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„Ein Gefühl von Schutz und Frische“: Eine kritische Diskursanalyse von deutschsprachiger Menstruationsproduktwerbung

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„Ein Gefühl von Schutz und Frische“

Eine kritische Diskursanalyse von deutschsprachiger Menstruationsproduktwerbung

Tova Erbén

Institutionen för slaviska och baltiska språk, finska, nederländska och tyska

Examensarbete 15 hp Tyska

Tyska kandidatkurs (30 hp) Vårterminen 2019

Handledare: Susanne Tienken

English title: “A Feeling of Protection and Freshness” – A Critical Discourse Analysis of German Menstrual Product Advertisement

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“A Feeling of Protection and Freshness”

A Critical Discourse Analysis of German Menstrual Product Advertisement

Tova Erbén

Abstract

The advertisement of menstrual products has traditionally been characterised by shame, discretion and euphemisms (Block Coutts and Berg 1993; Waschek 1995, Simes and Berg 2001). In the past few years, the theme of menstruation appears increasingly in the public eye and prompts the question of whether those qualities are still the dominant descriptors for advertising menstrual products. In order to study this, a critical discourse analysis was performed using the discourse-historical approach of Wodak and Reisigl (2016). The intention was to investigate – both qualitatively and quantitatively – how product descriptions of pads, tampons and menstrual cups are normatively and predicatively constructed, and which arguments, linguistics means and realizations are utilized for this purpose. The results suggest that qualities such as cleanliness, discretion and absence of smell as well as euphemisms (e.g.

Flüssigkeit, leichte/stärkere Tage) are still quite prevalent in use. The focus on protection is also emphasized in various ways, both in the product names as well as in the frequency analysis of the adjoining texts. However, other qualities, such as comfort, indicate that progressive tendencies also exist in the advertisements of menstrual products.

Schlüsselwörter

Kritische Diskursanalyse, Diskurs-historischer Ansatz, DHA, genderisierte Werbung, Menstruation, Menstruationsprodukte

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Inhaltsverzeichnis

Figuren ... 3

1 Einleitung ... 1

1.1 Hintergrund ... 1

1.2 Ziel und Fragestellung ... 1

1.3 Materialdiskussion ... 2

1.4 Aufbau der Arbeit ... 2

2 Theoretischer Rahmen ... 3

2.1 Weiblichkeit und Embodiment ... 3

2.2 Genderisierte Werbung ... 3

2.3 Produktnamen ... 4

3 Forschungsüberblick ... 6

4 Methode und Material ... 7

4.1 Der diskurs-historische Ansatz ... 7

4.2 Texte und Vorgehen ... 8

5 Analyse ... 10

5.1 Nominationsstrategien ...10

5.1.1 Produktnamen ...10

5.1.3 Objekte...13

5.1.4 Phänomene ...13

5.2 Prädiktionsstrategien ...16

5.2.1 Soziale Akteure ...16

5.2.2 Objekte...16

5.2.3 Phänomene ...17

5.3 Argumentationsstrategien ...17

5.4 Sprachliche Mittel und Realisierungen ...20

6 Abschließende Diskussion ... 24

Literaturverzeichnis ... 28

Quellen ...28

Literatur ...28

Figuren

Tabelle 1. Die Markennamen (mit Genderindex) und die dazugehörenden Produkte. ... 10

Tabelle 2. Die analysierten diskursiven Strategien und dazugehörigen Belege in den Texten. ... 14

Tabelle 3. Frequenz jedes Elements der drei Korpora. ... 20

Tabelle 4. Die zehn am häufigsten vorkommenden Wörter bei jedem Hersteller. ... 21

Tabelle 5. Die zehn am häufigsten vorkommenden lexikalischen Wörter und Begriffe. ... 21

Tabelle 6. Konkordanzen mit Gefühl bei Always. ... 22

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1 Einleitung

In diesem Aufsatz geht es um den Sprachgebrauch im Kontext der Werbetexte für Monatshygiene, ein Thema, das schon vor 40 Jahren LinguistInnen interessiert hat. In ihrem Buch Das Deutsche als Männersprache von 1984 beschreibt die Sprachwissenschaftlerin Luise Pusch, wie sie in den 80er-Jahren einen Tamponhersteller kontaktierte, um den Satz „Die Menstruation ist bei jedem ein bißchen anders“ in „Die Menstruation ist bei jeder ein bißchen anders“ zu ändern, was ein Jahr später auch geschah (Pusch 1984: 149-150). Damals ging es darum, die Existenz der Frauen in der Sprache hervorzubringen.

Die Werbesprache der Binden- und Tamponhersteller ist zudem in Bezug darauf interessant, wie sie zur Normenbildung von Menstruation und Weiblichkeit beiträgt. Unter der Annahme, dass Unternehmen durch die vermarkteten Produkte unsere Körper und körperliche Prozesse in Worte kleiden und damit unsere Vorstellung davon beeinflussen, soll der Werbediskurs von Menstruationsprodukten näher untersucht werden.

1.1 Hintergrund

Menstruation ist etwas, was in den letzten Jahren rund um die Welt viel mehr in den Medien besprochen wird. Das Jahr 2014 wurde dank Comiczeichnungen, Kunstausstellungen und Fernsehprogrammen in Schweden zu „mensens år“1 erklärt (Sundahl Djerf 2017). In den USA wurde das Jahr 2015 nach zahlreichen Ereignissen in Nachrichten und sozialen Medien bezüglich Themen wie Tamponsteuer, einer blutenden Marathonläuferin, Kommentaren von Präsidentschaftskandidat Trump und Hashtags wie #PeriodsAreNotAnInsult (Gharib 2015) entsprechend zum „Year of the Period“ ausgerufen. In diesem Kontext ist es von Interesse zu untersuchen, ob sich der Werbediskurs der Hersteller von Menstruationsprodukten an die neuen Tendenzen der Gesellschaft angepasst hat und mit alten Werbemustern gebrochen hat.

1.2 Ziel und Fragestellung

Das Ziel dieser Arbeit ist es, den Sprachgebrauch auf den Herstellerwebsites von Menstruationsprodukten qualitativ und quantitativ zu untersuchen, um herauszufinden, welche Ängste und Vorstellungen zur Vermarktung solcher Produkte genutzt werden. Durch die

1 „Jahr der Menstruation“.

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vorliegende Arbeit sollen die folgenden Fragen beantwortet werden: Mit welchen diskursiven Mitteln werden die Produkte nominativ und prädikativ vorgestellt? Wie wird für den Kauf dieser Produkte argumentiert? Und welches Bild von Menstruation und Weiblichkeit wird dadurch diskursiv konstruiert?

1.3 Materialdiskussion

Die Entscheidung, die Websites der Hersteller zu analysieren, und nicht etwa die Anzeigen, kommt daher, dass die Websites einen größeren textuellen Inhalt aufweisen als die Anzeigen oder Werbespots. Außerdem sind Werbeanzeigen für Menstruationstassen schwieriger zu finden, und die Websites bieten dann eine Möglichkeit, die Vergleichbarkeit zu gewährleisten.

Die deutschsprachigen Websites der folgenden Hersteller werden analysiert: Always, o.b. und Me Luna. Always und o.b. sind die Warenzeichnen zwei US-amerikanischen Konzernen, unter denen Binden und Slipeinlagen beziehungsweise Tampons vermarktet werden. Me Luna ist ein deutscher Hersteller von Menstruationstassen.

Always und o.b. haben beide sehr elaborierte Websites, die alles von Tipps und Beratung für die Pubertät und die erste Blutung bis zu Periodenkalenderrechnern anbieten. Der gemeinsame Faktor aller drei Firmen ist aber die Tatsache, dass auf jeder Website das jeweilige Sortiment des Unternehmens vorgestellt wird. Die Analyse dieser Arbeit beschränkt sich auf die Produktbeschreibungen- und präsentationen auf den Websites.

