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Äquivalenz in der Übersetzungswissenschaft Kandidatexamen Examensarbete

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(1)

Examensarbete

Kandidatexamen

Äquivalenz in der Übersetzungswissenschaft

Mit Schwerpunkt auf ENG-DE Übersetzung

Equivalence in translation science (ENG-GER)

Författare: Eleonora Cacia

(2)

Handledare: Gudrun Brudin Examinator: Sylvi Elsner Ämne/huvudområde: Tyska Kurskod:TY2007

Poäng: 15 hp

Ventilerings-/examinationsdatum: 30.01.2020

Vid Högskolan Dalarna har du möjlighet att publicera ditt examensarbete i fulltext i DiVA. Publiceringen sker Open Access, vilket innebär att arbetet blir fritt tillgängligt att läsa och ladda ned på nätet. Du ökar därmed spridningen och synligheten av ditt examensarbete.

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Abstract: The term equivalence comes from the Latin word "aequivalentia" and means equivalence. "Aequus" stands for equal and "valere" for worth. So two objects are

equivalent if they have the same value. Equivalence plays an important role in translation science. "Translation science deals with the process of translation, i.e. the process that leads from a written source language text (ST text) to a written target language text (TL text), the translation Therefore, a TL (target language) text must be equivalent to the original ST (source language) text. However, a perfect equivalent transmission of the message in the target language is not always so easy to achieve, because languages differ at different levels. The languages reflect your own culture, way of seeing, expression,

grammar and syntax. When you try to adapt these elements to a new language, it often happens that the equivalence is not achieved due to this heterogeneity and diversity. If you don't achieve them, it is not a translation but a text reproduction or text production that is not the same is worth to the original text. That is why the search for real equivalence has occupied various translators and scientists for years. They have defined various

equivalence criteria that can be helpful for an accurate translation. For all these reasons, it is essential to achieve the correct equivalence when translating. This thesis researches the concept of equivalence in order to better understand it and then use it in practice, namely when translating.

Nyckelord: equivalence, translation, syntax, German, English, source, language, target language, criteria, definition, culture, translator

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I övrigt gäller lärarens anvisningar.

(6)
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Inhaltverzeichnis

1. Äquivalenz in der Übersetzungswissenschaft ... 8

1.1 Ziel und Begründung der Arbeit ... 9

1.2 Methode ... 10

1.3 Vergleichende Methode ... 11

1.4 Kontrastive Linguistik ... 12

2.1 Definition von Äquivalenz laut W. Koller ... 14

2.2 Definition von Äquivalenz laut E.A. Nidas ... 17

3. Differenzierungen des Äquivalenzbegriffs ... 19

3.1 Denotative Äquivalenz ... 19

3.1.1 Eins-zu-eins-Entsprechung ... 19

3.1.2 Die Eins-zu-viele Entsprechung ... 20

3.1.3 Die Viele-zu-Eins-Entsprechung ... 21

3.1.4 Die Eins-zu-Null-Entsprechung ... 21

3.1.5 Die Eins-zu-Teil-Entsprechung ... 23

3.2 Konnotative Äquivalenz ... 24

4. Wann sind zwei Texte äquivalent? ... 25

4.1 Bedingungen/Voraussetzungen für die Äquivalenz zwischen AS-ZS ... 25

5. Anwendung; Äquivalenz zwischen AS-Text und ZS-Text ... 28

5.1 A room of one’s own\ Ein Zimmer für sich allein ... 28

6.Schlußbemerkung ... 33

Literaturverzeichnis ... 36

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1.

Äquivalenz in der Übersetzungswissenschaft

Der Begriff Äquivalenz kommt aus dem lateinischen Wort aequivalentia und bedeutet Gleichwertigkeit. Aequus steht für gleich und valere für wert sein. Zwei Objekte sind also äquivalent, wenn sie den gleichen Wert haben.1 In der Übersetzungswissenschaft spielt die Äquivalenz eine wichtige Rolle. Eine Übersetzung ist die Frucht eines Prozesses, in dem ein geschriebener ausganssprachlicher Text (AS-Text) in einen geschriebenen zielsprachlichen Text (ZS-Text) umgewandelt wird.2 Daher bedeutet Übersetzung wörtlich „(schriftlich oder mündlich) in einer anderen Sprache [wortgetreu] wiedergeben“3. Wichtig in dieser Definition ist das Wort „wortgetreu“. In der Tat ist es wesentlich beim Übersetzen, dass man die möglichst genaue Botschaft und Form des Ausgangstextes in den zielsprachligen Text vermittelt. Nur so können zwei Texte als äquivalent betrachtet werden. Wenn Originaltext und übersetzter Text äquivalent sind, dann kann man von Übersetzen sprechen.

Allerdings ist eine äquivalente Übertragung der Botschaft in der Zielsprache nicht immer so leicht erreichbar, denn Sprachen unterscheiden sich auf verschiedenen Ebenen. Die Sprachen spiegeln die eigene Kultur, Sehensweise, Ausdrucksweise, Grammatik und Syntax. Wenn man versucht, diese Elemente zu einer neuen Sprache zu adaptieren, geschieht es oft, dass die Äquivalenz aufgrund dieser Heterogenität, u.a. Unterschiedlichkeiten nicht erreicht wird. Wenn man sie nicht erreicht, handelt es sich nicht um eine Übersetzung sondern sogar um eine Textreproduktion bzw.

Textproduktion, die nicht äquivalent zum Originaltext ist. Die Suche nach der echten Äquivalenz hat verschiedene Übersetzer und Wissenschaftler jahrelang

1 DUDEN, Online Wörterbuch, https://www.duden.de/rechtschreibung/Aequivalenz

2 W. Koller, (2011:5)

3 DUDEN, Online Wörterbuch, https://www.duden.de/rechtschreibung/Aequivalenz

(9)

beschäftigt, um das beste Übersetzungsverfahren zu erreichen. Diese haben verschiedene Äquvialenzkriterien definiert, die hilfreich für die Übersetzer sein können, um die Hauptprobleme beim Übersetzen zu lösen. Wer sich mit Übersetzen beschäftigen will, sollte also mit dem Begriff Äquivalenz vertaut sein.

***

Wie es schon oben erwähnt ist, ist es wesentlich, Äquivalenz beim Übersetzen gut beherrschen zu können, um eine ausgezeichnete Übersetzung zu erreichen. Nach meinen Studien möchte ich als Übersetzerin arbeiten. Daher forsche ich in dieser Examensarbeit über den Äquivalenzbegriff. Darüber hinaus interessiere ich mich für Übersetzungswissenschaft. Ich habe diese Disziplin während meines Hochschulstudiums entdeckt und sie hat mein Interesse geweckt. Da ich meinem Professor gegenüber dieses Interesse geäußert habe, hat er mir das Buch Einführung in die Übersetzungswissenschaft (2011) von Werner Koller empfohlen. Besonders lesenswert meinte er, sind die Kapitel, die von dem Äquivalenzbegriff handeln. Dort habe ich gelernt, was Äquivalenz im Bereich Übersetzen heißt. Auch aus diesem Grund ist Koller (2011) sozusagen die Hauptquelle meiner Examensarbeit.

1.1 Ziel und Begründung der Arbeit

In dieser Examensarbeit wird über den Äquivalenzbegriff und dessen Differenzierung geforscht, um diesen besser zu verstehen und in der Praxis dann zu verwenden, nämlich bei der Analyse eines Übersetzungsprozesses. Das Ziel ist festzustellen, ob die Übersetzung vom Roman A room of one’s own von Virginia Woolf äquivalent ist oder nicht. In der Einleitung wird definiert, was Äquivalenz heißt. Danach wird der Äquivalenzbegriff aus der Sichtweise von Werner Koller und E.A. Nidas, die den theoretischen Rahmen dieser Arbeit bilden, erläutert. Sie sollen dann auch als Bezugspunkt bei der Analyse vom Buch von Virginia Woolf, A room of one’s own und dessen Übersetzung Ein Zimmer für sich allein dienen. Da der Äquivalenzbegriff sich anhand der verschiedenen Übersetzungsbereichen z.B.

