auf, und er ist am Anfang unsicher, wenn sie ein Junge oder ein Mädchen ist.“67 Lulu in ihrer szs. Tochterposition verfolgt keine erotischen Absichten, sie mag die Begleitung des Dr. Schöns, doch er hat bereits seine Geduld verloren und züchtigt sie wie ein kleines Kind. So sagt Schön:

„Ich habe dich verheiratet. Du lebst im Luxus. Ich habe deinem Mann eine Position geschaffen. Wenn dir das nicht genügt und er sich dazu ins Fäustchen lacht, ich trage mich nicht mit idealen Forderungen, aber la mich dabei aus dem Spiel. …La mich aus dem Spiel! Tu, was du willst. Ich komme nicht, um Skandal zu machen. 68

65 SCHWEIZER, K. Darstellung und Funktion der Figur Mignon in Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre, 2011, S. 1

66 Vgl. S.3 Mignon zusätzlich singt ein Lied „Kennst du das Land“ und „spricht hier jemanden

persönlich und vertraulich an“, wenn er in den Versen als „mein Beschützer oder Vater“ angesprochen wird. (Schweizer, 2011)

67 ALBERT E.A., Fragments: A Psychoanalytic Reading of the Character Mignon on Her Journey Through Nineteenth Century Lieder. 2009, S.6

68 WEDEKIND, F., Die Büchse der Pandora. 1903, S.41

13 Abbildung - Lulu und Pierrotkostüm

(32)

Im Kontrast zur väterlichen Stellung Dr. Schöns „findet der Maler Schwarz sie au erordentlich reizend.“ 69 Lulu soll dem Schwarz als Modell stehen „und präsentiert sich im Atelier des Malers den anwesenden Männern im Pierrotkostüm.(S. Abb. 13) 70

Dies soll als Kontrastmittel die Feminität Lulus besonders hervorheben.“71 In diesem Fall hat Lulu eine dominante Rolle in Beziehung zu dem Maler Schwarz,

obwohl sie „sich vernachlässigt und gelangweilt fühlt.“ 72 Doch bleibt Lulu nur als ein Modell. Nähere Beziehung der beiden Charaktere funktioniert nicht.73 Als Beispiel

siehe die Szene unten:

Lulu: Grünes Spitzröckchen bis zum Knie, ganz in Volants dekolletiert natürlich, sehr dekolletiert und fürchterlich geschnürt. Hellgrüner Unterrock, dann immer heller. Schneewei e Dessous mit handbreiten Spitzen…

Schwarz: Ich kann nicht mehr…

Lulu: Malen Sie doch!

Schwarz: Lassen Sie das, bitte! Der Stiefelputzer hat es wenigstens nur mit ihren Fü en zu tun. 74

Der dritte Name Lulus ist Nelli. Diesen Namen verwendet Dr. Goll.

Sein Verhalten ist schlauer als das der anderen zwei Männer. Er behandelt Lulu wie ein Tier im Zirkus. Sie dient als Unterhaltung für seine Augen. Sie ist ein „dressierter

Frauenkörper als Objekt der Lust. Unter strenge Aufsicht gestellt, abgerichtet und bearbeitet, kokettiert sie scherzend mit ihren Reizen.“ 75 So heißt sagt hier Dr. Goll:

„Hopp, Nelli!“ 76

Dr. Goll genießt ihre Veranstaltungen in verschiedenen Kostümen. Lulu spielt in seinen Augen auch eine kindliche Rolle, jedoch Martin Bäumer betont, dass sie

69 BÄUMER, M., Literarische Entwürfe zur gesellschaftlichen Stellung der Frau in Frank Wedekinds Dramen "Erdgeist" und "Die Büchse der Pandora". 1998, S. 30

70 Tilly Wedekind. Der Erdgeist. (Schauspielhaus München 1906) MITTERMAYER M., BENGESSER S., Wedekinds Welt. 2014, S. 111