In dieser Arbeit wird angenommen, dass sich die Websites an alle diejenigen richten, die sich für die beworbenen Produkte schon interessieren und die Website gezielt aufsuchen, um einfach mehr Information zu bekommen oder auch über soziale Medien auf die Websites geraten. Da zwei der drei Hersteller US-amerikanisch sind, ist der Inhalt der Websites am wahrscheinlichsten aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt worden.2 Me Luna hat per E- Mail am 07-08-2018 bestätigt, dass die Texte auf ihrer Website von Anfang an auf Deutsch verfasst wurden.

1.4 Aufbau der Arbeit

Die Arbeit ist folgendermaßen aufgebaut: Zuerst wird der theoretische Rahmen der Arbeit vorgestellt, was das Konzept von Weiblichkeit und Embodiment sowie genderisierte Werbung und Produktnamen einschließt. Danach wird ein kurzer Forschungsüberblick zum Thema

2 Always und o.b. wurden per E-Mail kontaktiert, aber gaben keine Antwort auf diese Frage.

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Werbung von Menstruationsprodukten gegeben. Nachdem die diskursanalytische Methode und das Material präsentiert wurden kommt der erste, qualitativ orientierte Teil der Analyse, der sich mit den Diskursstrategien (Nomination, Prädikation und Argumentation) der untersuchten Texte beschäftigt. Der zweite Teil der Analyse ist quantitativer Natur und behandelt mithilfe der Software Corpus Presenter die sprachlichen Mittel und ihre Realisierungen (types und tokens) in den Texten. Zum Schluss folgt eine abschließende Diskussion der Ergebnisse der beiden Teile.

2 Theoretischer Rahmen

2.1 Weiblichkeit und Embodiment

Die grundlegende Annahme dieser Arbeit ist, dass die kulturelle Einstellung zur Menstruation sehr eng mit der sozialen Konstruktion von Weiblichkeit zusammenhängt. Das wirft, insbesondere nach weiterer Lektüre von Forschungsliteratur und der Sichtung des Materials, die Frage auf, wie Weiblichkeit und Frausein zu verstehen ist bzw. definiert werden kann. In der Sozialisations- und Geschlechtertheorie wird die Auffassung vertreten, dass die geschlechterbezogene Identität in der Interaktion mit anderen Menschen erschaffen wird und niemals fertig vorhanden ist (Macha 2012: 32).

Die körperliche Dimension von Geschlechtsidentität, wobei gesellschaftliche Geschlechtsnormen über die Sprache hinaus auch körperlich inkarniert und inkorporiert werden, wird Embodiment genannt (Macha 2012: 33). Es handelt sich um einen unbewussten Prozess, in dem Menschen körperbezogene Praktiken nachahmen und zu ihren eigenen machen, was zu habitualisierten Verhaltensweisen führt (ebd.). Butler (1997: 402-403) meint, dass dies wegen sozialer Sanktionen und der Tabuisierung gewisser Handlungen geschieht – eine Art kultureller Überlebensstrategie.

2.2 Genderisierte Werbung

Geschlecht wird von vielen als ein wichtiger Teil der Identität empfunden, und Menschen streben danach, als „richtige Frau“ oder „richtiger Mann“ betrachtet zu werden (Motschenbacher 2006: 11). Dies wissen Unternehmen und Werbeagenturen zu nutzen, indem sie Produkte mit einem emotionalen Nebennutzen befrachten: mit z.B. Kosmetika wird auch Weiblichkeit verkauft. Werbung enthält folglich nicht nur Informationen über das beworbene

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Produkt, sondern vermittelt auch kommerziell symbolisierte Identitäten und eine dazugehörige Normativität (Motschenbacher 2006: 62).

Werbung konstruiert nach Motschenbacher (2006: 11) separate Geschlechterwelten, in denen die Unterschiede zwischen Männern und Frauen verstärkt und in binärer Beziehung zueinander gesetzt werden – Weiblichsein werde als Nicht-Männlichsein und umgekehrt inszeniert. Die Werbesprache spiegele die stereotypischen Vorstellungen der Werbenden vom Zielpublikum wider und bediene sich einer Sprache, die dieses Zielpublikum erwarte (Motschenbacher 2006: 63).

In seiner Dissertation vergleicht Motschenbacher (2016) die Werbesprache in den zwei Zeitschriften Cosmopolitan und Men’s Health, um geschlechtliche Unterschiede als Werbestrategie zu identifizieren. Sein Korpus besteht aus insgesamt 2000 Anzeigen von Verbraucherprodukten aus den Jahren 1999-2001 und wird mit Ausgangspunkt in Critical Applied Linguistics deskriptiv-synchronisch und teilweise kontrastiv untersucht (Motschenbacher 2016: 67). Motschenbacher zeigt, hauptsächlich auf lexikalischer Ebene, inwiefern Geschlecht in der Werbung sprachlich sehr stereotypisiert und polarisiert dargestellt wird, obwohl regelrechte spezifizierte Frauen- und Männersprachen in der Wirklichkeit kaum zu finden seien (Motschenbacher 2016: 27). Dies hänge teils mit Audience Design zusammen, indem „werbesprachliches DG3 als Akkommodationsmechanismus zu verstehen [ist], der sich in publikumsabhängigen genderlektalen Stilverschiebungen äußert“ (Motschenbacher 2006:

385), und teils mit Politeness Theory, indem man sich darum bemüht, durch positive Höflichkeitsstrategien die (Geschlechts-)Identität der Rezipierenden zu wahren, zu bestätigen und anzuerkennen (2006: 399). Das Letztere sei umso wichtiger, wenn man zum Beispiel tabuisierte Produkte wie Kosmetika an Männer vermarktet (Motschenbacher 2006: 388).

2.3 Produktnamen

Die Namen sind ein Teil der Vermarktung der Produkte und in Bezug darauf interessant, was sie explizit oder implizit über sie vermitteln.

2.3.1. Funktion, Form und Benennungsmotive

Die primäre Funktion der Produktnamen ist zwar die Darstellungsfunktion, indem sie etwas benennen (Janich 1999: 50). Dazu gehören noch eine Ausdrucksfunktion, vermittelt durch ein

3 Doing Gender. Konzept der Genderforschung, nach dem Geschlecht nicht als angeborene Eigenschaft gilt, sondern als etwas, das man bei allen Verhaltensweisen unterschiedlich intensiv ausführt (Motschenbacher 2006 : 30).

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Zeichen, und eine Appell- oder Signalfunktion, die die Aufmerksamkeit des Empfängers erregen soll. Über die Identifizierung hinaus können sie auch Informationen oder wenigstens konnotative Bedeutungen über das Produkt vermitteln. Die Rezipienten sollen dadurch „ein positives Image und ein bestimmtes Vorstellungsbild mit dem Namen verbinden“ (ebd).

Platen (1997: 39-45) spricht von drei verschiedenen Formen von Produktnamen: die Übernahmen, die Konzeptformen und die Kunstwörter. Bei den Übernahmen geht es um Entlehnungen aus dem allgemeinen Namensbestand, entweder lexikalische ([Volkswagen]

Golf) oder onymische (Wasa, Mont Blanc). Dasselbe gilt für die Konzeptformen, mit dem Unterschied, dass sie auch irgendwie verändert werden, entweder durch lautliche/graphische Deformierung (Wella), Derivation (Nut-ella), Zusammensetzungen (Ultra Pampers plus) oder komplexe Formen (After Eight). Die Kunstwörter sind schließlich die Namen, die keine offenbare Anknüpfung in den natürlichen Sprachen oder im etablierten Namensbestand haben, wie die modularen Formen (Kurzwörter wie Adidas) und die kompakten Formen (Kodak).

