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Schwedische kolonien in Lettland Šturms, Eduard Fornvännen 1949(44), s. 205-217 : ill. http://kulturarvsdata.se/raa/fornvannen/html/1949_205 Ingår i: samla.raa.se

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Šturms, Eduard

Fornvännen 1949(44), s. 205-217 : ill.

http://kulturarvsdata.se/raa/fornvannen/html/1949_205

Ingår i: samla.raa.se

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SCHWEDISCHE KOLONIEN IN LETTLAND

V o n E d . S t u r m s

I m J a h r e 1929 veröffentlichte Birger N e r m a n sein Buch »Die Verbindungen zwischen Skandinavien und dem Ostbaltikum in der jiingeren Eisenzeit», in welchem er, gestiitzt auf historische Quellen, die Meinung vertrat, »dass das Land der K u r e n schon vor etwa 800 w ä h r e n d längerer oder kiirzerer Zeit zum Schwe- denreich gehört hat.» Im Herbst desselben J a h r e s erfolgte in Grobina bei Liepäja (Libau) die Entdeckung zweier skandina- vischer Gräberfelder, die diese Anschauung archäologisch u n t e r b a u t hat. B. N e r m a n ist es auch dank der lettisch-schwe- dischen Zusammenarbeit vergönnt gewesen, die beiden F u n d - stellen 1929 u n d 1930 teilweise zu untersuchen, die Resultate in einem Ausstellungskatalog

1

bekanntzugeben und in m e h r e r e n Ubersichten

2

die neuen Erkenntnisse darzulegen.

In den seit diesen Ausgrabungen vergangenen 15 J a h r e n sind neue F u n d e zutage getreten und weitere Fundstellen ent- deckt worden. Eine Ubersicht hieriiber sowie iiber den ganzen Fragenkomplex zu geben, ist die Aufgabe dieses kleinen Bei- trages. Dabei muss ich mich ausschliesslich auf die in meiner E r i n n e r u n g häften gebliebenen Daten verlassen, die von keinem Schriftstiick und n u r durch einige Abbildungen gestiitzt w e r d e n können. Bei der folgenden Zusammenstellung der F u n d o r t e entspricht ihre N u m e r a tion den N u m m e r n auf der K a r t e Fig. 1.

1

B. Nerman, Fynden från Grobin i Lettland, Stat. Hist. Mus., Tillfäl- lig utställning, Katalog N:o 4, Stockholm 1930 (zitiert: Nerman Grobin).

2

Funde und Ausgrabungen in Grobina 1929, Congr. See. Arch. Balt., Riga 1931. — När Seeburg upptäcktes. Jorden ger, Stockholm 1931. —

Svenska vikingakolonier vid Östersjön, Nordisk Tidskrift 1934. — Swedish Viking Colonies on the Baltic, ESA 1934; Sveriges första stor- hetstid, Stockholm 1942, S. 26 ff.; u. a.

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(3)

• ska n c/in. Gräberfeld er Jk\ v Der grosse Ste/n *

Fig. 1. Karte der skandinavischen Gräberfelder Westkurlands in der Vendel- und fruhen Wikingerzeit.

1. Hof Smukumi, Gem. Grobina

Flachgräberfeld, siidlich der Stadt Grobina gelegen. Einige Funde von diesem Gräberfeld lagen unerkannt schon seit Jahren im Museum von Liepäja. Möglicherweise stammen von hier auch die beiden schon seit mehr als hundert Jahren be- kannten Fibeln von Grobina (Riga-Katalog 1896, Taf. 6: 7, 9).

Neu entdeckt wurde dieses Gräberfeld eigentlich vom Lehrer

Deiders, seine Bedeutung aber von Fr. Balodis und dem Unter-

zeichneten erkannt. B. Nerman hat hier 102 Brandgräber unter-

sucht; kurz vor den Ausgrabungen sind nach seiner Schätzung

Funde aus mindestens 15 Gräbern unfachmännisch gehoben

worden. Er vermutet, dass, da die Gräber im ausgegrabenen

(4)

Teil ziemlich dicht lagen, das ganze Gräberfeld urspriinglich mindestens 1 000 Gräber umfasst haben känn.