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Lexik (Wörter und feste Syntagmen einer Sprache), Kontext (Textzusammenhang) oder Syntax (Grammatik) differenziert, werden auch diese Differenzierungen im Abschnitt „Differenzierungen des Äquivalenzbegriffs“ behandelt. Der theoretische Hintergrund wird dann durch ein von Koller (2011) vorgeschlagenen Beispiel zweier Übersetzungen vom Totentanz von August Strindberg erläutert. Eine Übersetzungsversion ist äquivalent, weil sie den Äquivalenzkriterien entspricht, wobei die andere keine Übersetzung ist, sondern eher eine Textreproduktion. Am Schluß werde ich anhand der Äquivalenzdefinitionen bzw. Kriterien Ein Zimmer für sich allein analysieren und feststellen, ob es sich um eine Übersetzung oder Textproduktion handelt.

Die Examensarbeit wird sich hauptsächlich an diese Fragen richten:

1. Was ist der Äquivalenzbegriff und wie lässt er sich abgrenzen?

2. Wie können Kulturverschiedenheiten beim Übersetzen sprachlich überwunden werden?

3. Kann man, ausgehend von der Übersetzung des Originaltextes A room of one´s own von Virginia Woolf, von Übersetzbarkeit sprechen? Wann kann man

dabei von Unübersetzbarkeit sprechen?

4. Wie „äquivalent“ ist die Übersetzung des Originaltextes A room of one´s own von Virginia Woolf?

1.2 Methode

Die Methode dieser Examensarbeit ist es, eine kontrastive Studie bzw.

vergleichende Studie von zwei Texten zu machen, um zu sehen, ob Übersetzung und Originaltext tatsächlich äquivalent sind. Eine kontrastive Studie im sprachlichen Bereich basiert sowohl auf der vergleichenden Methode als auch auf der kontrastiven Linguistik. Eine vergleichende Studie wird anhand der vergleichenden Methode durchgeführt, die im Teil 2.1 dieser Arbeit erklärt wird. Es wird auch kurz geklärt, was die kontrastive Linguistik ist. Die Examensarbeit basiert

(11)

hauptsächlich, wie bereits genannt, auf Einführung in die Übersetzungswissenschaft von Werner Koller (2011), wo er dem Äquivalenzbegriff die Hälfte seines Buches gewidmet hat. Weiter orientiert sich diese Examensarbeit am Buch des Linguisten E.A. Nidas, der eine dynamische und formale Äquivalenz definiert hat. Die Definitionen dieser Sprachwissenschaftler sind bedeutsam für die Analyse. Die ausgewählten Analysenfelder gelten der denotativen (Lexik und Form) und konnotativen Äquivalenz (Signifikat, bzw. Bedeutung). Diese Analysefelder werden näher in einem von Koller vorgeschlagenen Beispiel erläutert, nämlich in zwei Übersetzungsversionen von Dance of death von August Strindberg.

1.3 Vergleichende Methode

Die vergleichende Methode definiert sich als ein Verfahren zum systematischen Vergleich von Untersuchungseinheiten mit dem allgemeinen Ziel einer empirischen Generalisierbarkeit oder der Überprüfung bzw. Formulierung von Hypothesen.

Die Gründe für einen systematischen Vergleich liegen darüber hinaus vor allem in der Darstellung von Unbekanntem und der Hervorhebung bestimmter Spezifika bzw. Anomalien. Obschon sie die wissenschaftliche Begrifflichkeit ad absurdum zu führen scheint, ist damit auch die sprichwörtliche Unvergleichbarkeit von Äpfeln und Birnen entkräftet, da bereits deren bloße Gegenüberstellung eine auf konkrete Besonderheiten abzielende vergleichende Methode repräsentiert.

Des Weiteren dient die vergleichende Methode der systematischen Kategorisierung und der Typologisierung durch die konsequente Zusammenfassung von Merkmalen.

Im Wesentlichen werden hierbei folgende Typen unterschieden:

Im Klassifikatorischen Typus sind durch die Bildung trennscharfer Klassen alle Untersuchungseinheiten nach ihrem Unterscheidungsmerkmal in genau eine Gruppe einzuordnen.

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Der Extremtypus gilt als der extremste komparative Differenztypus, welcher die begrifflichen Pole festlegt, zwischen die sich alle möglichen Phänomene in einer Art Reihe einordnen lassen.

Der Idealtypus wiederum ist vollkommen konstruiert und empirisch nicht überprüfbar, da er in der Wirklichkeit so (noch) nicht vorkommt. 4

Diese Examensarbeit begrenzt sich aber auf den klassifikatorischen Typus, denn es wird sowohl die denotative als auch die konnotative Äquivalenz klassifiziert.

Schließlich werden auch äquivalente und äquivalenzlose Übersetzungen klassifiziert, bzw. bei den Übersetzungen vom Theaterstück Strindbergs Totentanzt.

1.4 Kontrastive Linguistik

Auch die kontrastive Linguistik trägt bei der Äquivalenzanalyse bei, denn linguistische Textelemente des Originaltextes und der Übersetzung werden analysiert und verglichen.

Die kontrastive Linguistik ist ein Teilbereich der Sprachwissenschaft, in der zwei oder mehrere Sprachsysteme verglichen werden, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu beschreiben. Kontrastive Studien können sich mit verschiedenen Sprachebenen beschäftigen, z. B. Unterschiede und Gemeinsamkeiten mehrerer Sprachen im Lautinventar (Phonologie), in der Wortbildung (Morphologie) oder im Satzbau (Syntax). Weitere Arbeitsbereiche sind die kontrastive Pragmatik, kontrastive Textlinguistik und kontrastive Soziolinguistik.

Das Ziel der kontrastiven Linguistik ist zunächst eine rein deskriptive Erfassung der Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Sprachsystemen, aber häufig entstehen durch die Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen wie der Lernforschung oder Übersetzung auch wichtige Ergebnisse für den Fremdsprachenunterricht.

4 D. Nohlen (2004:1040)

(13)

Sprachen werden bilateral (auch multilateral, gegenseitig) oder unilateral (von einer zur anderen Sprache) in einem bestimmten Phänomen (z. B. Monatsnamen) miteinander konfrontiert und in ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden beschrieben.

Die Phänomene in den Sprachen können

dabei konvergent, divergent oder äquivalent sein.

Konvergenz lässt sich in der kontrastiven Linguistik beim Sprachvergleich dann beschreiben, wenn mehreren Begriffen (zu einem Phänomen) in der Ausgangssprache nur ein Begriff (zu einer Erscheinung) in der Zielsprache zugeordnet werden kann.

In einer anderen Verwendungsweise innerhalb der Linguistik versteht man unter Konvergenz die Annäherung von miteinander in Kontakt stehenden Sprachen in Bezug auf unterschiedliche Merkmale (z. B. innerhalb von sprachlichen Arealen bzw. Sprachbünden). Sie wird dadurch zu einem Bestandteil des Sprachwandels.

Das Gegenteil der Konvergenz ist die Divergenz.

Unter Divergenz versteht man in der kontrastiven Linguistik die Tendenz zur gegenseitigen Auseinanderentwicklung von Varianten eines sprachlichen Elements.

Als Resultat können sich aus diesem Prozess zwei distinktive Elemente derselben Ordnung entwickeln und sich letztlich parallel im selben Sprachsystem etablieren.