Wenn man mit der Form vertraut ist, kann man auch die möglichen Botschaftsinhalte und Bedeutungselemente der Produktnamen analysieren (Janich 1999: 53). Dann muss zuerst festgestellt werden, ob das Unternehmen und die Marke im Namen erscheinen und ob irgendein Bestanteil des Namens die Bezeichnung einer Produktserie ist, oder auf produktspezifische Bestandteile und produktgattungstypische Namenskonventionen hinweist. Erst danach können eventuelle Hinweise auf Produkteigenschaften, -nutzen oder -verwendung enthüllt werden.

2.3.2 Genderindex

Um die innewohnende „Femininität“ oder „Maskulinität“ der Produktnamen zu entdecken, kann der Genderindex von Nübling (2017) verwendet werden. Er wurde anhand der 100 häufigsten deutschen Frauen- und Männerrufnamen entwickelt, und berechnet in Anlehnung an die Silbenanzahl, den Auslaut, die Position des Hauptakzents sowie den Vokal- und Konsonantenanteil, inwiefern sich ein Name männlich oder feminin anhört.

Einige Eigenschaften, wie ein Auslaut auf -[a], sind viel häufiger vorkommend bei Frauennamen und werden durch den Index pauschal mit positiven Punkten bewertet, während Namen mit männlichen Eigenschaften negative Punkte zugeteilt werden (Nübling 2017). Auf diese Weise bekommt zum Beispiel der Name Katharina +3 Punkte für die Endung auf -[a], +2 für die vier Silben (mit Akzent nicht vorne) und +1 für die gleiche Anzahl von Konsonanten und Vokalen (total +6 Punkte). Nübling (2017) räumt ein, dass es bei dem Index Verbesserungs- und Verfeinerungsbedarf gibt, aber insgesamt scheint er ein brauchbares Werkzeug zu sein, wenn man eine grobe Schätzung des Genderprofils eines Namens machen will.

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3 Forschungsüberblick

Die Genderperspektive in der Werbesprache ist ein Forschungsfeld, das erst in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre ernsthaft aufgegriffen wurde (Motschenbacher 2006). Laut Motschenbacher (2006) ist der Ausgangspunkt der früheren Forschung zum Thema Gender und Werbung oftmals nicht linguistisch, sondern von semiotischem, sozialpsychologischem oder medienwissenschaftlichem Charakter, mit Fokus auf die Bildrepräsentation.

1993 erschien allerdings bereits eine Studie von Block Coutts und Berg, die die sprachliche Darstellung von menstruierenden Frauen in der Werbung von Monatshygiene untersucht.

Anhand von Grounded Theory und Constant Comparative Analysis wurden 54 verschiedene Anzeigen in drei Frauenzeitschriften aus den Jahren 1989-1990 analysiert. Eine der Kernvariablen, die aus der Analyse gesprungen ist, ist tainted femininity. Die porträtierten Frauen in der Werbung vermittelten demnach ein Bild von Menstruation als etwas, das ihre Femininität befleckt bzw. in Verruf bringt, auch wenn sich die Umgebung dessen nicht bewusst ist. Um diese unreine Femininität zu verstecken, müssten sie „neat, clean and fresh“ wirken, sowie „stylishly dressed, brimming with self-confidence and energy“ (Block Coutts und Berg 1993: 188). Außerdem würden so genannte disidentifiers verwendet, das heißt Symbole, die jeden Zweifel an der (reinen) Femininität der porträtierten Frauen vertreiben sollen: enge Jeans und Badeanzüge, feminine und frisch wirkende Produkte.

Eine weitere sehr frühe Arbeit über Menstruationswerbung aus dem deutschsprachigen Raum ist Dieses kleine Stück Watte von Waschek (1995), die das Tabu der Menstruation in drei deutschen Fernsehwerbespots für Tampons und Binden untersucht. Mit Hilfe der Kommunikationsanalyse von Franz Januschek wird die Verwendung von nonverbalen und verbalen Euphemismen (z.B. Metaphern, Andeutungen, Synonyme) analysiert, um herauszufinden, ob Menstruation in der Werbung noch tabuisiert wird. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das tatsächlich der Fall ist, obwohl scheinbare Tabubrüche durch die Erwähnung von Tampon, Binde und Regel vorkommen (Waschek 1995: 99). Dies erklärt Waschek mit der Scheinsprache von Werbung, deren Ziel darin bestehe, „das Vertrauen der KundInnen zu gewinnen und damit den Verkauf des Produkts zu steigern“ (Waschek 1995: 107).

2001 erschien weiterhin eine Studie von Simes und Berg, in der sie die Werbung in Frauen- und Mädchenzeitschriften von der Zeitspanne 1985-2001 wiederum mit Hilfe von Grounded Theory kontrastiv untersucht haben. Sie konnten dabei zeigen, dass die Werbung eine negative

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Auffassung von Menstruation in der Gesellschaft widerspiegelt, indem sie Unsicherheit bei jungen Mädchen verstärkt und das Schweigen und die Scham um dieses Thema aufrechterhält.

Dies kam laut Simes und Berg (2001) zum Ausdruck durch den Verzicht auf Geruch, Nicht- Beteiligung an sozialen Aktivitäten und unzureichenden Schutz, damit die Menstruation versteckt bleibt. Außerdem wurden Qualitäten wie frisch, sicher, diskret und selbstsicher genannt, sowie die Illusion geschaffen, dass der Körper so gut wie jeden Tag hantiert werden muss, auch wenn er nicht blutet, indem man zum Beispiel Slipeinlagen vermarktet (Simes und Berg 2001: 462).

4 Methode und Material

4.1 Der diskurs-historische Ansatz

Die untersuchten Texte können hauptsächlich der Domäne der Werbesprache zugeschrieben werden, deren Sprachgebrauch durch seine lange Geschichte und stetige Wiederholung fast als natürlich oder selbstverständlich erscheinen mag. Um diese scheinbaren Selbstverständlichkeiten in den Texten zu entlarven, wurden die verschiedenen Vorgehensweise der kritischen Diskursanalyse näher untersucht. In der kritischen Diskursanalyse geht es darum, die sprachliche Repräsentationen von komplexen sozialen Phänomenen zu analysieren und kritisch zu beleuchten (Angermuller et al 2014: 361). Kritisch zu sein bedeutet hier gerade, nichts als selbstverständlich zu betrachten und auch alternative Deutungen zu unternehmen (Kendall 2007) Es haben sich verschiedene Richtungen und Ansätze entwickelt, und einer von diesen ist der diskurs-historische Ansatz (DHA) von Wodak, der sich durch die Integration von Theorien aus der Geschichte, der Soziologie und der Politikwissenschaften kennzeichnet (Angermuller et al 2014: 361).

Der DHA ist dreidimensional und betrachtet zuerst den Inhalt (content) und die Themen (topics) des spezifischen Diskurses (Reisigl und Wodak 2016). Als Diskurs wird ein Cluster von kontextabhängigen semiotischen Praktiken verstanden, die in sozialen Handlungsfeldern situiert sind (z.B. im Handlungsfeld der politischen Werbung). Diskurse sind ebenfalls an ein Makrothema (macro topic) gebunden und sozial konstituierend und sozial konstitutiv, was bedeutet, dass sie von der Gesellschaft aus (Beziehungen, Werte, Kultur) geformt werden, aber die Gesellschaft auch beeinflussen können. Schließlich stehen sie auch in Verbindung zum Aushandeln von verschiedenen Wahrheitsansprüchen und normativer Richtigkeit.