E t w a im J a h r e 1935 w u r d e auf diesem Gräberfeld bei der Abhebung der Humusschicht fiir die Kiesentnahme ein F u n d - komplex zutage gefördert, dessen Zusammengehörigkeit jedoch nicht gesichert ist. Der F u n d (Fig. 2) besteht aus einer frag- mentarischen Schildkrötenfibel, 5 F r a g m e n t e n einer bronzenen Verbindungskette, 1 bronzenen Dosenfibel und 1 Armring.

Die Schildkrötenfibel gehört zu J. Petersens Typus 37, Var.

F (12); der Typus beginnt nach Petersen (Vikingetidens S m y k - ker, S. 44) im friihen 9. J h . und ist bis z u r 2. Hälfte dieses J a h r h u n d e r t s a n g e w a n d t worden, wobei die Variante F zu den jungsten gehört.

Die Dosenfibel (Fig. 2 und 3) ist u m 800 zu datieren.

Der A r m r i n g (Fig. 2) ist eine F o r m des 9. J a h r h u n d e r t s . Die von B. N e r m a n angenommene Zeitstellung des G r ä b e r - feldes 650—850 n. Chr. ist durch diese neuen F u n d e nicht ge- ändert worden.

2. Pastorat der Stadt Grobina

E t w a 2 k m östlich vom Flachgräberfeld ist ein etwa 450 Hiigel umfassendes Gräberfeld entdeckt worden. Durch die Untersuchung von 27 Hiigeln h a t B. N e r m a n naehgewiesen, dass die Hiigel B r a n d g r ä b e r mittelschwedischen Charakters enthalten, die in die Zeit von 650—800 gehören. Im J a h r e 1943 habe ich hier weitere 2 Hiigel untersucht. Der eine w a r zer- stört und lieferte n u r einen Brakteaten vom gotländischen Typus (wie N e r m a n Grobin II: 6); der andere, unzerstörte, barg ein M ä n n e r b r a n d g r a b und lieferte u. a. eine Anzahl von Schild- buckelnieten.

Z u r Geschichte der Entdeckung dieses Gräberfeldes w ä r e

vielleicht die Tatsache e r w ä h n e n s w e r t , dass dasselbe schon 1839

dem ersten Vorgeschichtsforscher im Ostbaltikum, Fr. Kruse,

b e k a n n t gewesen ist. In seinen Necrolivonica findet m a n im

Generalbericht S. 22 folgenden Passus: »In Grobin, obgleich

ich eine Menge von Hiigeln sehr tief umwiihlen liess, fand ich

nicht die S p u r von Altertiimern. Alle Hiigel, die ich ausgrub,

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Fig. 2. Neue Funde aus dem Gräberfeld in Smukumi bei Grobina.

(es war unmittelbar hinter dem Garten des Pastorats), zeigten

nichts, was bewiese, dass sie Gräber gewesen, sondern nur die

Struktur der Dunen. Man meinte, ich habe nicht tief genug

gegraben; allein ich liess dort tiefer noch gråben als irgendwo

änders, und habe doch nicht eine Spur von Altertiimern ge-

funden.»

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3. Hof Puräni, Gem. Grobina E t w a 1 k m nördlich von der Stadt Grobina bzw. 2 k m vom Gräberfeld bei S m u k u m i h a t B.

N e r m a n ein zweites Hiigelgräber- feld festgestellt (Nerman Grobin, S. 5). Dasselbe besteht aus etwa 50 niedrigen Hiigeln, doch dtirf- ten fruher m e h r vorhanden ge- wesen sein. Hier w u r d e n 1930 6 G r ä b e r untersucht. Sie w a r e n derselben A r t wie diejenigen beim Pastorat, also auch mittelschwe- disch, u n d gehören derselben Zeit wie diese, also etwa 650 bis etwa 800, an.

4. Hof Jäci, Gem. Tä§i Ein Hiigelgräberfeld in einem kleinen Birkenhain, bestehend aus etwa 10—15 Hiigeln, w a r Fig.

schon im J a h r e 1928 entdeckt, aber der römischen Eisenzeit zu-

gewiesen worden. Im J a h r e 1936 habe ich hier 2 Hiigel auf- gedeckt: der eine enthielt eine Skelettbestattung, wobei eine Fibel ähnlich Antikvarisk Tidskrift 24: 4, Taf. IV: 19 oder 20 geborgen w u r d e ; der andere — ein B r a n d g r a b — mit einer gleichen Fibel und mit Perlen wie N e r m a n Grobin Taf. IV: 13.