71 BÄUMER, M., Literarische Entwürfe zur gesellschaftlichen Stellung der Frau in Frank Wedekinds Dramen "Erdgeist" und "Die Büchse der Pandora". 1998, S. 21

72 Ebd. S. 30

73 Vgl. Ebd. S. 30

74 WEDEKIND, F., Die Büchse der Pandora. 1903, S.25

75 HILMES C., Die Femme Fatale – Ein Weiblichkeitstypus in der nachromantischen Literatur. 1990, S.

159 76 WEDEKIND, F., Die Büchse der Pandora. 1903, S.19

(33)

wie ein „Spielzeug, eine amüsante Unterhaltung, der späte Genu seines Greisentums wirkt.“ 77 Und weiter78:

Schigolch: Sprich, wie es dir ums Herz ist, mein Kind! Ich hatte Vertrauen in dich, als noch nichts an dir zu sehen war als deine zwei gro en Augen. Was bist du jetzt?

Lulu: Ein Tier!

Schigolch: Da dich der! – Und was für ein Tier! -Ein feines Tier! – Ein elegantes Tier! – Ein Prachtstier!

Doch auch in Heinrich Manns Werk Professor Unrat finden sich Hinweise auf den Frauentypus der femme fragile. Martin hält hierzu fest, dass „die Frauengestalten

in Professor Unrat schon aufgrund des besonderen Verhältnisses von Unrat und Lohmann kaum handelnde Figuren sind, sondern in erster Linie männliche

Imaginationen von Weiblichkeit.“79 Im Unterschied zur sexuellen Gier Lohmanns sieht Unrat in der Figur der Rosa ein unwirkliches Weiblichkeitsideal, die durch die Jungfrau von Orleans repräsentiert wird. Man kann behaupten, dass seine Vorliebe für die Jungfrau von Orleans aus einer gemeinsamen Liebe zur Ordnung und Gott herstammen kann.

Was Unrat und die Jungfrau Johanna gemeinsam haben, ist „der persönliche Konflikt Johannas zwischen ihrer Gottesliebe und ihrer „fleischlichen“ Liebe zum Feind.“ 80 Doch es gibt einen möglichen weiteren Grund, warum Unrat gerade Johanna ausgewählt hat. Auch Schiller stiftete „mit seiner Johanna einer noch existierenden deutschen Nation ein analoges Nationalsymbol und eine nationale Erzählung, also einen nationalen Mythos und Kult; denn keine Kultur kommt ohne Kult(e) aus.“ 81 Bei Heinrich Mann kann man lesen:82

77 BÄUMER, M., Literarische Entwürfe zur gesellschaftlichen Stellung der Frau in Frank Wedekinds Dramen "Erdgeist" und "Die Büchse der Pandora". 1998, S. 22

78 Wedekind F., Die Büchse der Pandora, 1903, S.37

79 MARTIN A., Erotische Politik – Heinrich Manns erzählerisches Frühwerk. 1993, S. 62

80 Artikel: Die Jungfrau von Orleans von Friedrich Schiller In: Friedrich Schiller Archiv, Artikel[online]

Stand: 2018

< http://www.friedrich-schiller-archiv.de/inhaltsangaben/inhaltsangaben-zusammenfassung-die-jungfrau- von-orleans/ >

81 Artikel: SCHILLERS JUNGFRAU VON ORLEANS, ODER: DIE ENTSTEHUNG EINES NATIONALMYTHOS. Vortrag Goethe-Museum Düsseldorf [online] Stand: 03.11.2009, S. 3

< https://core.ac.uk/download/pdf/14512612.pdf >

82 MANN H., Professor Unrat oder das Ende eines Tyrannen. 1963, S. 11

(34)

„Mit der Jungfrau von Orleans beschäftigte die Klasse sich seit Ostern, seit dreiviertel Jahren. Den Sitzengebliebene war sie sogar schon aus dem Vorjahre

geläufig. Man hatte sie vor- und rückwarts gelesen, Szenen auswendig gelernt,

geschichtliche Erläuterungen geliefert, Poetik an ihr getrieben und Grammatik, ihre Verse in Prosa übertragen und die Prosa zurück in Verse.“