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Nachdem der Inhalt und die Themen des jeweiligen Diskurses identifiziert sind, werden im DHA die diskursiven Strategien untersucht. Reisigl und Wodak nennen fünf Kategorien von diskursiven Strategien (Reisigl und Wodak 2016: 33, Reisigl 2007):

Nomination - wie werden soziale Akteure, Objekte, Phänomene, Ereignisse, Prozesse und Handlungen diskursiv konstruiert?

Prädikation - werden sie negativ oder positiv qualifiziert?

Argumentation - werden Wahrheits- und Normativitätsansprüche gemacht oder in Frage gestellt?

Perspektivierung - welche Position nimmt der Sprecher oder Verfasser ein?

Verstärkung oder Abschwächung - inwiefern wird die illokutionäre Kraft der Aussage modifiziert?

Nachdem die diskursiven Strategien erläutert sind, werden die sprachlichen Mittel (als types) und kontextabhängige sprachliche Realisierungen (als tokens) identifiziert (Reisigl und Wodak 2016: 32).

4.2 Texte und Vorgehen

In dieser Arbeit wird der textuelle Inhalt in den Produktbeschreibungen von Always, o.b. und Me Luna nach dem oben beschriebenen Modell von Reisigl und Wodak (2016) analysiert. Da im Rahmen dieser Arbeit nicht alles beleuchtet werden kann, wird sich die Analyse auf die ersten drei diskursiven Strategien (Nomination, Prädikation, Argumentation), wie im Kapitel 3.1 beschrieben, beschränken. Die letzte Dimension des Ansatzes, die die sprachliche Mittel und Realisierungen umfasst, wird nur knapp bei Reisigl und Wodak (2016) behandelt. Am Beispiel von Mansouri et al (2017) wird aber dieser Teil der Analyse durch eine Frequenzanalyse anhand der Software Corpus Presenter gemacht. Corpus Presenter ist ein Korpusanalysewerkzeug, das von Raymond Hickey an der Universität Duisburg-Essen entwickelt wurde (Hickey 2000), und im Internet frei zugänglich ist. Das exakte Vorgehen wird am Anfang des Analysekapitels 6 beschrieben. Um zu schlüssigen Ergebnissen zu kommen, führe ich folglich eine methodische Triangulierung eines qualitativen und eines quantitativen Verfahrens durch.

Im Falle von Always umfasst das Sortiment 30 Produkte, für o.b. 4 und Me Luna 15. Bei Always und o.b. wird jedes Produkt separat beschrieben, während die Menstruationstassen von

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Me Luna zusammenfassend auf einer Seite präsentiert werden4, mit Links nach den einzelnen Produkten unten. Die Analyse wird sich auf drei Bindenbeschreibungen aus verschiedenen Produktlinien (Ultra, Maxi und Sensitive) von Always beschränken (738 Wörter), während sämtliche Produktbeschreibungen von o.b. (1039 Wörter) und die zusammenfassende Produktbeschreibung Me Luna (308 Wörter) behandelt werden.

4 Seitdem diese Arbeit angefangen wurde sind jetzt zusätzliche Informationen in der Unterseite jedes Produkts hinzugekommen. Der zusammenfassende Einleitungstext ist aber immer noch derselbe.

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5 Analyse

5.1 Nominationsstrategien

Nominationsstrategien beschreiben, wie soziale Akteure, Objekte, Phänomene, Ereignisse, Prozesse und Handlungen diskursiv konstruiert werden (Reisigl und Wodak 2016). Am Beispiel der Produktbeschreibungen kommen vor allem die Produktnamen in Frage, aber auch die Wörter, die benutzt werden, um auf die Menstruation als Phänomen und Prozess zu

referieren.

5.1.1 Produktnamen

Zuerst wurde der Genderindex der Marken berechnet und zusammengestellt. Die folgende Tabelle 1 gibt einen Überblick über den Genderindex der Markennamen und die dazugehörenden Produkte, die auf den Webseiten (always.de 2018, ob.de 2018, me-luna.eu 2018) zu finden sind.

Tabelle 1. Die Markennamen (mit Genderindex) und die dazugehörenden Produkte.

Markenname (Genderindex)

Produktnamen

Always (-5)

Always Ultra Secure Night Always Sensitive Normal Ultra Always Maxi Profresh

o.b. (0) ProComfort Flexia Tag+Nacht Original

Compact Applicator Me Luna (6) Me Luna

(Transparent, Violett, Rot, Orange, Grün, Schwarz, Blau, Blau-Glitter, Blau-Violett, Fuchsia, Gold-Glitter, Silber-Glitter, Rosa, Cyan, Gelb)

Da die Markennamen oft ein Teil der Produktnamen sind oder in ihrer Nähe auftreten, tragen sie in hohem Maße zur Nomination der individuellen Produkte bei. Wie die Punkte zeigen, variiert der Genderindex sehr unter den verschiedenen Marken, mit Always als eher männlich klingend und Me Luna als überwiegend feminin. Der Name o.b. ergibt sich als nicht

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11 geschlechtsspezifisch.

Always

Die Produktnamen der drei Binden von Always sind alle Zusammensetzungen mit der Marke (Always) und Entlehnungen aus dem allgemeinen englischen Wortschatz. Der Markenname Always könnte darauf andeuten, dass die Produkte (inklusive Slipeinlagen und Inkontinenzschutz) „immer“ gekauft werden sollten oder „immer“ zu tragen sein sollten.

Ultra ist der Name einer der drei Produktlinien von Binden. Das Wort an sich wird als

‚going beyond others or beyond due limit‘ (Merriam-Webster.com 2018a) definiert, was sich auf verschiedene Qualitäten der Produkte beziehen kann. Bei Motschenbacher (2006: 347-348) ist ultra als qualifizierender booster kategorisiert, der genau wie andere boosters eine Intensivierung bewirkt, der aber eher als werbesprachentypisch zu verstehen ist, und nicht als geschlechtsbezogen. In den zugehörigen Produktbeschreibungen wird „der ultra dünne Schutz“

der Binden hervorgehoben, was aber auch bei Binden anderer Produktserien der Fall ist. Die Einzigartigkeit der Ultra-Binden ist dennoch, dass der hundertprozentige (generelle) „Schutz“

und der ebenfalls hundertprozentige „Auslaufschutz“ erwähnt werden. Deswegen weist der Name Ultra am wahrscheinlichsten an die Produkteigenschaft Schutz hin.

Sensitive ist der Name der Binden für empfindliche Haut, die „doppelt so weich und flexibel [sind] im Vergleich zu ALWAYS Ultra“ (always.de2018b). Das Attribut Normal (Always Sensitive Normal Ultra) scheint im Zusammenhang mit Long zu verstehen, indem Normal die Standardgestaltung des Produkts bezeichnet (mit oder ohne Flügel) und Long die längere Variante. Die Anwesenheit der Komponente Ultra bleibt aber unklar, da die Sensitive- Binden eine freistehende Produktlinie ist.

Die Maxi-Binden werden auf der Website als „dickere Damenbinden“ beschrieben, die

„Schutz mit einem weichen Gefühl“ bieten (always.de 2018d), was mit der großen Schrift

„Weiches Gefühl“ auf dem Produkt bestätigt wird. In der englischen Sprache wird maxi- als Erstglied mit der Bedeutung ‚extra long‘ (maxiskirt) oder ‚extra large‘ (maxi-problems) benutzt (Merriam-Webster.com 2018b). Maxi bezieht sich folgendermaßen auf die Dicke der Binden, und gleichzeitig auf die Weichheit – zwei Qualitäten, die vielleicht zusammenhängen. Der Konzeptwort ProFresh scheint schließlich die geruchsneutralisierende Qualität der Binde zu betonen:

1) ALWAYS Maxi Profresh Long bieten Ihnen ein Gefühl von Schutz und Frische mit

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geruchsneutralisierenden Materialien (always.de 2018a).

o.b.