Divergenz kann auf verschiedenen Ebenen des Sprachsystems auftreten:

Auf phonologischer beziehungsweise morphologischer Ebene in der Auseinanderentwicklung von Allophonen oder Allomorphen und in deren Etablierung ihrer autonomen Existenz; ebenso im Bereich der Wortbildung und Phraseologisierung.

In Bezug auf Einzelsprachen können Divergenz-Prozesse zur Sprachspaltung führen, das heißt, dass zwei oder mehrere Varianten einer zunächst (relativ) einheitlichen Sprache „A“ sich zur selbstständigen Sprache „B“ entwickeln. Ein

(14)

Beispiel dafür ist die Entwicklung der romanischen Sprachen aus dem Vulgärlatein.5

In dieser Examensarbeit wird aber nur geforscht, ob die Texte äquivalent sind oder nicht, nämlich ob es eine „Äquivalenzrelation“ zwischen Originaltext und Übersetzung entsteht, d.h. ZS-Text und AS-Text müssen gleichwertig in Stil, Form, Inhalt und Sinn sein, damit eine Äquivalenzrelation entstehen kann. Wenn die Relation nicht äquivalent ist, kann man nicht von Übersetzung reden.

Im nächsten Abschnitt 2.1 werden die Äquivalenzdefinitionen von Werner Koller und E.A. Nidas besprochen, die sich besonders mit dem Äquivalenzbegriff beschäftigt haben. Sie haben nämlich die Äquivalenz in verschiedene Kategorien unterteilt, wie z.B. denotative Äquivalenz, nämlich die Äquivalenz der Lexik, bzw.

Wörter und feste Syntagmen (Verknüpfung von Wörter zu Wortgruppen, Wortverbindungen) einer Sprache oder die dynamische Äquivalenz, die sich mit der Natürlichkeit des Ausdrucks beschäftigt, damit eine Übersetzung natürlich für den Leser und nicht als eine „Textreproduktion“ klingt. Es wird auch ein bisschen über die wissenschaftliche Biografie und Karriere der Übersetzungswissenschaflter berichtet.

2.1 Definition von Äquivalenz laut W. Koller

Werner Koller ist ein Schweizer Sprachwissenschaftler und emeritierter Professor für

deutsche Sprachwissenschaft am Germanistischen Institut der Universität Bergen (Norwegen). In seinen übersetzungswissenschaftlichen Publikationen und Forschungen widmete er sich vor allem der Typologisierung und Präzisierung des Äquivalenzbegriffes im Kontext der Translation. Koller studierte Germanistik, Allgemeine Linguistik, Philosophie und Nordistik an der Universität Zürich und der Universität Stockholm und schloss 1968 in Zürich mit dem Lizenziat ab. Zwischen 1969 und 1974 war er an beiden Universitäten in den Bereichen Assistenz und Lehre tätig. 1972 promovierte er in Stockholm über das Thema Grundprobleme der Übersetzungstheorie. Unter besonderer

5 M. Hellinger, U. Ammon (1996:119)

(15)

Berücksichtigung schwedisch-deutscher Übersetzungsfälle. Von 1974 bis 1978 arbeitete Koller als Professor für Angewandte Sprachwissenschaft an der Universität Heidelberg. 1978 begann er als Professor für deutsche Sprache an der Universität Bergen zu lehren. Seit dem 31. Dezember 2012 ist Koller emeritiert.6 Koller hat sich vor allem für Äquivalenz in der Übersetzungswissenschaft interessiert. Sein Hauptwerk ist die 1979 erschienene Monographie Einführung in die Übersetzungswissenschaft, der in dieser Examensarbeit als Primärliteratur gilt.

In diesem Buch widmet er sich, nach einer allgemeineren Auseinandersetzung mit der Praxis und der Geschichte des Übersetzens, einer ausführlichen Typologisierung der Äquivalenz in der Übersetzung, dieses Teil interessiert hauptsächlich diese Examensarbeit. Er hat nämlich fünf verschiedene Äquivalenzdifferenzierungen entdeckt; die denotative Äquivalenz (Äquivalenz der Lexik und Wortschatz) , die konnotative Äquivalenz (Äquivalenz der Bedeutung und Signifikat eines Wortes oder Wortgruppe), die textnormative Äquivalenz (Äquivalenz der textgattungsspezifische Merkmale, wie die von Gebrauchs- oder wissenschaftliche Texte) die pragmatische Äquivalenz ( betrifft die Verstehens Voraussetzungen des Lesers, wie z.B. der sozialen Milieuzugehörigkeit der Empfänger, der individuelle und gruppenspezifische Wissens- und Verstehens Voraussetzungen, der Bildungsstand und der Sprach- und Sachkenntnissen der Empfänger) und die formal-ästhetische Äquivalenz (Eigenschaften des ausgangssprachlichen Textes).

Aufgrund des reichen Umfangs der Äquivalenzdefinitionen werden in dieser Examensarbeit nur die denotative und konnotative Äquivalenz analysiert.

Mit der Sprache kommuniziert man über die Wirklichkeit. Unsere Kommunikation und Wirklichkeitsinterpretationen sind kulturbedingt, wie beispielsweise Sehweisen, Normen und Einstellungen, über die man kommuniziert. Daher besteht die Schwierigkeit der Übersetzbarkeit, denn es gibt einige Kulturelemente, die fast unübersetzbar sind, weil es verschiedene Möglichkeiten und Grenzen bei der Übersetzung zwischen zielsprachigen Text und Ausgangstext gibt. Koller illustriert einige Beispiele von Grenzen: beim Übersetzen vom Wort Layout auf English entsteht eine Lücke, das heißt, dass es keine bestimmte Übersetzung für dieses Wort

6 W. Koller (2011:7)

(16)

gibt. Man kann es in einem Text entweder mit einer Fußnote erklären oder als Fremdwort auf Deutsch benutzen. Andere Beispiele von typischen unübersetzbaren deutschen Wörtern sind Weltschmerz oder Ohrwurm, die keine direkte englische Übersetzung haben. Man muss sie auch in einem oder mehreren Sätzen bzw.

Zusammenhängen erklären. Es gibt auch Fälle, meint Koller, wo es viele verschiedene Möglichkeiten beim Übersetzen gibt: das deutsche Wort Regler kann auf Englisch als control, control unit, regulator oder governor übersetzt werden. In diesem Fall wählt man das Wort, das am besten in einem Textzusammenhang passt.

Daher hat man sich jahrelang mit dem Übersetzten auseinandergesetzt, da es verschiedene theoretische und praktische Möglichkeit des Übersetzens gibt.7

Andere Sprachelemente, die nicht kulturbedingt, aber schwierig zu Übersetzen sind z.B. unterschiedliche Grammatik- und Syntaxsysteme oder Phonologie. Das deutsche Syntaxsystem besteht aus vier Kasus Nominativ, Akkusativ, Dativ und Genitiv. Englisch hat stattdessen nur den Genitiv. Es kann deshalb schwierig sein, die anderen Kasus auf Englisch zu übersetzen und erklären. Auch Phonologie übersetzen ist schwierig, denn es gibt Klänge und Tonen, die nicht alle Sprachen umfassen.

Laut Koller liegt die Äquivalenzbeziehung zwischen den Textelementen des AS- Textes und jenen des ZS-Textes. Da es normalerweise in den Texten verschiedene Elemente gibt, unterscheidet Koller den Äquivalenzbegriff in mehreren Kategorien.

Es gibt fünf Bezugsrahmen, die bei der Festlegung der Art der Übersetzungsäquivalenz eine Rolle spielen;

1. Der außersprachliche Sachverhalt, der in einem Text vermittelt wird; der Äquivalenzbegriff, der sich am außersprachlichen Sachverhalt orientiert, wird denotative Äquivalenz genannt.