Martin (ebd.) befasst sich mit der Frage, was die Figur der Rosa für Professor Unrat bedeutet und äu ert die Meinung, dass sie für ihn „eine Verkörperung der erotisch wie ästhetisch besetzten Vorstellung antiker Freizügigkeit.“ darstellt.83 Professor Unrat

scheint mit der eigenen Sehnsucht nach Rosa zu kämpfen. Insgesamt basiert die Sehnsucht des Professors nach Rosa nicht nur auf deren Erotik, sondern auch auf der Möglichkeit, sie als Element seiner Macht zu benutzen.

Obgleich Professor Unrat in Rosa viele Zeichen einer zerbrechlichen Frau entdeckt, benimmt sich Rosa Fröhlich wie eine typische charmante und verführerische Frau, eine femme fatale, die viele Männer anzieht. Dieser Frauentyp braucht nicht deutlich zu handeln, ihre Reize gleichen einer Lampe, die die Fliegen anzieht. Wie schon im Theorieteil erwähnt wurde, stellt das bedeutendste Element ihrer Macht ihre Fähigkeit, den Mann zu beherrschen, dar. Eine Textstelle aus Manns Werk soll dies verdeutlichen.

„Für Unrat war es Pflicht, und sie ward täglich erfreulicher, je mehr er sich einlebte bei der Künstlerin Fröhlich.“ 84

Die femme fatale sucht ganz absichtlich die Gesellschaft von Männern.

Von Männern umgeben fühlt sie die Kontrolle, die sie über sie hat. Im Kontrast zur typischen femme fragile genießt Rosa alle Leidenschaften und sexuelle Erlebnisse.

Wie bereits erwähnt wurde, hat Rosa einige typische Eigenschaften einer femme fatale.

Sie steht für die sichere Verdammung ihres Geliebtes, gleich den Fliegen, die um eine Lampe schwirren. Professor Unrat wird durch ihre Macht überwältigt und verlässt

seine Arbeit wegen ihr. Er wird plötzlich ihr Diener. Es erscheint eine gar sinnlose Situation zu sein, als der Gymnasialprofessor seinen Platz verlässt, um persönlicher

Kleiderablagenbegleiter einer Kabaretttänzerin zu werden. Unrat hilft Rosa etwa mit ihren Strümpfen, als diese ihre Kleidung wechselt. Er gibt fein auf ihre Unterkleidung

83 MARTIN A., Erotische Politik – Heinrich Manns erzählerisches Frühwerk. 1993, S. 62

84 MANN H., Professor Unrat oder das Ende eines Tyrannen. 1963, S. 60

(35)

acht. Ihre Rolle ist gerade dominierend. Unten herum unbekleidet, sitzt sie auf einem Stuhl, lässt sich die Strümpfe abnehmen und beobachtet währenddessen die

Arbeit ihres Dieners, ob er seinen Job ja recht verrichtet. (S. Abb. 14) 85

4.1 Rosa und Lulu – gemeinsame Elemente der femme fatale und femme fragile

Obwohl diese zwei Frauentypen als Gegensätze angesehen werden können, sind sich Rosa und Lulu in manchen Aspekten oder Situationen sehr ähnlich. Beide Frauen sind Künstlerinnen und erwecken das Interesse der Männer in ihrer Umgebung. Rosa spielt im Kabarett Blauer Engel und Lulu tritt in verschiedenen Sälen in ganz Europa auf.