Das Produktsortiment von o.b. umfasst vier verschiedene Tampons, die oft zusammen mit dem Markennamen o.b. genannt werden. o.b. ist eine Abkürzung für ‚ohne Binde‘, mit dem Zweck „den Namen [des] Produkts diskret, modern und elegant zu gestalten“ (ob.de 2018a).

Der Name des ersten Tampons, ProComfort, ähnelt sehr ProFresh von Always, aber betont statt Frische den Komfort des Tampons durch „3D Entfaltung“ und „die einzigartigen ineinander greifenden Rillen“ (ob.de 2018b).

Flexia Tag+Nacht hat die Eigenheit, der einzige Produktname zu sein, der spezifisch ans Deutsche angepasst wurde. Das erste Glied des Namens – wahrscheinlich eine Derivation von flexibel – weist auf den Ansatz hin, „extra Schutz gegen Vorbeilaufen und Verrutschen“ zu bieten „[...] wenn der übliche Tampon nicht mehr gut sitzt – insbesondere nach einer Geburt oder in den Wechseljahren“ (ob.de2018c). Mit dem „übliche[n]“ Tampon ist dann vielleicht Original gemeint, das, wie der Name verrät, der Standardtampon des Sortiments ist (der immerhin in drei verschiedenen „Saugstärken“ erhältlich ist). Schließlich gibt es auch den Compact Applicator, der kleiner als die übrigen Tampons ist, und außerdem mit einem Applikator versehen ist, um das Einsetzen ohne Finger zu ermöglichen.

Me Luna

Me Luna verkauft Menstruationstassen, die alle den Namen Me Luna tragen. Es ist ein deutlich mehr feminin klingender Name (+6) als o.b. (0) und Always (-5), laut dem Genderindex von Nübling (2017). Vielleicht ist das auch absichtlich gemacht, um die Menstruationstasse – deren Anwendung noch nicht wie verbreitet ist als die von Binden und Tampons – harmloser erscheinen zu lassen und attraktiver zu machen. Diese Hypothese wird von der Vielfalt an angebotenen Farben des Produkts verstärkt, die aber mit einigen Ausnahmen (wie Fuchsia und Cyan) unkompliziert und unumwunden beschrieben werden: Blau, Gelb, Gold-Glitter…

5.1.2 Soziale Akteure

Die sozialen Akteure, auf welche die Produktbeschreibungen referieren, sind vor allem die angenommenen LeserInnen der Texte. Bei Always werden sie abwechselnd mit Du und Sie angesprochen, während sie bei o.b. und Me Luna konsequent gesiezt werden:

2) […] egal wie du dich im Schlaf bewegst (always.de 2018c).

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13

3) […] egal, in welcher Position Sie am liebsten schlafen (always.de 2018c).

4) […] für zuverlässigen Schutz, wenn Sie ihn brauchen (ob.de 2018e).

5) Bestimmt haben wir auch den richtigen für Sie (me-luna.de 2018)!

Dies hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass o.b. zwei separate Websites habt: eine für diejenigen, die sich als „Mädchen“ identifizieren (und geduzt werden), und eine für diejenigen, die sich als „Frauen“ empfinden (und folgendermaßen mit Sie angesprochen werden), während Always diesen Unterschied nicht macht. Darüber hinaus werden die angenommenen VerbraucherInnen der Produkte auch mit Kollektiva wie Frauen (ob.de 2018c, me-lune.eu 2018), Kundinnen (me-luna.eu 2018) und Anfängerinnen (ob.de 2018b) explizit bezeichnet. Bei Always werden sie indirekt durch das Damen in Damenbinden genannt (siehe 5.1.3 Objekte).

Auf die Unternehmen selbst wird mit dem deiktischem wir (me-luna.eu 2018) und unsere (ob.de 2018e) referiert.

5.1.3 Objekte

Die beschriebenen Produkte werden bei Always als Damenbinden und einfach nur Binden (always.de 2018c) bezeichnet, während sie bei o.b. ausschließlich als Tampons (ob.de 2018e) benannt werden. Bei Me Luna wird aber eine Vielfalt an Bezeichnungen verwendet; außer Menstruationstasse, Menstruationsbecher und Behälter kommt auch das Diminutiv Becherchen zum Einsatz (me-luna.eu 2018). Wahrscheinlich geht es darum, den präsumtiven BenutzerInnen ein Produkt nahezubringen, das noch nicht gleich gewöhnlich vorkommt wie Binden und Tampons und im Vergleich zu Tampons auch größer wirkt, indem man es verkleinert. Außerdem werden bei Me Luna die allgemeineren Bezeichnungen Monatsschutz und Menstruationshygiene verwendet (me-luna.eu 2018).

Schließlich tauchen zwei Wörter auf, die ein inneres weibliches Geschlechtsorgan bezeichnen: Vagina (me-luna.eu 2018) und Scheide (ob.de 2018c). Bei Always gibt es wegen der nichtinvasiven Natur des Produktes keine solche Bezeichnungen.

5.1.4 Phänomene

Das biologische Phänomen, wofür die vermarkteten Produkte gedacht sind, wird als Menstruation (ob.de 2018c, me-luna.eu 2018) und Periode (always.de 2018c, ob.de 2018b) bezeichnet. Um die Menge Menstruationsblut zu quantifizieren, wird Periodenstärke (always.de 2018c), [leichte bis mittlere] Periode (ob.de 2018b), [starke] Blutungsschübe (ob.de 2018c), [stärkere] Blutungen (ob.de 2018c) und [leichte bis mittlere] Tage (always.de 2018b)

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verwendet. Bei sämtlichen Herstellern wird auf den Menstruationsblut durchgehend auch als Flüssigkeit referiert:

6) Hier öffnet sich der Becher und fängt die Flüssigkeit auf (me-luna.eu 2018).

7) SecureGuard-Konturen schließen die Flüssigkeit sicher ein (always.de 2018c).

8) [...] um die Flüssigkeit effizient und sicher ins Innere des Tampons zu leiten (ob.de 2018e).

Tabelle 2. Die analysierten diskursiven Strategien und dazugehörigen Belege in den Texten.

Frage Diskursive Strategie Zweck

Wie wird auf Personen, Objekte, Phänomene, Ereignisse, Prozesse mit Bezug auf Menstruation

linguistisch referiert?

Nominationsstrategien Diskursive Konstruktion von sozialen Akteuren

deiktisch

Sie, du, wir, mich Kollektiva

Frauen (o.b., Me Luna), Kundinnen (Me Luna), Anfängerinnen (o.b.)

Diskursive Konstruktion von Objekten ...der Produkt:

Damenbinden, Binden, Tampons, Monatsschutz, Menstruationstasse, Menstruationsbecher,

Menstrual Cups,

Becherchen, Behälter, Monatshygiene

...das Geschlecht:

Vagina (Me Luna), Scheide (o.b.)

Diskursive Konstruktion von Phänomenen Periode, Menstruation

leichte Tage, stärkere Tage,

Blutungsschübe, Blutungen, Flüssigkeit Welche Eigenschaften

werden den Personen, Objekten, Phänomen, Prozessen zugeschrieben?

Prädiktionsstrategien Diskursive Kennzeichnung von sozialen Akteuren

o.b. [für] die meisten)

Frauen [viele] Frauen

...sind die o.b. ProComfort Tampons Mini eine sehr gute Wahl.

...haben in der Nacht ein hohes Schutzbedürfnis.

(18)

15 [viele] Frauen

[für] Anfängerinnen [von] Stiftung Warentest

...stellen nach einer Geburt fest, dass ihre Blutungen stärker sind und etwas länger anhalten.

...sind ProComfort Tampons in der Saugstärke Mini sehr gut geeignet.

...erhielt o.b. Normal als einziger von 22 getesteten Tamponmarken das Urteil „sehr gut“.