2. Die im Text durch die Art der Verbalisierung (insbesondere: durch spezifische Auswahl unter synonymischen oder quasi-synonymischen Ausdrucksmöglichkeiten) vermittelten Konnotationen bezüglich Stilschicht, soziolektaler und geographischer Dimension, Frequenz etc.; den

7 W. Koller (2011:161)

(17)

Äquivalenzbegriff, der sich an diesen Kategorien orientiert, wird konnotative Äquivalenz genannt.

3. Die Text- und Sprachnormen (Gebrauchsnormen), die für bestimmte Texte gelten; der -Äquivalenzbegriff, der sich auf solche textgattungsspezifischen Merkmale bezieht, wird textnormative Äquivalenz genannt.

4. Der Empfänger (Leser), an den sich die Übersetzung richtet und der den Text auf Basis seines Verstehens Voraussetzungen rezipieren können soll, bzw.

auf den die Übersetzung „eingestellt“ wird, damit sie ihre kommunikative Funktion erfüllen kann; die empfängerbezogene Äquivalenz wird pragmatische Äquivalenz genannt.

5. Bestimmte ästhetische, formale und individualstilistische Eigenschaften des AS-Textes; der Äquivalenzbegriff, der sich auf solche Eigenschaften des Textes bezieht, wird formal-ästhetische Äquivalenz genannt.8

Im nächsten Punkt 3. Differenzierung des Äquivalenzbegriffs wird auf diese Bezugsrahmen im Einzelnen eingegangen. Es gibt aber auch die pragmatische, textnormative und formal-ästhetische Äquivalenz aber diese werden nicht inkludiert. Da der Fokus der Analyse auf die denotative und konnotative Äquivalenz liegt, begrenzt sich diese Examensarbeit nur auf die denotative und konnotative Äquivalenz, die die Äquivalenz der Lexik und Signifikat sind.

2.2 Definition von Äquivalenz laut E.A. Nidas

Viele haben es in der Übersetzungswissenschaft versucht, Äquivalenz zu definieren.

Jedoch ist es oft schwer, denn es gibt das Problem der Übersetzbarkeit. Dies Problem entsteht, weil in die Sprachen auch die eigene Kultur, Sehweisen der Welt und der Wortschatz einschließen. Deshalb kann es geschehen, dass man beim Übersetzen keine entsprechende Übersetzung eines Wortes in die Zielsprache

8 W. Koller (2011:219)

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findet. Daher wird es über die Äquivalenz u.a. Gleichwertigkeit in der Übersetzungswissenschaft geforscht. Hier werden die zwei Definitionen des Äquivalenzbegriffs aus der Sicht vom amerikanischen Linguisten E.A. Nidas analysiert.

Eugene Albert Nidas war ein amerikanischer Linguist und Bibelübersetzungstheoretiker. Er entwickelte die Theorie der funktional- äquivalenten Bibelübersetzung, die heute für moderne kommunikative Übersetzungen der biblischen Bücher bestimmend ist. 1937 nahm er ein Studium an der privaten University of Southern California auf, wo er 1939 den Master of Arts in neutestamentlichem Griechisch ablegte. Von 1943 bis zu seinem Ruhestand arbeitete Nidas als Sprachwissenschaftler und Übersetzungstheoretiker für die American Bible Society. Seine beiden Werke Toward a Science of Translating (1964) und The Theory and Practice of Translation (1969) gelten bis heute als wegweisend für eine moderne kommunikative Bibelübersetzung. Die Evangelisch-Theologische Fakultät der Westfälischen Wilhelms- Universität Münster verlieh ihm 1966 die Ehrendoktorwürde.9 In dieser Examensarbeit wird das Buch Toward a Science of Translating 1964 als Sekundärliteratur verwendet.

E.A Nidas hat den Begriff Äquivalenz in zwei wichtigen Kategorien differenziert:

formale und dynamische Äquivalenz. Wenn man übersetzt, muss man auf diese verschiedenen Äquivalenzkategorien achten, um eine optimale Übersetzung in der Zielsprache erreichen zu können.

Die formale Äquivalenz richtet den Fokus auf die Formalien einer Übersetzung, deren Form und Inhalt. Die Botschaft des Ausganstextes soll so ähnlich wie möglich wie die übersetzte Botschaft, trotz unterschiedlicher sprachlicher kulturgebundener bzw. syntaktischer Elemente.

Die dynamische Äquivalenz beschäftigt sich mit der Natürlichkeit des Ausdrucks, die Übersetzung in die Zielsprache so anzupassen, dass sie dem Leser so natürlich

9 W.A Smalley (1991:28)

(19)

wie möglich klingt, und sich nicht wie eine „Übersetzung“ lesen lässt. Die Verhaltensweisen, die im Kontext der Kultur der Zielsprache relevant sind, werden also in Beziehungen mit dem Leser der Zielsprache gesetzt.10

3. Differenzierungen des Äquivalenzbegriffs

3.1 Denotative Äquivalenz

In diesem Abschnitt werden zwei der verschiedenen Differenzierungen des Äquivalenzbegriffs von Werner Koller gezeigt und durch Beispiele von Tabellen erläutert, die relevant für die Schlussanalyse vom Originaltext und Übersetzung von Ein Zimmer für sich allein sein können. Es handelt sich nämlich um verschiedene Fälle und Übersetzungsstrategien bei der denotativen Äquivalenz.

Zentraler Gegenstandsbereich bei der Beschreibung denotativer Äquivalenzbeziehungen ist die Lexik (Wörter und feste Syntagmen einer Sprache).

Im lexikalischen Bereich lassen sich fünf Entsprechungstypen unterscheiden; Eins- zu-eins, Eins-zu-viele, Viele-zu-eins, Eins-zu-Null und Eins-zu-Teil- Entsprechungen.

3.1.1 Eins-zu-eins-Entsprechung

Engl. Control signal → dt. Stellgröße11

Übersetzungsschwierigkeiten können auftreten, wenn in der ZS synonymische Varianten gegeben sind; engl. Scanner → dt. Scanner-Abtastgerät-

10 E.A. Nidas (1964:26)

11 R.W. Jumpelt (1961:44)

1 : 1

AS-Ausdruck ZS-Ausdruck

(20)

Abtastvorrichtung. Es handelt sich bei diesen mehrfachen Entsprechungen allerdings um Synonyme, nur auf der denotativen Ebene, in Bezug auf konnotative Werte sind sie nicht gleichwertig.

3.1.2 Die Eins-zu-viele Entsprechung

1 : viele

Engl. Control → dt. Regelung- Steuerung- Bedienung- Regelgerät- Regler- Steuergerät- Bedienorgan12

In diesem Fall gibt es ein Ausdruck in der Ausgangsprache, der aber in der Zielsprache verschiedene Übersetzungsalternativen hat. Es werden von Koller verschiedene Lösungsvorschläge aufgezeigt, um die optimale Äquivalenz in der Übersetzung

Bei der Übersetzung lassen sich drei Fälle unterscheiden;

1. Aus dem Textzusammenhang (Kontext), kann entschlossen werden, welche der potentiellen Entsprechungen zutrifft.

2. Es kann im betreffenden Textzusammenhang irrelevant sein, ob es sich um ein Regelgerät oder um einen Regler handelt.

3. Zu den Eins-zu-viele-Entsprechungen, die Übersetzungsschwierigkeiten zur Folge haben können, gehört der Fall, dass in der ZS Bedeutungen obligatorisch ausgedrückt werden, die in der AS unausgedrückt bleiben. Als Beispiel kann die Genussdifferenzierung dienen; Das im englischen Genus-

12 R.W. Jumpelt (1961:45)

AS-Ausdruck ZS-Ausdruck

b

ZS-Ausdruck c ZS-Ausdruck a

(21)

unspezifizierte a friend of mine im Dt. spezifiziert werden, je nachdem ob es sich um einen Bekannten oder eine Bekannte handelt. Geht das Geschlecht im Kontext des/ der Bekannten, bietet die Übersetzung keine Schwierigkeiten. Die Schwierigkeiten steigern sich, wenn es sich um Texte wie Shakespeares Sonette handelt, aus denen nicht hervorgeht, ob es um eine Frau oder einen Mann geht.13

3.1.3 Die Viele-zu-Eins-Entsprechung

viele : 1

Engl. Street, road → dt. Straße

Hier haben wir ein ähnlicher Fall von oben, jedoch umgekehrt. Verschiedene Alternative in der Ausgangsprache aber eine Übersetzungslösung in der Zielsprache.