Die skandinavische Zugehörigkeit des Gräberfeldes ist danach unzweifelhaft.

3. Dosenfibel aus dem F u n d Fig. 2.

5. Hof Sajas, Gem. Gavieze

Von diesem Fundort, der etwa 6 km sud-östlich von Grobina liegt, w i r d schon seit J a h r e n im Historischen Museum in Riga eine P e r l e n k e t t e ähnlich N e r m a n Grobin Taf. IV: 13 aufbe- w a h r t . Bei einer Besichtigung des Fundortes konnte ich fest- stellen, dass es sich u m ein Flachgräberfeld handeln konnte.

14—900131 209

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6. Gut Kapséde, Gem. Medze

Der Ort, bekannt durch das kurische Gräberfeld der rö- mischen Eisenzeit, hat u. a. eine öländische Fibel des 8. Jh.

(Nerman Verbindungen Fig. 42) geliefert. Die Fundumstände sind nicht bekannt, jedoch spricht Fr. Kruse (Necrolivonica, S. 10, 19; Beil. D, S. 3 ff.) wiederholt von Hugelgräbern mit Leichenbrand. Da nun diese Grab- und Bestattungsform der kurischen Kultur in der römischen Eisenzeit fremd war, känn man vermuten, dass hier später ein skandinavisches Hiigel- gräberfeld angelegt worden ist. Es konnte sich aber auch um einen Einzelfund handeln, obwohl einige der in Kapséde ge- hobenen Perlen an diejenigen von Grobina erinnern, wie z. B.

Moora, Eisenzeit in Lettland I, Taf. XXVIII: 32, vielleicht auch 30 und 31.

In der Nähe dieses Gräberfeldes, etwa 2 km westlich davon und etwa 6 km nord-westlich von Grobina (s. Karte Fig. 1), liegt ein ungewöhnlich grosser Findling, von den Einwohnern

»der Grosse Stein» (Dizakmens) genannt. Wenn nun H. Schuck seinerzeit (vgl. Nerman Verbindungen, S. 12, Anm. 1) die Sysla, die König Yngvarr mit Krieg heimgesucht hat, ins Gebiet am Frischen Haff verweisen konnte, wäre es jetzt nicht näher- liegend, den Ort »at Steini» hier anzunehmen? Hierfiir sprache die allgemeine Erwägung, dass in einem von Schweden be- siedelten Gebiet auch der schwedische Ortsname entstanden sein känn, und zwar in einer Gegend, wo grosse Felsenblöcke die grösste Seltenheit darstellen.

7. Hof Rolava, Gem. TäSi

Diese Stelle liegt etwa 5 km nord-östlich von Grobina, am

Rande des Urstromtales der Älande, an der ja auch die Gräber-

felder 1 und 2 liegen. Von hier besitze ich nur die aus einem

Reisebericht des ehemaligen Direktors des Historischen Mu-

seums M. Silins stammende Angabe, dass in der Nähe des Gutes

Aschenurnen gefunden worden seien. Diese Angabe känn aber

nur auf direkter Beobachtung beruhen, da in diesem Gebiet

Aschenurnen nur in Steinhiigelgräbern vorzukommen pflegen,

solche aber nicht erwähnt sind. Es ist deshalb nicht ausge-

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schlossen, dass es sich hier ebenfalls um ein skandinavisches Gräberfeld handelt.