Always - -

Me Luna [die meisten] Frauen

[einige] Kundinnen wir

...sind spontan begeistert wenn sie die Menstruationstasse kennenlernen.

...benötigen etwas Auswahlhilfe vor dem Kauf.

…überlassen nichts dem Zufall

…steuern alle Verarbeitungsprozesse persönlich und verwenden nur

hochwertiges medizinisch zertifiziertes Material aus deutscher Produktion.

Diskursive Kennzeichnung von Objekten:

o.b. ProComfort (Mini)

Flexia Tag+Nacht Compact Applicator Original

...einfach zu benutzen

….klein und schmal

...einzigartig[en], flexib[le SilkTouch Schutzflügel]

...praktisch[e], [diskret[e]

...klein

...sauber[es Gefühl]

Always Ultra Secure Night

Sensitive Normal Ultra

Maxi Profresh Long

...ultra dünn[e]

...dermatologisch getestet ...geruchsneutralisierend

…diskret [Diskretion]

...Baumwollähnlich[es Gefühl]

….bequem[e Flügel]

...parfümfrei

...körperformsanpassend

….superweich

…super saugfähig

…saugstark

Me Luna ...100% MADE IN GERMANY

...biegsames, kleines Becherchen ...vollständig unsichtbar

…einfach zusammengefaltet

…immer dabei

...praktisch, hygienisch, umweltfreundlich ...umweltfreundlich, praktisch,

kostengünstig

...sinnvoll[e Alternative]

(19)

16

o.b. Blutungen

Diskursive Kennzeichnung von Phänomenen

...stark.

...leicht ...mittel

5.2 Prädiktionsstrategien

5.2.1 Soziale Akteure

Den sozialen Akteuren Frauen werden bei o.b. mit verallgemeinernden Attributen die meisten und viele vorangestellt. Es wird gesagt, dass sie in der Nacht „ein hohes Schutzbedürfnis“

haben, oder dass nach einer Geburt „ihre Blutungen stärker sind und etwas länger anhalten“

(ob.de 2018c). Dieses „Schutzbedürfnis“ liege daran, dass der Tampon in der Nacht nicht gewechselt wird, was dazu führe, dass eine größere Saugstärke benutzt werden könnte (ob.de 2018c). Bei Me Luna hingegen geht es nicht um körperliche Vorgänge, sondern um die Einstellung zum Produkt: „Die meisten Frauen sind spontan begeistert, wenn sie die Menstruationstasse kennenlernen“ (me-luna.eu 2018). Dies hängt wahrscheinlich noch einmal damit zusammen, dass die Menstruationstasse noch nicht als etabliertes Produkt gilt, und deswegen vorgestellt/vermarktet werden muss; Formulierungen wie „Die meisten Frauen sind spontan begeistert wenn sie das Tampon/die Binde kennenlernen“ sind kaum denkbar.

Was die Unternehmen selbst angeht, sagt nur Me Luna etwas Konkretes über sich, nämlich dass sie die Produktion selbst steuern und „nur hochwertiges medizinisch zertifiziertes Material aus deutscher Produktion“ verwenden (me-luna.eu 2018). Im Text wird auch angedeutet, dass die TextverfasserIn selbst auch eine menstruierende Person ist:

9) Diese Menstruationshygiene […] schenkt uns außerdem eine völlig neue Unabhängigkeit (me-luna.eu 2018).

5.2.2 Objekte

Den vermarkteten Produkten werden eine Vielfalt an Eigenschaften zugeschrieben. Bei sowohl o.b. als auch Me Luna wird die geringe Größe und die praktische sowie benutzerfreundliche Natur des Produkts hervorgehoben. Das Besondere an Me Luna ist, dass es als einziges Unternehmen die Qualitäten umweltfreundlich und kostengünstig nennt, sowie die Tatsache, dass die Produkte „100% MADE IN GERMANY“ sind (me-luna.eu 2018). Die Qualität

(20)

17

hygienisch von Me Luna ähnelt sehr dem Versprechen von „sauber[em] Gefühl“ des Original- Tampons von o.b. (ob.de 2018e), wird aber nicht näher erklärt. Always hingegen spricht von der Saugfähigkeit, der Weichheit sowie der Hautverträglichkeit ihrer Produkte. Einige Binden werden als geruchsneutralisierend vermarktet, während andere als parfümfrei hervorgehoben sind.

Sämtliche Hersteller benennen auf verschiedene Weise Diskretion als Qualität ihrer Produkte. Always beschreibt wie die Dünne der Sensitive Normal Ultra-Binde „Diskretion und Komfort“ bringt (always.de 2018c), während das kompakte Format der Compact Applicator- Tampons von o.b. „eine praktische, diskrete Benutzung ermöglichen“ (ob.de2018d). Me Luna beschreibt wie ihre Menstruationstasse „einen vollständig unsichtbaren Monatsschutz ohne Rückholfaden“ bietet (me-luna.eu 2018), was interessanterweise den sichtbare Faden von Tampons als potenziellen Produktnachteil ausweist.

5.2.3 Phänomene

Der Menstruation an sich werden keine besonderen Eigenschaften zugeschrieben, was darauf hindeutet, dass das Phänomen als Weltwissen der Lesenden vorausgesetzt wird. Die Blutungen werden aber im Bezug auf ihre Menge entweder als stark, leicht oder mittel bezeichnet (ob.de 2018b, ob.de 2018c).

5.3 Argumentationsstrategien

Argumentation versteht sich nach Reisigl und Wodak (2009: 95) als die Bestätigung oder Infragestellung von Wahrheitsansprüchen und normativer Richtigkeit. Sie taucht als Topoi und Fehlschlüsse (eng. fallacies) auf, wobei die Topoi die Regel der Argumentation sind, die den erforderlichen Prämissen angehören. Sie können formell oder inhaltsbezogen, explizit oder implizit sein und verbinden die Argumentation mit der Schlussfolgerung.

Um festzulegen, ob ein Argumentationsschema als angemessen (Topos) oder als irrig (Fehlschluss) zu betrachten ist, können laut Reisigl und Wodak (2009) die Argumentationsregeln für kritische Diskussion von Grootendorst und van Eemeren (2004) in Betracht gezogen werden. Sie sagen unter anderem, dass um eine Meinungsverschiedenheit zu lösen, jeder Diskussionsteilnehmer das bedingungslose Recht haben muss, seinen Standpunkt vorzulegen, aber auch die Verpflichtung, dafür zu argumentieren, wenn er darum gebeten wird.

Die Argumente, die dazu benutzt werden, müssen auch relevant für den Standpunkt sein. Wenn gegen irgendeine der insgesamt 10 von Grootendorst und van Eemeren vorgestellten Regeln

(21)

18

für kritische Diskussion verstoßen wird, gilt das als Fehlschluss. Ein Beispiel dafür ist argumentum ad hominem, wobei der Protagonist oder Antagonist persönlich angegriffen wird statt die Sachfrage, was gegen die Regel von relevanten Argumenten verstößt.

Diese Identifikation von Fehlschlüssen setzt aber voraus, dass der analysierte Diskurs oder Text dafür geschrieben wurde, um eine Meinungsverschiedenheit zu lösen. Wenn das nicht eindeutig der Fall ist, wie bei den Produktbeschreibungen von Menstruationsprodukten, müssten sie laut Grootendorst und van Eemeren (2004) auf solche Weise analysiert werden, als ob sie das wären.