Beide sind berühmt. Siehe unten:

„Die Künstlerin Fröhlich hatte in der Zeitung gestanden, war im Lehrerzimmer besprochen worden, hing im Fenster bei Kellner. Die ganze Stadt wu te Bescheid über

sie, au er Unrat. Jeder andere hatte mehr Weltläufigkeit und Personenkenntnis

85 Josef von Sternberg. Der blaue Engel. Film. 1930

14 Abbildung - Lola und Unrat (Film Der blaue Engel)

(36)

als Unrat: er lebte, ohne da er’s selber wu te, tief in dieser Vorstellung, und er wandte

sich mit vollem Vertrauen an einen herrnhutischen Schuster um Auskunft über eine Tänzerin.“ 86

Mit der künstlerischen Produktion sind die Hinterbühnenszenen sehr eng

verknüpft. Rosa braucht Unrat um die Garderobe anzuziehen, er dient ihr als Zimmermädchen, wie in nachfolgende Szene präsentiert ist:

„Dann ordnete er die Toilettengegenstände, suchte die saubersten Unterröcke und Höschen hervor, legte, was zu flicken war, auf einen Stuhl abseits. Die Künstlerin Fröhlich erschien spät, denn sie fing an, sich auf Unrat zu verlassen. Er verstand bald seine grauen Finger ganz spitz zu machen und die Knoten an ihr damit aufzulösen, ihre Schleifen geradezuziehen, die Nadeln aus den Verstecken an ihrem Körper hervorzuholen.“ 87

Lulu wird anderseits von den anwesenden Männern bedient. Sie wählen die Garderobe aus und Lulu trägt, was sie wollen. Ihre Position ist jedoch im Vergleich

zu Rosa merklich submissiv, ihr Verhalten ist ähnlich dem eines Kindes. Siehe den Dialog:

Goll: Man sieht dein Negligé. Du mu t es herunterziehen.

Lulu: Ich hätte es am liebsten weggelassen. Es geniert nur.

Goll: Er wäre imstande und malte es hin.

Goll: Kommen Sie hierher. Hier ist nämlich mein Beobachtungsposten.

Lulu das linke Beinkleid bis zum Knie hinaufraffend, zu Schwarz So? 88 Und weiter:

Alwa: Der Rosatüll bringt mehr das Kindliche ihrer Natur zum Ausdruck! 89

Die Berühmtheit der beiden Frauen geht Hand in Hand mit der Eifersucht ihres Partners. Unrat fühlt sich ebenso wie Dr. Schön betrogen. Die Männer erfahren,

86 MANN H., Professor Unrat oder das Ende eines Tyrannen. 1963, S. 59

87 Ebd. S. 109

88 WEDEKIND, F., Die Büchse der Pandora. 1903, S.20

89 Ebd. S.60

(37)

dass ihre Partnerinnen eine immer grö ere Sensation erwecken, weshalb ihnen allmählich die Geduld ausgeht. Unrat versucht noch die Ehre seiner Gattin Rosa zu schützen, um nicht die Kontrolle über sie zu verlieren.

„Sie hatte es so eben in aller Form von dem Brasilianer geschenkt bekommen.

Unrat mu te herzueilen und die Rechte seiner Frau wahrnehmen. Während der jungen Mann, voll Scham, seine ganze Verwandtschaft verleugnete, hielt der alte Vermöhlen in gro er Erregung dem Ehepaar Unrat vor, dass sein Neffe in ihrer Gesellschaft schon längst seine Mittel überschritten habe.“ 90

Dr. Schön verfährt anders als Unrat. Er bemüht sich Lulu wie ein kleines Kind zu strafen. Siehe unten:

„Schön: Albernes Geschwätz! – Schamlosigkeit? Mach’ aus der Tugend keine Not! – Deine Schamlosigkeit ist das, was man dir für jeden Schritt mit Gold aufwiegt.

Der eine schreit Bravo, der andere schreit Pfui!...Je fürchterlicher es den Menschenvor dir graut, um so grö er stehst du in deinem Beruf da!“ 91

Rosa und Lulu vertreten ein echtes Schicksal für die Männer. Wir können beobachten, wie Unrat und Dr. Schön den Verstand verlieren und verrückt werden.