Bei der Übersetzung kann -falls es der Textzusammenhang erfordert – die in der ZS- Entsprechung aufgehobene Differenzierung durch attributive Adjektive und Genitiv z.B. road → Straße als Reiseweg, street → Straße einer Stadt.

3.1.4 Die Eins-zu-Null-Entsprechung

13 W. Koller (2011:233)

1 : 0

AS-Ausdruck

ZS-Fehlstelle ZS-Ausdruck AS-Ausdruck

b

AS-Ausdruck c AS-Ausdruck a

(22)

Engl. Layout → dt.?

Engl. Performance (Linguistik) → dt.?

Bei den Eins-zu-Null-Entsprechungen handelt es sich um echte Lücken im lexikalischen System der ZS. Im Hinblick auf das Übersetzen als Problemlösungsaufgabe sind es allerdings nur vorläufige Lücken: Der Übersetzer hat die Aufgabe, diese Lücke im Zieltext zu schließen. Solche Lücken gibt es insbesondere bei landeskonventionellen und kulturspezifischen Elementen, d.h.

Ausdrücken und Namen für Sachverhalte politischer, institutioneller, sozio- kultureller, geographischer Art, die spezifisch sind für bestimmte Länder.

Um diese Lücken zu schließen, bieten sich folgende fünf Übersetzungsverfahren an:

1. Übernahme des AS-Ausdrucks in die ZS

a) Unverändert als Zitatwort (Fremdwort): engl. Joint venture → dt. joint venture, Eng. Public relations → dt. Public Relations

b) Vollständige oder teilweise Anpassung an die phonetischen, graphemischen und morphologischen Normen der ZS (Lehnwort): eng.

Perfomance, linking → dt. die Performanz, das Linking, engl. Layout → dt. Layouten.

2. Lehnübersetzung: der Ausdruck wird wörtlich (Glied für Glied) in die ZS übersetzt: eng. Bomb carpet → dt. Bombenteppich, Eng. The grassroots of the nation → dt. Die Graswurzeln der Nation

3. Als Entsprechung zum AS-Ausdruck wird in der ZS ein bereits in ähnlicher Bedeutung verwendeter Ausdruck gebraucht engl. Public relations → dt.

Öffentlichkeitsarbeit

4. Der AS-Ausdruck wird in der ZS umschrieben, kommentiert oder definiert;

eng. Non-foods → dt. Produkte, die keine Lebensmittel sind.

5. Adaption: unter diesen Verfahren versteht man die Ersetzung des mit einem AS-Ausdruck erfassten Sachverhalts durch einen Sachverhalt, der im kommunikativen Zusammenhang der ZS eine vergleichbare Funktion hat.14

14 W. Koller (2011:235-238)

(23)

3.1.5 Die Eins-zu-Teil-Entsprechung

Hier haben wir eine „halbe“ Übersetzungslösung in der Zielsprache, nämlich eine Eins-zu-Teil Entsprechung, denn es gibt eine Übersetzung, die aber nicht ganz korrekt ist, sondern diese Lösung ähnelt dem originalen Wort bloß.

Deutsch Hexe und englisch witch entsprechen sich nicht ganz: das englische Wort hat neben sich das Wort hag mit Elementen alt, hässlich, Frau (ohne Zauberkraft);

sollen diese Elemente betont werden, so wird hag gebraucht. Stattdessen werden bei Witch den Elementen der schönen jungen zauberhaften Frau. Witch nähert sich dann der Bedeutung von Fee. Das Wort Fairy ist aber gegen die Bedeutung vom Deutschen Elfe verschoben. Doch geht das Englische elf stärker gegen die Bedeutung des deutschen Koboldes. Die Bedeutung der englischen Wörter im Vergleich mit den Deutschen kann so dargestellt werden:15

Deutsch: Hexe Fee Elfe Kobold

Englisch: Hag Witch Fairy Elf

Ein weiteres Beispiel für die Eins-zu-Teil-Entsprechungen sind die Farbbezeichnungen verschiedener Sprachen, in denen das Farbenspektrum auf mehr oder weniger stark divergierende Weise segmentiert wird.16

Im konkreten Übersetzungsfall bereiten sich keineswegs immer Schwierigkeiten, denn eine Teilentsprechung kann in einem bestimmten Textzusammenhang durchaus als adäquate Übersetzung fungieren.

Das grundsätzliche Problem besteht darin, wenn die Übersetzung eine andere als die uns bekannte Wirklichkeit vermitteln sollte. Die „fremde“ Wirklichkeit ist aber mit den Mitteln der ZS nur ungenau erfassbar und mittelbar. Dieses Ungenügen erweist

15 E. Leisi (1973:94)

16 G. Leech (1974:235)

(24)

sich bei näherem Hinsehen allerdings als relativ. Die spezifischen kultur- und einzelsprachgebundenen Ausdrücke stehen in Textzusammenhängen und werden in diesen Kontexten bis zu einer gewissen Grade im AS-Sinn determiniert. Als Lösung kann man ZS-Ausdrücke im Text entwickeln, die als Bedeutungsvarianten gelten und den gemeinten Sachverhalt treffen.17

3.2 Konnotative Äquivalenz

Sprachliche Ausdrücke haben nicht nur denotative Bedeutungen, sondern zusätzliche konnotative Werte. Die Übersetzungswissenschaft hat die Aufgabe die konnotativen Dimensionen und Werte in den Einzelsprachen zu charakterisieren.

Für den Ausdruck eines denotativ Gemeinten stehen unterschiedliche Ausdrucksmöglichkeiten zur Verfügung;

Essen; speisen; fressen

Sterben; die Augen schliessen, krepieren

z.B. Sterben ist normal sprachlich unmarkiert, die Augen schliessen gehört der gehobenen Stilschicht an, krepieren ist vulgär.

Frequenz, Anwendungsbereich und stilistische Wirkung erzeugen in jeder Sprache unterschiedliche Konnotationen. Die Auswahl konnotativer Werte prägt den Stil eines Textes. Konnotative Äquivalenz herzustellen, stellt oft das größte Problem für den Übersetzer dar. Er muss entscheiden, welche konnotativen Werte relevant sind.

Er soll deshalb verschiedene konnotative Dimensionen untersuchen;

1. Konnotationen der Stilschicht (gehoben, dichterisch, normalsprachlich, umgangssprachlich, Slang, vulgär)

2. Konnotationen sozial bedingten Sprachgebrauchs (Studenten, Arbeiter, Bürgertum, Militär)

3. Konnotationen der geographischen Zuordnung oder Herkunft (überregional, dialektal, schwäbisch österreichisch)

17 W. Koller (2011:240-242)

(25)

4. Konnotationen des Mediums (geschriebensprachlich, gesprochensprachlich) 5. Konnotationen der stilistischen Wirkung (veraltet, gespreizt, papierdeutsch,

modisch, euphemistisch, bildhaft)

6. Konnotationen der Frequenz (konnotative Werke, wie gebräuchlich, wenig gebräuchlich)

7. Konnotationen des Anwendungsbereichs (fachsprachlich, medizinische Fachsprache, meinsprachlich)

8. Konnotationen der Bewertung (positive, negative, ironisierende Bewertung)18 oder Metaphorik.19

4.