8. Hof Sauslauki, Gem. Durbe

Dieses Flachgräberfeld liegt etwa 15 km östlich von Grobina und 4 km siidlich von der Stadt Durbe. Die von hier stam- menden Funde sind bei der Aushebung der Gräber auf dem neuzeitlichen Kirchhof zutage getreten. Das Gräberfeld liegt im wesentlichen innerhalb des jetzigen Friedhofes, doch biidet der Raum vor dem Tor desselben geniigend Platz fiir Versuchs- grabungen, die leider nicht bemacht worden sind. Von hier sind mehrere Funde vom skandinavischen Typus bekannt, die von B. Nerman in »Verbindungen» verzeichnet worden sind:

eine gotländische Dosenfibel des 8. Jh. (Nerman Fig. 44), eine ebenfalls gotländische Schnalle aus derselben Zeit (Nerman

Fig. 46), ein Schwert von Petersens B-Typus (Nerman S. 64) und ein anderes vom skandinavischen Haupttypus, jedoch eine lokale Sonderform (Nerman S. 69, Fig. 58). Es steht gewiss ausser Zweifel, dass hier mit einem gotländischen Gräberfeld vom Typus Smukumi zu rechnen ist.

Somit war das skandinavische Siedlungsgebiet im 7.-—9. Jh.

nicht nur auf die Umgegend von Grobina bzw. auf die zwei, wenn auch umfangreichen, Gräberfelder allein beschränkt, son- dern nahm einen geschlossenen Raum von etwa 100 km 2 ein und besass einen 15 km vom Zentrum entfernten Ableger bei Durbe.

Nach dieser Feststellung ist wohl anzunehmen, dass die See- burg, die ja in Grobina angenommen werden muss, nicht allein das Zentrum eines Handels- und Herrschaftsgebietes, sondern auch der Mittelpunkt einer mit Gotland und Schweden in un- unterbrochener Verbindung stehenden Kolonie gewesen ist. Die unzweifelhaft kleineren Gräberfelder (Nr. 3—6, vielleicht auch Nr. 7) zeugen davon, dass es sich dort um Siedlungen einer ackerbautreibenden Bevölkerung handelt. Uber das Verhältnis der Kolonie zu der einheimischen Bevölkerung, den Kuren, lässt sich vorläufig nichts Bestimmtes sägen, denn es sind nur wenige kurische Funde dieser Zeit aus dem behandelten Gebiet bekannt.

211

(9)

Auch in den Ortsnamen dieses Gebietes, welches vor 600 n. Chr. von den K u r e n besiedelt gewesen w a r und seit dem 9. J h . von ihnen neu besiedelt w u r d e , sind keine Spuren alt- nordischer Namen erhalten, denn der von R i m b e r t g e n a n n t e Name »Seeburg» ist spurlos verschwunden bzw. durch den baltischen »Grobina» ersetzt worden. Der Name der zweiten von R i m b e r t e r w ä h n t e n kurischen B u r g — Apulia — ist baltischer Herkunft und häftet bis auf den heutigen Tag an

dem auf litauischem Gebiet gelegenen Städtchen Apole, eben weil dieser Ort ausserhalb der Kolonie, auf dem u n u n t e r - brochen und ausschliesslich von K u r e n besiedelten Gebiet ge- legen war.

Trotzdem also jegliche Spuren der ehemaligen skandina- vischen Kolonisten in der Toponymik des Gebietes fehlen (vgl. V. Kiparsky, Die Kurenfrage, Helsinki 1939, K a r t e 5), scheint sich doch ein sprachliches Zeugnis der Nachbarschaft der Balten und Skandinavier erhalten zu haben, und zwar eigenartigerweise in den Namen fiir »Deutschland» — lettisch:

Väca, litauisch: Vökio.

Fiir diesen seinem U r s p r u n g nach rätselhaften Namen h a t K. Euga eine D e u t u n g vorgeschlagen, wozu sich J. Endselin in K. Miihlenbachs Lettisch-deutschem Wörterbuch Bd. IV, Riga 1929—1932, S. 490 folgendermassen geäussert hat: »Die U b e r - einstimmung [des lett. Väca] mit lit. Vökia zeigt, dass dieses Wort den L e t t e n schon vor der Ankunft der Deutschen in L e t t - land b e k a n n t war, als die Letten noch keine Beziehungen zu Deutschland hatten. Und das lettische Volkslied stellt sich zu- weilen die Väca als westlich h i n t e r dem Meere befindlich vor.

Buga (Kalba ir senové I, Kaunas 1922, S. 202 ff.) bezieht es daher auf den Volksnamen Vagoth bei J o r d a n e s u n d sucht die Vagoth, diesen N a m e n auf Väk[ia]-goth zuriickfiihrend, im siid-östlichen Schweden. Und Setälä e r i n n e r t brieflich an finn.