Sie verwandeln sich von respektierten Herren in menschliche Wracke. Lulu nötigt Schön die Verlobung mit seiner Verlobten zu annullieren und Rosa ruiniert Unrat, nach zwei Jahren in Lebensbund, finanziell wie gesellschaftlich. Ein Beispieldialog folgt an:

Schön: Schweig, Bestie! Schweig!

Lulu: Heiraten Sie sie! – dann tanzt sie in ihrem kindlichen Jammer vor meinen Augen statt ich vor ihr!

Schön: Verzeih‘ mir Gott!...

Lulu: Schlagen Sie mich! Wo haben Sie Ihre Reitpeitsche! Schlagen Sie mich and die Beine…92

Schön: Ich kann nicht schreiben…

Lulu: Scheiben Sie! – Sehr geehrtes Fräulein…

90 MANN H., Professor Unrat oder das Ende eines Tyrannen. 1963, S. 188

91 WEDEKIND, F., Die Büchse der Pandora. 1903, S.62

92 Ebd. S.65

(38)

Schön: Ich nenne Sie Adelheid…

Lulu: Sehr geehrtes Fräulein…

Schön: Mein Todesurteil! 93

Im Allgemeinen enden beide Bücher für Rosa und Lulu tragisch. Rosa ist mit ihrem Mann nachdem Diebstahlskandal auf dem Weg zum Gefängnis. Lulu wird

parallel von Jack the Ripper geschossen. Deshalb gibt es eine Erklärung, dass ein Verbannen des Frauendämons eine Art des Siegs ist. Wie es in Märchen bekannt

ist, das Gute siegt über das Böse.

Jack: „This monster is a quite safe from me! – It will be all over with you in a second.“

Die Geschwitz: „Lulu! Mein Engel! La dich noch einmal sehen! Ich bin dir nah!

Bleibe dir nahin Ewigkeit! O verflucht! 94 Und auch ein Bespiel aus Professor Unrat:

„Von Unrats Haus johlte das Gedränge. Endlich erschien er, inmitten der Beamten. Die Künstlerin Fröhlich, wirr, zerzaust, ganz in Tränen, zuckendem Jammer, Reue und unerhörter Unterworfenheit, klammerte sich an ihn, lag über in hingehängt, löste sich auf in ihn.“ 95

93 Ebd. S.66

94 Ebd. S.154

95 MANN H., Professor Unrat oder das Ende eines Tyrannen. 1963, S. 241

(39)

5 Der Film „Der blaue Engel“ und das Buch „Professor Unrat“

Dieses Kapitel wird sich primär auf die Filmbearbeitung zu Manns Professor Unrat konzentrieren. Hierbei soll nicht nur auf wichtige Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen dem Originalwerk und der filmischen Umsetzung eingegangen werden, sondern auch die beiden Hauptfiguren Rosa und Unrat beleuchtet werden. Jede Filmbearbeitung birgt eine Vielzahl alternativer Wege, wie eine Geschichte präsentiert werden kann.

Das folgende Kapitel beleuchtet zentrale Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen dem Roman und der Verfilmung.

5.1 Vergleich von Buch und Verfilmung

Zwischen Originalwerken und Verfilmungen gibt es stets einige grundlegenden Unterschiede, die erwähnt werden sollen. Ein zentraler Unterschied ist die Tatsache, dass ein Film dem Zuschauer die Möglichkeit bietet, die Geschichte zu beobachten

und zu hören. Der Film "Der blaue Engel", der von Josef von Sternberg im Jahr 1930 gedreht wurde, bedient sich expressionistischer Elemente, um die Geschichte von Rosa und Professor Unrat zu erzählen. Ein typisches Element, das in den meisten expressionistischen Filmen erscheint, ist das Element der Stadt. Rudolf Kurtz konstatiert, dass “die expressionistische Architektur weniger auf die optische Wahrscheinlichkeit

15 Abbildung – Stra eszene (Film Der blaue Engel)

(40)

als auf den starken Eindruck von Formen ausgehe.”96 Das wird auch im nachfolgenden

Bild (S. Abb 14) 97 deutlich, welches die Filmstadt zeigt. Kurtzhält zudem fest, dass die Linien der Stadt als eine Art der Deformierung angesehen werden können. 98

Ein weiterer Kontrast, den die Filmzuschauer verspüren, ist der starke Kontrast zwischen Tag und Nacht, der den LeserInnen entgeht. Im Laufe der Filmhandlung wird deutlich, dass keine andere Tageszeit als der erleuchteten Nacht erscheint. Es handelt sich

hierbei um ein weiteres Element des Expressionismus, welches der Darstellung eines Kontrastes dient.