Wann sind zwei Texte äquivalent?

4.1 Bedingungen/Voraussetzungen für die Äquivalenz zwischen AS-ZS

In diesem Abschnitt werden die Bedingungen und Voraussetzungen behandelt, die die Äquivalenz einer Übersetzung zum Originaltext bestimmen. Das ist erforderlich damit die Übersetzung nicht eine Textproduktion oder eine Textreproduktion wird.

Man muss beispielsweise einige Faktoren betrachten, bevor man zu übersetzen beginnt. Sich über die Sehweise der Welt einer Kultur zu informieren ist wichtig, um einen Text verstehen zu können, denn verschiedene Sprachen und Kulturen haben unterschiedliche Wirklichkeitsinterpretationen und Wirklichkeiten.

Dann soll man auch die stilistischen und ästhetischen Eigenschaften des Ausgangstextes berücksichtigen. Nicht nur die genaue Bedeutung und Wirklichkeit des Ausganstextes soll vermittelt werden, sondern auch sein Stil. Wenn ein Ausgangstext wissenschaftlich ist, wird es vorausgesetzt, dass man einen formellen wissenschaftlichen Stil verwendet. Dann kann ein zielsprachlicher Text nicht umgangssprachlich klingen. Ansonsten haben wir keine Äquivalenz zwischen den Texten.

18 W. Koller (2011:240)

19 W. Koller (2011:255)

(26)

Bedeutsam ist es, dass der Übersetzer nicht anhand seiner Interpretation übersetzt, sondern laut jener des Autors. Der Übersetzer muss der Text genau und richtig verstehen, um ihn äquivalent in der Zielsprache zu übersetzen, manchmal kann er sich auch mit dem Autor selbst auseinandersetzen, um zu verstehen, ob er richtig interpretiert hat oder nicht.

Bei einem äquivalenzorientierten Ausganspunkt ist die Unterscheidung zwischen Bearbeitung und Übersetzung, zwischen textproduzierenden und -reproduzierenden Elementen in der Übersetzung bei aller Relativität des Übersetzungsbegriffs von fundamentaler Bedeutung. Jede Verbesserung des AS-Textes ist nicht mehr bloße Textreproduktion, sondern Textproduktion. Zur Frage nach dem Recht oder Pflicht des Übersetzers, den Originaltext in der Übersetzung zu verbessern, wird unterschiedlich Stellung genommen. Der textreproduzierende Übersetzer ist beispielsweise ein anderer Typ Sender als der textproduzierende Sender des Originaltextes. Aus diesem Grunde sind z.B. Übersetzungen, die von den Autoren selbst gemacht werden, anders zu beurteilen als Übersetzungen von Übersetzern.

Allerdings gibt es einige Bedingungen und Faktoren, die jede Übersetzungstheorie zu berücksichtigen hat. In der Übersetzung wirksam, d.h. die Äquivalenzrelation bedingend, ist ein ganzes Gefüge von Faktoren;

- Die Ausgangsprache und die Zielsprache mit ihren strukturellen Eigenschaften, Möglichkeiten und Zwängen.

- Die „Welt“, wie sie in den Einzelsprachen unterschiedlich klassifiziert wird.

- Unterschiedliche Wirklichkeiten in ihren einzelsprachspezifischen Repräsentationen

- Der Ausgangstext mit seinen sprachlichen, stilistischen und ästhetischen Eigenschaften im Kontext der sprachlichen, stilistischen und ästhetischen Normen der Ausgangsprache.

- sprachliche, stilistische und ästhetische Normen in der Zielsprache und auf Seiten des Übersetzers

- individuelle Merkmale und Qualitäten des Originaltextes - Verstehens Voraussetzungen der Leser der Übersetzung - Explizite und implizite Übersetzungstheorie des Übersetzers - Selbstinterpretation des Autors des Originaltextes

(27)

- Zweckbestimmung der Übersetzung im Markt in der Zielkultur

- Praktische Bedingungen, unter denen der Übersetzer arbeitet bzw. arbeiten muss.20

Als erläuterndes Beispiel um die bisher behandelten theoretischen Aspekte zu verdeutlichen, werden ein Originaltext in der Ausgangsprache, das Theaterstück von August Strindberg Dance of death, und dessen zwei Übersetzungen, die Werner Koller in seinem Buch Einführung in die Übersetzungswissenschaft vorschlägt, besprochen. In den nächsten Abschnitten der Arbeit werden Beispiele von äquivalenten und äquivalenzlosen Texten gezeigt.

4.2 Beispiele von äquivalenten und äquivalenzlosen Texten

Als Beispiel dient hier die englische Version eines Theaterstückes Totentanz von August Strindberg und dessen zwei deutsche Übersetzungen.

a) Captain; Won´t you play something for me?

Alice: (indifferently but not snappishly) What shall I play?

Captain: Whatever you want.

Alice: You don´t like my repertoire Captain: And you don´t like mine

Alice: (changing subject) do you want the doors left open?

Captain: It´s up to you

Alice: We’ll leave them open then.

b) Kapitän; Willst du mir nicht etwas vorspielen?

Alice: (gleichgültig, aber nicht mürrisch) Was soll ich spielen?

Kapitän: Was du willst.

Alice: Du liebst meine Repetitorien nicht.

Kapitän: Und du nicht meines

20W. Koller (2011:195)

(28)

Alice: (ausweichend) Willst du, dass die Türen offenbleiben sollen?

Kapitän: Wenn du es wünschest.

c) E; Spiele was vor.

A: Was?

E: Was du willst.

A: Solveigs Lied.

E: Der Einzug der Bojaren

A: Du liebst nicht mein Repertoire E: Du meines auch nicht

A: Dann spiele ich nichts vor.

E: Die Türe ist offen A: Soll ich sie schließen?

E: Wenn du willst.

Wenn man die zwei Übersetzungen mit der englischen Version vergleicht, kann man sehen, dass die Bindung von c) an den Ausganstext a) eine qualitativ andere ist als diejenige des Textes b).

Man kann den Text b) Übersetzung nennen, denn den AS- und ZS-Text ganz ähnlich in der Terminologie, bzw. Wortwahl, Stil, Inhalt und Form ist. Der Stück sind im Fall b) ganz genau Wort für Wort übersetzt.

Bei der Version c) ist es ziemlich deutlich, dass es sich nicht um eine Übersetzung, sondern eher um eine Bearbeitung handelt. Sowohl Stil als auch Wortwahl differenzieren sich vom Ausgangstext.

5. Anwendung; Äquivalenz zwischen AS-Text und ZS-Text 5.1 A room of one’s own\ Ein Zimmer für sich allein

In diesem Teil werden Originaltext und Übersetzung verglichen. Es soll besprochen werden, ob die Texte immer äquivalent sind oder nicht. Dieser Vergleich ist anhand des theoretischen Hintergrunds gemacht worden, nachdem die zwei Texte intensiv gelesen und analysiert wurden.

(29)

Jetzt werde ich die Schwerpunkte des Originalbuches und der Übersetzung kommentieren und vergleichen. Es werden sowohl Beispiele von äquivalenten als auch äquivalenzlosen Übersetzungen aufgezeigt.

„but you may say, we asked you to speak about women and fiction -what has that got to do with a room of one´s own? I will try to explain.”

“Aber, mögen Sie vielleicht sagen, wir haben Sie doch gebeten, über Frauen und Literatur zu sprechen -was hat das denn mit einem Zimmer für sich allein zu tun?