Voionmaa »Gotland», wo vo(i)io- auf vöio- < voyio (: vökio)- zuriickgehen könne.» Wie m a n sieht, s t i m m t die Hypothese

K. Bugas vorziiglich mit dem archäologischen Befund iiberein, besonders w e n n m a n das Hauptgewicht auf den Hinweis Setälä's verlegt.

Der S t a m m e s - bzw. Heimatsname der gotländischen Kolo-

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Fig. 4. Schildkrötenfibel (aus Kan- dava?)

nisten hat sich demnach so fest bei den Letten und Litauern ein- gebiirgert, dass ihre etwa 400 Jah- re später erfolgte Bekanntschaft mit den Deutschen ihn nicht mehr

verdrängen konnte, und er auf diese neuen Ankömmlinge von der Ubersee iibertragen wurde.

Zur Aufrechterhaltung dieser Tradition haben gewiss die Jahr- hunderte währenden Verbin- dungen der Kuren mit Gotland vieles beigetragen.

Von neuen Funden aus der spä- ten Wikingerzeit känn ich zu- nächst eine Schildkrötenfibel be- kannt geben, ohne aber ihren Fundort sicher angeben zu kön- nen: vermutlich stammt sie aus Kandava bei der Abava. Die

Fibel (Fig. 4) ist Petersens Typus 51, steht den Varianten b und k am nächsten, ist aber weder mit diesen noch mit anderen genau ubereinstimmend, zeigt vielmehr die sonst wenig ver- breitete Eigenart, dass auch ihre Knöpfe verziert sind. Petersen datiert den Typus zwischen 900 und 1000. Eine sehr ahnliche Fibel war schon fruher aus Lettland bekannt: sie stammt aus Uzava (Hasau), vgl. Nerman Verbindungen Fig. 138.

Eine viel grössere Bedeutung ist aber einem anderen Fund- komplex beizumessen, von dem ich leider keine Abbildungen geben känn. Die Fundstelle desselben liegt auf dem rechten Ufer der Venta (Windau), etwa 35 km von der Miindung des Flusses in die Ostsee entfernt. Hier, beim Hof Priednieki, Gem.

Zlékas, ist etwa in den Jahren 1932—1935 eine Anzahl von Brandgrabfunden zutage getreten: mehrere doppelschalige Schildkrötenfibeln, Schwertbruchstiicke, Trensen u. a. Gegen- stände, die alle deutliche Einwirkung des Feuers zeigten. Dass sie skandinavischer Herkunft sind, steht ausser Zweifel.

Bei einem Besuch des Fundortes etwa im Jahre 1935 ver-

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(11)

weigerte mir der Hofbauer jede Aufklärung iiber die Fund- stelle und erlaubte mir auch keine Nachgrabungen in seinem Gemiisegarten vorzunehmen, wo ich die Gräber zu finden ver- mutete. Es blieb mir nichts anderes iibrig als auf dem etwa 10 m hohen Flussufer, wo iiberall bis 1 m tief eine Kultur- schicht sichtbar war, Versuchsgrabungen vorzunehmen. Es ge- lang mir dabei, die Ecke eines Hausgrundrisses zu erfassen; die Wand war aus einem 0,75—1,00 m breiten Erd- und Steinwall gebildet, der allerdings nur in seinen untersten Lagen erkannt werden konnte. In der mächtigen dariiber lagernden Kultur- schicht wurden vorgeschichtliche Tonscherben gefunden, iiber deren Beschaffenheit ich z. Z. nichts Bestimmtes sägen känn, ausserdem einige angeschmolzene Bronzefragmente, Ketten- ringe und Blechstiicke. Aus diesen spärlichen Angaben känn zunächst gefolgert werden, dass am Fundort ein skandina- visches Gräberfeld des 10.—11. Jh. sich befunden hat, das erste in Lettland sicher nachgewiesene. Es ist weiter anzunehmen, dass neben dem Gräberfeld eine Wikingersiedlung gelegen hat, obwohl die Probegrabungen hierfiir nur Andeutungen geliefert haben.