Die Hauptfigur der Filmbearbeitung ist die Kabaretttänzerin Rosa, auch bekannt als Lola Lola, welche von der Schauspielerin Marlene Dietrich gespielt wird. Wenn man

die Entwicklung dieser Geschichte in Bezug auf die Frauen beobachtet, so liegt der Hauptfokus direkt auf Lola Lola, die wegen ihres schlauen Charakters

möglicherweise sehr attraktiv für die Zuschauer erscheint. Man kann auch behaupten, dass die Tatsache, dass die Rolle der Lola Lola, von einer der damals berühmtesten Schauspielerinnen gespielt wird, wobei die weibliche Rolle, im Gegensatz zu Unrat, akzentuiert wird.

Während der Film um die Hauptfigur der Lola Lola herum aufgebaut ist, widmet sich der Roman der negativen Entwicklung des Professors Unrat. Das Hauptthema im Roman ist die Kritik an der bürgerlichen Gesellschaft, welche als recht heuchlerisch erscheint. Die Figur Unrats könnte demnach als ein wichtiges Werkzeug interpretiert werden, um die kleinstädtische Niedrigkeit der Gesellschaft zu verdeutlichen. Stellt man sich als Leser oder Leserin Professor Unrat vor, so kann dieser mitunter als tragisch- komische Existenz erscheinen, welche in manchem Bürger mehr Spott als Respekt

erweckt. An Unrat geht seine Verwandlung vom angesehen Bürger zu einem anarchischen Element relativ unbemerkt hin. Trotz seiner Entlassung und

Degradierung wird er berühmter Leiter eines Kasinos. Was man während der Geschichte entdeckt, ist, dass obwohl die Gesellschaft behauptet, dass Unrat derjenige ist, der sich

für sein schamloses Verhalten schämen sollte, der Leser doch schnell versteht, dass gerade die Bürger diejenige sind, die im Roman kritisiert werden sollen.Das ganze

96 KURTZ, R., Expressionismus und Film. 2007, S. 54

97 Josef von Sternberg. Der blaue Engel. Film. 1930

98 KURTZ, R., Expressionismus und Film. 2007, S. 54

(41)

Werk konzentriert sich mehr auf eine allgemeine Moral als auf die Unterhaltung der LeserInnen.

Weitere Elemente wurden im Film anders als im Originalwerk umgesetzt.

So bekommen Unrats Schüler im Roman in der ersten Klassenszene ein Aufsatzthema über die Jungfrau von Orleans von Schiller, während der Film eine mündliche Prüfung

zeigt, in der Fragen zu Hamlet an die Schüler gerichtet werden. Auch führt Unrat im Roman ein gutbesuchtes Kasino, während er im Film Mitglied des Kabarettsensembles

wird. Wenn man über die Kabarettgruppe spricht, darf nicht vergessen werden99, dass Unrat im Film dort als grotesker Clown (S. Abb. 16)100 arbeitet. Diese Szene entstammt ebenfalls nicht dem Roman.

Ein zentraler Unterschied zwischen literarischen und filmischen Werk erscheint ganz am Ende der Geschichte: Während Manns Werk Rosa und Unrat im Gefängnis präsentiert, stirbt Unrat im Film als ein gebrochener, verrückter Man an seinem Katheder.

Schließlich kehrt er sich wieder in die Schule, wo die Geschichte fängt an.