Ich will versuchen, es zu erklären.“

Wenn man die formelle Sprache betrachtet, dann heißen bitten und to ask nicht dasselbe. Bitten ist formeller als ask. Ask heißt fragen und bitten to beg. Man könnte daher behaupten, dass in diesem Fall die deutsche Übersetzung formeller als das englische Original ist. Eine gleichwertige Übersetzung auf der stilistischen Ebene wäre „wir haben Sie doch gefragt“.

Bei Literatur und fiction handelt es sich um eine Eins-zu-viele-Entsprechung. Man kann Literatur sowohl als literature als auch als fiction übersetzen. Die Wortwahl wird dann aus dem Textzusammenhang erschlossen. Jedoch bedeutet das deutsche Wort Fiktion nicht Literatur, sondern eher Erfindung, Fantasiegebilde.

Die Überschrift Frauen und Literatur könnte bedeuten… The title women and fiction mean, and you might have meant it to mean…

Überschrift und title sind nicht ganz äquivalent. Überschrift entspricht eher dem englischen Wort headline. Eine bessere Übersetzung wäre Titel= title. Wenn man den englischen Originalsatz und dessen deutscher Übersetzung liest, dann scheint es so, als ob etwas fehlen würde. Man sagt ja auf Englisch: es bedeutet und es könnte bedeuteten aber auf Deutsch wird es nur als es könnte bedeuten übersetzt. Auf Englisch scheint die Behauptung sicherer, denn man verwendet sowohl den Präsens Indikativ als auch einen Konjunktiv. Auf Deutsch wird diesen Satz bloß als Konjunktiv übersetzt, daher klingt es unsicherer.

Sitting on the banks of a river a week or two ago in fine October weather, lost in thought. That collar I might have spoken of, women and fiction, the need of coming

(30)

to some conclusion on a subject that raises all sorts of prejudices and passions, bowed my head to the ground.

Und saß vor ein oder zwei Wochen bei schönem Oktoberwetter gedankenverloren am Ufer eines Flusses. Jenes Joch, von dem ich gesprochen habe, Frauen und Literatur, die Notwendigkeit, bei einem Thema, das alle möglichen Vorurteile und Leidenschaften weckt, zu einer Schlussfolgerung zu kommen, drückte meinen Kopf zu Boden.

Fine und schön haben nicht denselben Rang. Fine heißt eher befriedigend, zulässig, gut. Eine äquivalente Übersetzung von schön ist nice. Es ist nicht egal, wenn man gutes und schönes Wetter sagt. Man stellt sich das Wetter in den zwei verschiedenen Sprachen unterschiedlich vor. Auch ein kleines Wort kann einen großen Bedeutungsunterschied machen. Wenn man die Übersetzung, drückte meinen Kopf zu Boden, des Ausdrucks bowed my head to the ground betrachtet, dann kann man behaupten, dass diese eine ausgezeichnete Übersetzung ist. Es ist nicht immer so leicht Ausdrücke und Redewendungen zu übersetzen, denn sie unterscheiden sich sehr normalerweise. Der Übersetzer hat hier den ähnlichsten Ausdruck verwendet.

There has fallen a splendid tear, Die Leidensblume, die das Tor umspinnt, From the passion-flower at the gate. Sie weint und silberhell die Träne rinnt.

She is coming, my life, my fate, Die Taube kommt, mein Lieb She is coming, my dove, my dear, mein einziges Glück

The red rose cries, She is near, she is near Sie kommt mein Leben, mein Geschick

and the white rose weeps she is late, Die rote Rose sagt: Sie naht mit Beben the larkspur listens I hear, Die weiße Rose sagt, ich harrte lange I hear and the lily whispers I wait. Es lauscht der Rittersporn; Ich hör es schweben

Die Lilie flüstert oh ich warte bange.

(31)

„Dichtung ist unübersetzbar. Ihr Klang ist unübersetzbar, ihr Rhythmus, ihre Melodie, aber das ist es nicht allein. Dichtung ist unübersetzbar, weil sie uns auffordert, nicht nur durch die Sprache hindurch, sondern auch auf die Sprache selbst zu blicken. Dichtung ist die große andere Möglichkeit der Sprache, die Möglichkeit, das Werkzeug zum Kunstwerk zu machen.“21 Wie M. Wandruszka (1967:7) behauptet, ist es unmöglich denselben Klang und Melodie einer Dichtung in eine andere Sprache äquivalent zu übersetzen, denn jede Sprache hat ihren Rhythmus, der einmalig ist. Wenn man Dichtung übersetzt handelt es sich eigentlich nicht um eine Übersetzung, sondern um eine Textreproduktion. Es ist, als ob der Übersetzer ein neues Gedicht schreiben würde, die neue Klänge, Melodien und Reime hat. Wichtig ist, der Übersetzer dieselbe Botschaft wie im Originalgedicht behält, ansonsten ist es nicht mehr Textreproduktion, sondern Textproduktion.

Der Übersetzer hat deshalb in diesem Fall sowohl das englische originale Gedicht als auch dessen deutsche Übersetzung aufgezeigt. Das ist eine gute Lösung, die beim Problem der Unübersetzbarkeit der Dichtung helfen kann, wenn der Leser auch Englisch kann. Wie man beim Vergleichen der originalen und übersetzen Gedichte sehen kann, haben sie unterschiedliche Reihenfolgen und Wortwahl. There has fallen a splendid tear, Die Leidensblume, die das Tor umspinnt, From the passion- flower at the gate. Sie weint und silberhell die Träne rinnt. Wenn man diese Sätze vergleicht, dann kann man sehen, dass sie verschiedene Reihenfolgen haben. Im englischen Gedicht fängt man mit einem Satz an, der im deutschen Gedicht stattdessen in der zweiten Zeile steht. Wenn man allein die Wortwahl des deutschen Gedichts betrachtet, könnte man bestreiten, dass es sich weder um Übersetzung noch um Textreproduktion handelt, sondern um Textproduktion. Es gibt ja Wörter, die es überhaupt nicht im englischen Original gibt. Es wurde beispielsweise Leidensblume statt Leidenschaftsblume übersetzt, wobei passion eigentlich Leidenschaft heißt.

Dasselbe gilt für splendid, das nicht silberhell heißt, sondern eher glänzend, prächtig. Letztlich sind auch die Gefühle des Dichters unterschiedlich ausgedrückt worden, denn she is late hat weder dieselbe Intensität von ich harrte lange noch Bedeutung, denn she is late heißt einfach sie ist spät.

21 M.Wandruszka (1967:7)

(32)

Farbbezeichnungen verschiedener Sprachen, in denen das Farbenspektrum auf mehr oder weniger stark divergierende Weise segmentiert wird, sind ganz schwer zu übersetzen. Wenn man Farben übersetzt handelt es sich deshalb um Eins-zu-Teil- Entsprechungen, weil z.B. dem Rot in einer vierteiligen Skala nicht das Rot entspricht, wie es die siebenteilige Skala segmentiert. Allerdings können die Farbbezeichnungen nicht als Beispiel für Unübersetzbarkeit im denotativen Bereich herangezogen werden: Neben einfachen Farbbezeichnungen gibt es andere Möglichkeiten, Farben bis in die feinsten Nuancen sprachlich zu erfassen. Man denke an die Möglichkeit der Kombination von Farbbezeichnungen (rotbraun), der Abteilung (gelblich, blaugrünlich) und des Vergleichs (rot wie Blut, grün wie der Tannenbaum, horizontblau, zitronengelb).22

„It was the time between the lights when colours undergo their intensification and purples and golds burn in window panes like the beat of an excitable heart”

“Es war die Zeit zwischen lichtem Tag und Dämmerung, wenn die Farben an Leuchtkraft gewinnen und Gold und Purpur in den Fensterscheiben auflodern, wie das Pulsieren eines erregbaren Herzens“23

In diesem Fall kann man die Farben Purpur und purple als Beispiel nehmen. Purple auf Englisch nähert sich eigentlich dem Violett besser. Purpur auf Deutsch ist ein eher dunkleres Violett.