Da es in den Produktbeschreibungen darum geht, die potenzielle KundInnen sowohl zu informieren als sie auch von der Vortrefflichkeit der Produkte zu überzeugen, kommt vor allem der formelle Vorteilstopos (engl. topos of advantage/usefulness, Reisigl und Wodak 2000: 75) zum Einsatz, z.B. „Mit Flügeln, damit die Binde sicher sitzt“ (always.de 2018c). Das ist wegen des Textgenres der Vermarktung erwartet, genau wie der formelle Autoritätsargument (argumentum ad verecundiam, Reisigl und Wodak 2000: 72), der von o.b. verwendet wird:

„Von Stiftung Warentest erhielt o.b.® Normal als einziger von 22 getesteten Tamponmarken das Urteil ‚sehr gut‘.“ (ob.de 2018e). Unten folgen die inhaltsbezogenen (nicht formellen) Topoi/Fehlschlüsse, die in wenigstens zwei Produktbeschreibungen identifiziert werden konnten, um die implizite Behauptung, dass das Produkt vortrefflich sei und die Bedürfnisse der LeserInnen erfüllen könne, zu begründen.

Topos/Fehlschluss der Frische/Sauberkeit

10) ALWAYS Maxi Profresh Long bieten Ihnen ein Gefühl von Schutz und Frische […]

(always.de 2018a)

11) Mit StayDry Technologie für ein trockenes Rückholbändchen und ein sauberes Gefühl (ob.de 2018e).

12) Diese Monatshygiene ist genial einfach, praktisch, hygienisch, umweltfreundlich […] (me-luna.eu 2018)

Ein wiederkehrendes Verkaufsargument bei sämtlichen Herstellern ist, dass das Produkt ein frisches, sauberes oder hygienisches Gefühl gewährleisten wird. Daraus folgt die Schlussfolgerung, dass Menstruation ohne Menstruationsprodukte als schmutzig oder unhygienisch zu betrachten ist. Dies ist in gewisser Hinsicht eine subjektive und kulturelle Frage, weshalb die Schlussfolgerung entweder als Topos oder Fehlschluss betrachtet werden kann.

(22)

19

Topos/Fehlschluss des Geruchs/Dufts

13) Geruchsneutralisierende Technologie mit leichtem Duft, die Gerüche neutralisiert, statt sie nur zu überdecken (always.de 2018c).

14) ALWAYS Maxi Profresh Long bieten Ihnen ein Gefühl von Schutz und Frische mit geruchsneutralisierenden Materialien (always.de 2018a).

Bei Always werden sowohl parfümfreie als auch „geruchsneutralisierende“, d.h. parfümierte, Binden vermarktet (always.de 2018a). Daraus folgt die Annahme, dass die Menstruation übelriechend sein kann oder mindestens einen „Geruch“ habe, der neutralisiert werden soll.

Genau wie bei dem Verkaufsargument der Frische/Sauberkeit kann nicht gesagt werden, dass es deutlich entweder ein Topos oder Fehlschluss ist, sondern nur dass es die normative

Richtigkeit der geruchlosen Menstruation bestätigt.

Topos/Fehlschluss der Diskretion

15) o.b.® Compact Applicator Tampons wurden in kompaktem Format entwickelt, um eine praktische, diskrete Benutzung zu ermöglichen (ob.de 2018d)

16) Ultra dünne Binde für Diskretion und Komfort (always.de 2018b)

17) Die Me Luna® bietet einen vollständigen unsichtbaren Monatsschutz ohne Rückholfaden (me-luna.eu 2018).

Sämtliche Hersteller betonen wie schon oben erwähnt die Diskretion ihrer Produkte. Daraus folgt die Schlussfolgerung, dass die Menstruation etwas ist, das vorzugsweise versteckt werden sollte. Dieses Verkaufsargument wurde, genaue wie Frische, schon in der Werbungsforschung der 90-er und 00-er Jahren belegt (Block Coutts und Berg 1993; Simes und Berg 2001).

Topos des Komforts

18) So weich, Sie werden überrascht sein … lassen Sie sich vom sanften Komfort der ALWAYS Ultra verwöhnen (always.de2018b).

19) Baumwollähnliches Gefühl (always.de 2018a)

20) Für ultimativen Komfort* und zuverlässigen Schutz (ob.de 2018b)!

(23)

20

Komfort ist ein Verkaufsargument, das auf verschiedene Weisen bei Always und o.b.

vermarktet wird, entweder buchstäblich oder durch Vergleichungen. Laut de Waal Malefyt und McCabe (2016) ist der Fokus auf Komfort eine Veränderung der Menstruationswerbung über die Zeit, die früher eher die Vermeidung von Lecken und Flecken als Produktvorteil hervorhob.

Aus einer Interviewstudie mit 27 Mädchen und Frauen über ihre Menstruation ging auch hervor, dass gerade Komfort wichtig für sie sei, um die physischen Beschwerden der Menstruation zu kompensieren (ebd.).

5.4 Sprachliche Mittel und Realisierungen

Die dritte Dimension von Reisigl und Wodak (2016) betrifft die Untersuchung von sprachlichen Mitteln und kontextabhängigen sprachlichen Realisierungen durch die Analyse von types bzw.

tokens. Anhand der ausgewählten Produktbeschreibungen der drei Hersteller wurden drei Minikorpora zusammengestellt und auf Corpus Presenter hochgeladen (

). Danach wurden mit der Make word list-Funktion ( ) Wortlisten mit der Frequenz und der prozentualen Frequenz der einzelnen Wörter (types) jedes Korpus generiert und in eine Excel- Datei exportiert. Die dazugehörigen Übersichtsinformationen, die ebenfalls automatisch generiert wurden, sind in Tabelle 3 zu sehen.

Tabelle 3. Frequenz jedes Elements der drei Korpora.

Wie die resultierenden Wortfrequenzen in Tabelle 4 zeigen, sind ein großer Anteil der zehn am häufigsten vorkommenden Wörter bei sämtlichen Herstellern grammatische Partikel wie und, die und für.

(24)

21

Tabelle 4. Die zehn am häufigsten vorkommenden Wörter bei jedem Hersteller.

Diese Wörter können auch von Interesse sein, z.B. wenn einige von ihnen im Korpus häufiger vorkommen als bei einem Referenzkorpus der deutschen Sprache. Laut Baker (2006: 54) ist es aber sinnvoll, die häufigsten lexikalischen Wörter und Begriffe herauszunehmen und separat zu untersuchen, um die Diskurse in den Texten einfacher zu entlarven. Dies wurde manuell gemacht und die daraus resultierenden Listen sind in Tabelle 5 zu sehen.

Tabelle 5. Die zehn am häufigsten vorkommenden lexikalischen Wörter und Begriffe.

Wie Tabelle 5 zeigt, ist das am häufigsten vorkommende lexikalische Element jeder Marke der eigene Markenname, gleich gefolgt von der Bezeichnung der Produkte (Tampons, Damenbinden, Menstruationstasse). Danach kommt der am häufigsten beschriebene Produktvorteil jeder Marke, was bei o.b. und Always Schutz ist, während bei Me Luna die Qualität einfach am häufigsten hervorgehoben wird. Das Element Schutz taucht dabei um so öfter auf, wenn man auch Komposita wie Auslaufschutz, Seitenschutz (Always), Schutzflügel,

(25)

22

Menstruationsschutz (o.b.) und Monatsschutz (Me Luna) in Betracht zieht. Interessant zu bemerken ist auch, dass obwohl Schutz als eigenes Wort auch einmal bei Me Luna auftaucht, es dann in ganz anderer Bedeutung zu verstehen ist, nämlich in Bezug auf Umweltschutz:

„Menstruationstassen tragen zum Schutz unserer Umwelt bei [...]“ (me-luna.eu 2018). Genau diese Qualität wird auch adjektivisch ausgedrückt, indem zweimal das Wort umweltfreundlich erwähnt wird. Das ist einmal weniger als praktisch, das dreimal im demselben Text von Me Luna vorkommt. Der vierte Produktvorteil, der unter den zehn häufigsten lexikalischen Elementen von Me Luna auftritt, ist der eher abstrakte Begriff Unabhängigkeit. Wenn man den Text näher betrachtet, scheint damit gemeint zu sein, dass die Menstruationstasse länger getragen werden kann als Binden und Tampons, was dazu führt, dass die TrägerIn weniger häufig die Toilette aufsuchen muss. Oder vielleicht ist damit eine finanzielle Unabhängigkeit gemeint, da die Menstruationstasse als eine „sinnvolle Alternative, die sich auch finanziell schnellt lohnt“ präsentiert wird, die „[...] über viele Jahre verwendet werden [kann]“ (me- luna.eu 2018).