99 Josef von Sternberg. Der blaue Engel. Film. 1930

100 Ebd. 1930

16 Abbildung - Clown Szene (Film Der blaue Engel)

(42)

5.2 Rosa Fröhlich und Lola Lola

Der erste Beweis über die Existenz der Kabarettdarstellerin Rosa Fröhlich wird im Roman in die bereits genannte Klassenszene zu Beginn der Erzählung verortet. Unrat stößt hierbei bei dem Schüler Lohmann auf ein Gedicht, das Rosa gewidmet ist. Im Film sitzt Unrat hingegen vor Kärtchen, welche die schamlose Tänzerin Lola

Lola zeigen. (S. Abb. 17) Bei Heinrich Mann erscheint Lohmann als ein empfindlicher, junger Mann, der wahrscheinlich aus Liebe zu Rosa handelt, während im Film wird er jedoch von ihrer Schönheit und Provokation angezogen.

17 Abbildung - Lola Lola (Film Der blaue Engel)

18 Abbildung - Lola Lola (Film Der blaue Engel)

(43)

Demnach ist anzunehmen, dass die im Film vertretene Lola Lola ihren Charakter nicht großartig zu präsentieren braucht, da sie in erster Linie als Sexsymbol betrachtet wird. Rosa Fröhlich ist eine reizvolle Darstellerin, die viele Stadtbewohner anzieht.

Dennoch entwickelt sich ihr Charakter durch eine Vielzahl von Missgeschicken.Man kann jedoch davon ausgehen, dass der Film nur für den verrückt gewordenen Unrat tragisch endet, denn während er aus dem Kabarett geworfen wird, bleibt Lola Lola auf der Bühne und singt.Sie beeindruckt das Publikum mit ihrem Schock über die Agonie ihres Mannes, doch lässt sie es dennoch geschehen, dass er aus dem Ort des Geschehens entfernt wird. Obwohl Rosa dem Lohman am Ende unterliegt, bleibt sie im Roman bei ihrem Mann bis zum traurigen Ende, wenn beide verhaftet und vom Bürgertum verspottet werden.

Auch Unrats Agonie im Roman sollte nicht unerwähnt bleiben. Dort können die Leser ebenfalls mitverfolgen, wie Unrat zusehends in Agonie verfällt und an der Rosa scheitert. Im Vergleich zu seinem traurigen Schicksal in der Filmbearbeitung, wird Unrats Verwandlung im Roman durch die Figur der Rosa Fröhlich in Gang gebracht. Folglich besteht kein Widerspruch darin, dass auch die Rosa aus dem Roman gewisse dämonische Elemente in sich trägt. Bei der Figur der Lola Lola aus dem Film wird ihre dämonische Natur jedoch deutlicher. Sie benimmt sich instinktiv und wie ein Vampir, der sein Opfer aussaugt, um sich als dann einem neuen Opfer zuzuwenden. Sie verfügt demnach über eine ähnliche Charakteristik wie der weibliche Dämon Lilith, welcher bereits im zweiten Kapitel vorgestellt wurde. Im Roman ist es schwieriger dämonische Elemente in der Privatperson Rosa zu erkennen. Natürlich wirkt sie auf und hinter Bühne reizvoll

und kokett, doch erscheint ihre Beziehung zu Unrat dennoch auf etwas wie Liebe zu basieren. Dies wird vor allem in Szenen deutlich, in denen Unrat, Rosa und deren

Tochter zusammen reisen und das Kasino führen.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Figur der Rosa sowohl im Roman, als auch im Film einige gemeinsame Elemente ausweisen, wie etwa ihre Zugkraft und ihr

Temperament. Andererseits werden andere Charakterzüge deutlich, die eine gewisse dämonische Charakteristik innehaben, wie das Berechnen und die Grausamkeit, wie sie vor allem bei Lola Lola auffällig merkbar ist.

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ralis enim roia certo duntaxat tempore floret, at aurea qvam longiilime durabit. Nec fblo conficitur auro, ied mufeus fimul &amp; b al (am um, ob fragrantiam,