Im Blick auf das Problem der Übersetzbarkeitsproblematik ist der Anteil der einzelnen Sprache vom Erkenntnisprozess und Wirklichkeitsinterpretation abhängig. Im Prozess der Auseinandersetzung mit der Welt eignet sich der Mensch Sehweisen dieser Welt an; Muster oder Modelle der Wirklichkeitsinterpretation.

Man lernt Sehweisen, Normen und Einstellungen auf bestimmte Weisen zu betrachten und zu beurteilen. An der Entwicklung und Festigung dieser Sehweisen hat die Sprache einen wichtigen Anteil. 24

22 G. Leech (1974:235)

23 V. Woolf (1928:19), (2012:23)

24 W. Koller (2011:163)

(33)

Daher besteht die Schwierigkeit, Wirklichkeitsinterpretationen zu übersetzen, denn jede Sprache hat ihre Kultur und Denkweisen. Wenn man diese in eine andere Sprache übersetzt, dann soll man zumindest versuchen, diese unterschiedlichen Seh- und Denkweisen beim Übersetzten zu adaptieren oder überhaupt in den schwierigsten Fällen mit Hilfe einer Fußnote aufzuklären.

In diesem Fall werden das vielfältige Wirklichkeitsbild und die Kultur der englischen Hauptstadt ganz gut ins Deutsche übersetzt und dargestellt:

„The fascination of London street is that no two people are ever alike; each seems bound on some private affair of his own. There were the business-like, with their little bags; there were drifters rattling sticks upon area railings; there were affable characters to whom the streets serve for club-room, hailing men in carts and giving information without being asked for it. Also there were funerals to which men, thus suddenly reminded of the passing of their own bodies, lifted their hats.”

“Das Faszinierende der Londoner Straße besteht darin, dass sich keine zwei Menschen jemals gleichen, jeder scheint in seinen ganz persönlichen Angelegenheiten unterwegs zu sein. Da gab es die Geschäftsleute mit ihren kleinen Taschen, da gab es die Stromer, die mit Stöcken an den Geländern der Kellerschächte entlangratterten, da gab es die leutseligen Typen, denen die Straße als Salon eines Clubs dienten, die Männer in Lieferwagen grüßten und Auskünfte erteilen, ohne gefragt zu werden. Ebenso gab es Begräbniszüge, vor denen Männer plötzlich an die Vergänglichkeit ihres eigenen Leibes erinnert, ihre Hüte zogen.“25

6.Schlußbemerkung

Ob man überhaupt gleichwertig übersetzen kann, bleibt unklar. Es gibt verschiedene Thesen. Einige erklären die absolute Übersetzbarkeit und andere das genaue Gegenteil nämlich die absolute Unübersetzbarkeit.

„Alles Übersetzen scheint mir schlechterdings ein Versuch zur Auflösung einer unmöglichen Aufgabe. Denn jeder Übersetzer muss immer an einer der beiden

25 V. Woolf (1928:130) (2012:110)

(34)

Klippen scheitern, sich entweder auf Kosten des Geschmacks und der Sprache seiner Nation zu genau an sein Original oder auf Kosten seines Originals zu sehr an die Eigentümlichkeiten seiner Nation halten. Das Mittel hierzwischen ist nicht bloß schwer, sondern geradezu unmöglich“ 26

„Die Sprachen sind ein Mittel, dadurch die Menschen einander ihre Gedanken offenbaren können: Da nun die Gegenstände, womit die Menschen sich in ihren Gedanken beschäftigen, überhaupt in der ganzen Welt einerlei und einander gleich sind; da die Wahrheit, welche sie mit dieser Beschäftigung suchen nur von einer Art ist; und da die Gemütskräfte der Menschen auf eine gleiche Art eingeschränkt sind:

so muss notwendig unter den Gedanken der Menschen ziemliche Gleichgültigkeit statt und Platz haben; daher denn solche auch in den Ausdrückend notwendig wird.

Auf diesem Grunde beruht nun die ganze Kunst aus einer Sprache in die andere zu übersetzen. Von einem Übersetzer wird erfordert, dass er eben dieselbenK Begriffe und Gedanken, die er in einem trefflichen Muster vor sich findet, in eben solcher Ordnung, Verbindung, Zusammenhange und mit gleich so starkem Nachdrucke mit anderen gleichgültigen bei einem Volk angenommenen, gebräuchlichen und bekannten Zeichen ausdrücke, so dass die Vorstellung der Gedanken unter beiderlei Zeichen einen gleichen Eindruck auf das Gemüte des Lesers mache.“27

Meiner Meinung nach sind beide Behauptungen ein bisschen zu übersteigert.

Sowohl alles Übersetzen ist ein Versuch zur Auflösung einer unmöglichen Aufgabe sei als auch die Menschen in der ganzen Welt haben dieselben Gedanken. Es gibt immer Ausnahmen. Es gibt ja Fälle, wo man alles oder nichts übersetzen kann. Vor allem ist es nicht wahr, dass alle Menschen in der Welt dieselben Gedanken haben.

Ansonsten gäbe es nicht so viele verschiedene Kulturen, Seh- und Denkweisen.

Die Verschiedenheit der Kulturen in zwei Sprachen ist das Hauptproblem der Übersetzbarkeit. Im Übersetzungsprozess wird die Kultur als kommunikativer

26 W. Humboldt (1796:40)

27 J.J. Breitinger (1740:33)

(35)

Zusammenhang bezeichnet. Wenn Sprache und kommunikativer Zusammenhang in dem gegenseitigen Bedingungsverhältnis stehen, wie es oben dargestellt wurde, dann ist absolute Übersetzbarkeit trotz Sprachverschiedenheit gegeben, wenn die kommunikativen Zusammenhänge von Ausgangsprache und Zielsprache identisch sind. So kann man davon ausgehen, dass in einer mehrsprachigen Stadt, in der die Einwohner zweisprachig aufgewachsen sind, ein kommunikativer Zusammenhang gegeben ist, der dazu führt, dass in beiden Sprachen dieselben Wirklichkeitsinterpretationen vermittelt werden.

Eine extreme Ausnahme liegt vor, wenn die kommunikativen Zusammenhänge von AS und ZS keine Gemeinsamkeiten aufweisen. Das passiert z.B., wenn man ältere ethnologische Beschreibungen von alten Eingeborenenstämmen und Sprachen übersetzen will. Sie geben den Eindruck, dass es solche inkommensurablen Kulturen gab. In diesem Fall ist von absoluter Unübersetzbarkeit zu sprechen.

Man kann auch von Übersetzbarkeit sprechen, wenn z.B. die kommunikativen Zusammenhänge von AS und ZS überlappen: Sprachenverwendungen, die sich auf den Überlappungsbereich beziehen, sind übersetzbar. 28

Bei dieser Betrachtungsweise der Übersetzbarkeit von Sprache, kommunikativem Hintergrund und Übersetzung ist zu bedenken, dass der Grad der Übersetzbarkeit nicht gleich sein muss mit dem Grad der Übersetzungsschwierigkeit.

Je geringer die Distanz zwischen der A-Textwelt und der Z-Kultur ist, desto gefährlicher sind die Verständnisfallen, die durch unauffällige kulturelle Unterschiede entstehen, gerade weil die Anbindung an das Vorwissen des Z- Empfängers erleichtert zu sein scheint.

28 W. Koller (2011:166)

(36)

Literaturverzeichnis

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References

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