Zur Lage der postulierten Siedlung känn folgendes gesagt werden. Sie befindet sich in einer 1—2 km breiten und etwa 6 km langen waldlosen Niederung; das erhöhte Ufergelände wird bogenförmig durch eine Kette von Wiesen, Tiimpeln und Bächen umsäumt, die vielleicht einst einen mehr oder weniger wirksamen Schutz der Siedlung gebildet haben, da sie un- zweifelhaft den Rest des alten Flussbettes darstellen. Ausser 2 kurzen, nördlich von der »schwarzen Erde» gelegenen, west- östlich verlaufenden Diinenziigen sind hier keine Reste von Wehranlagen vorhanden. Hinzuzufiigen wäre noch, dass schräg gegenuber der angenommenen skandinavischen Siedlung, etwa 750 m entfernt, das bisher ergiebigste kurische Brandgräber- feld von Pasile (Passilln) gelegen ist.

Dass die Venta und ihr Nebenfluss Abava von den Wikingern

oft befahrene Ströme gewesen sind, zeugen die zahlreich en

Wikingerfunde, die hier geborgen und von B. Nerman in Ver-

bindungen Fig. 85, 109, 145 und 148 kartiert sind. Die Ver-

dichtung derselben ist aber durch die im Kartenausschnitt

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nskanc/.S/ed/ung O-skandFibetfunde +kurische Gräberfelder A Burgberge

Fig. 5. Vorgeschichtliche Fundstållen in der Umgebung der skandinavischen Sied- lung bei Priednieki.

Fig. 5 verzeichneten kurischen Burgberge und Gräberfelder zu erklären, denn die Handels- wie die machtpolitischen Interessen der Wikinger konnten sich ja nur in einem mehr oder weniger dicht besiedelten Raum auswirken. Von den auf derselben Karte vermerkten Fundorten sind die von Uzava (Hasau) und Cirkale (Zirkaln) besonders hervorzuheben, weil auch dort wikingischer Frauenschmuck ohne Verbindung mit kurischen

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• skand. Fundstätten des 7-9Jhs.,skand. O Fibeln und \ Waffen des 10-11Jhs.

Fig. 6. Vbersichtskarle der skandinavischen Fundstätten und Funde in Lettland.

Funden gehoben worden ist: es konnte sich vielleicht um 2 weitere skandinavische Gräberfelder handeln. Denn — und das ist ausschlaggebend ftir die ethnische Zuweisung aller be- handelten Fundstellen — man hat noch nie in sicheren Fundkombinationen einheimische Funde mit skandinavischem Schmuck, wohl aber mit skandinavischen Waffen zusammen gefunden. Während diese auf Handelsverkehr, durfte jener auf Siedlungsumstände hindeuten. Methodisch ist diese Schluss- folgerung anfechtbar, ihren heuristischen Wert besitzt sie trotzdem. Von diesem Ståndpunkt aus betrachtet, wären fol- gende Funde skandinavischen Schmuckes zu priifen (vgl. Karte Fig. 6):

1. Dolessala (Dahlenholm), 2 Fibeln (Nerman Verbindungen Fig. 137).

2. Märtinsala (Burg Holme), Unterplatte einer Fibel (ibid.

S. 134).

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3. Live (Diinhof), 2 Fibeln (ibid. Fig. 37 und 141).

4. Lielvärde (Lennewarden), 2 Fibeln (ibid. Fig. 140).

5. Aizkraukle (Ascheraden), 1 Fibel (ibid. Fig. 141), 1 Fibel (wie MB1. 1877, Fig. 32) und die Unterplatte einer Fibel.

6. Uzava (Hasau), 1 Fibel (Nerman Verbindungen Fig. 138).

7. Cirkale (Zirkaln), 2 Fibeln (ibid. Fig. 142).

8. Kandava (Kandau)?, 1 Fibel (Fig. 4).

Aber unabhängig vom eventuellen Ergebnis dieser Nach- priifung zeigt die Karte Fig. 6 eine bemerkenswerte Verlage- rung der skandinavischen Fundorte: von einem geschlossenen Siedlungsgebiet in Westkurland in der Vendel- und friihen Wikingerzeit auf die grossen Wasserwege Daugava (Diina), Venta (Windau) und Gauja (Livl. Aa) in der späten Wikinger- zeit: der Wiking hat den Kolonisten abgelöst.

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