Insgesamt deuten diese lexikalischen Merkmale darauf hin, dass die Produktvorteile bei Me Luna in höherem Maße explizit genannt werden. Bei o.b. und Always hingegen sind lexikalische Elemente wie die Produktnamen (Tag+Nacht, Flexia, Compact [Applicator], Ultra) und Bestandteile der Produkte (Flügeln, Gel) häufiger vorhanden. Das Wort Gefühl, das in den drei Produktbeschreibungen von Always siebenmal vorkommt, wird mit Attributen wie hervorragend, angenehm, weich und baumwollähnlich kombiniert, siehe Tabelle 6.

Tabelle 6. Konkordanzen mit Gefühl bei Always.

Manchmal bezieht es sich auf die Dünne der Binde: „3 mm dünn für ein hervorragendes Gefühl und angenehmen Komfort“, und manchmal die Dicke, wie im vierten Beispiel, wo das „Gefühl von Schutz“ der dickeren Always Maxi Profresh Long-Binden hervorgehoben wird. Schließlich wird das am neunthäufigsten vorkommende Element bei o.b., zuverlässig, ausschließlich mit Schutz verwendet, was uns nochmal an das hauptsächliche Verkaufsargument von o.b. und

(26)

23

Always erinnert, nämlich Schutz: „Für ultimativen Komfort* und zuverlässigen Schutz!“

(ob.de 2018b).

(27)

24

6 Abschließende Diskussion

Das Ziel dieser Arbeit bestand darin, den Menstruations- und Weiblichkeitsdiskurs in den Produktbeschreibungen von Binden, Tampons und Menstruationstassen festzulegen. Zu diesem Zweck wurde die diskurshistorische Analyse von Reisigl und Wodak (2016) qualitativ als auch quantitativ auf die ausgewählten Texte angewandt. Dieser Ansatz ist Teil der allgemeineren kritischen Diskursanalyse, die sich unter anderem dadurch kennzeichnet, nicht nur eine Analyse bieten zu wollen, sondern auch eine gesellschaftlich orientierte Kritik. Die Kritik des diskurshistorischen Ansatzes ist dabei dreidimensional (Reisigl und Wodak 2016: 25):

1) die text- und diskursbezogene Kritik richtet sich an die Widersprüche, Dilemmas und Paradoxe in der inneren Struktur der Texte.

2) die sozio-diagnostische Kritik soll den überzeugenden oder manipulativen Charakter der diskursiven Praktiken enthüllen mithilfe kontextueller und interdisziplinären Kenntnissen und Theorien.

3) die vorausblickende Kritik soll schließlich zur Verbesserung der Kommunikation beitragen, z.B. durch ausgearbeiteten Richtlinien und Verbesserungsvorschläge.

Der erste Teil der Analyse hat sich mithilfe eines Close Reading der Texte mit den Nominations- und Prädiktionstrategien beschäftigt. Daraus hat sich ergeben, dass die Produktnamen oft auf die vermarkteten Produktfunktionen verweisen, z.B. ProComfort auf Komfort oder ProFresh auf „geruchsneutralisierende Materialien“ (always.de 2018a). Einige von ihnen vermitteln an sich keine weiteren Informationen, wie Ultra und Maxi, aber durch die Prädiktionen in den Texten wird klar, dass sie oft auf verschiedene Grade von Auslaufschutz verweisen. Die Mehrheit der Namen sind überraschend neutral, z.B. Blau von Me Luna oder der werbe- aber nicht gendertypische Ultra von Always, die genauso gut für Nassrasierer für Männer hätten funktionieren können.

Die Produktnamen werden so gut wie immer in Verbindung mit den Markennamen verwendet, die laut dem Genderindex sich unterscheidend feminin (Me Luna), neutral (o.b.) und männlich (Always) anhören. Der Fall mit o.b., Abkürzung von ohne Binde, erklärt vielleicht die oben beschriebenen Charakteristika der Produktnamen; es geht darum, diskrete und neutrale Produktnamen zu bieten, um den Kauf dieser Produkte zu vereinfachen. Bei Me Luna, deren Produkte in höherem Maße im Internet verkauft werden und nicht in physischen

(28)

25

Geschäften, wird die deutliche Femininität des Herstellernamen vielleicht stattdessen eine Methode, die noch nicht gleich so etablierte Menstruationstasse attraktiver zu machen, in Einklang mit den von Motschenbacher (2006) erwähnten Audience Design und Politeness Theory.

Die LeserInnen der Texte werden als Frauen, Kundinnen, Anfängerinnen und indirekt als Damen bezeichnet, was natürlich und sogar erstrebenswert erscheinen mag. Die Frage ist dann, ob die Menschen, die sich nicht als Frauen und Damen identifizieren, die aber trotzdem menstruieren, überhaupt angesprochen werden. Bobel beschreibt in ihrem Buch New Blood : Third Wave Feminism and the Politics of Menstruation (2010) wie gewisse MenstruationsaktivistInnen in den USA den Begriff menstruator statt women benutzen, um solche Personen einzubeziehen. Pusch (2010) schreibt in einem Blogpost über dieses Buch und Thema:

Dachten wir früher schlicht und altenfeindlich ‘Ich blute, also bin ich Frau’, so gilt diese Gleichung heute noch weniger als früher. Für deutsche Ohren klingt ‘Menstruator’ nach

‘Terminator’ und also geradezu grotesk. ‘Die Menstruatorin?’ Auch daneben.

Stattdessen schlägt sie das Wort Menstruella vor, „abgeleitet aus ‚menstruell‘, wie in

‚prämenstruelles Syndrom‘ (PMS)“ (Pusch 2010), aber ohne die Flexion weiter zu erklären.

Die diskursive Konstruktion des Menstruationsphänomens spiegelt die Ergebnisse von Waschek (1995) wider. Das Wort Menstruation kommt zwar vor, aber die Euphemismen Periode und [leichte/stärkere] Tage werden bei den Großunternehmen Always und o.b.

durchaus öfter verwendet. Sämtliche Hersteller verwenden den Euphemismus Flüssigkeit um das Menstruationsblut zu bezeichnen, was wahrscheinlich daran liegt, dass das Wort Blut mit verschiedenen negativen Konnotationen geladen ist, wie zum Beispiel Wunden. Die Blutungsschüben und Blutungen tauchen allerdings in einer der Produktbeschreibungen von o.b. auf (ob.de 2018c), was in diesem Zusammenhang als progressiv betrachtet werden muss.

Den Produkten wird eine Vielfalt an Qualitäten zugeschrieben: klein, praktisch, weich, saugfähig, diskret, hautverträglich, umweltfreundlich, hygienisch, kostengünstig, etc. Einige von diesen wurden schon bei Simes und Berg (2001) identifiziert und als problematisch beurteilt – frisch, sicher, diskret – indem sie Ängste vor dem Gegenteil schüren. Das Interessante an diesen Werten sind vor allem die Implikationen, die dahinterstecken, was uns an den zweiten Teil der Analyse bringt, nämlich die Argumentation.

Die Topoi oder Fehlschlüsse, die vorkommen, sind die der Frische/Sauberkeit, der

References

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