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Sicherheit von Kindern im Kraftfahrzeug. Einsatz von Rückhalteeinrichtungen für Kinder in Schweden

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(1)

V [särtryck

166

1991

Sicherheit von Kindern im Kraftfahrzeug

Einsatz von Räckhalteeinrichtungen fär

Kinder in Schweden

Thomas Turbell

Sonderdruck aus Unfall und Sicherheitsforschung

StraBen-verkehr, Heft 81, 1990, s 13 21

_Vag-06/1 "af/If

Statens väg- och trafikinstitut (VTI) . 581 01 Linköping

(2)
(3)

VTIsärtryck

166

1991

Sicherheit von Kindern im Kraftfahrzeug

Einsatz von Räckhalteeinrichtungen fär

Kinder in Schweden

Thomas Turbell

Sonderdruck aus Unfall und Sicherheitsforschung

Straw/Sen-verkehr, Heft 87, 1990, s 13 21

(db

!

? Väg-UCI) Hf/l!- Statens väg- och trafikinstitut (VT/) ' 581 07 Linköping

(4)
(5)

Thomas Turbell

Swedish Road and Traffic Research Institute (VTI), Linköping, Schweden

Sicherheit von Kindern im Kraftfahrzeug

-Einsatz von Riickhalteeinrichtungen fiir

Kinder in Schweden

Zusammenfassung

Der vorliegende Bericht beschreibt die Entwicklung von Riickhaltesystemen in Schweden fiir im Auto mitgenommene Kinder. Die einschlägige Unfallstatistik, Gesetzgebung, Ge-nehmigungsvorschriften, AufklärungsmaBnahmen und die Wirksamkeit unterschiediicher Konzeptionen werden erör-tert. Leihsysteme fiir Babytragetaschen und riickwärts

ge-richtete Kindersitze, die in Schweden z. 2. noch als einzigar-tig gelten, werden vorgestellt und beschrieben.

1 Einfiihrung

Die Sicherheit von Kindern in Kraftfahrzeugen war in den ver-gangenen 25 Jahren ein Schwerpunktthema fiir eine Reihe von schwedischen Wissenschaftlern und auch fiir die Ver-kehrssicherheitsbehörden. Der vorliegende Bericht ver-sucht, die in diesem Zeitraum gemachten Erfahrungen

zu-sammenzufassen.

2 Statistik

2.1 Schwedische Daten

Grundlegende Daten Liber Schweden (1988):

Bevölkerung 8 436 000 Personen kraftwagen 3 482 656 Unfalltote 813 U nfalltote (Fahrzeuginsassen) 494 Die folgende nach Jahren gegliederte Tabelle zeigt die Zahl der als Fahrzeuginsassen tödlich verungliickten Kinder in den einzelnen Altersklassen.

Altersklassen Gesamtzahl < 1 1 3 4-6 7-9 10 12 13-14 0-14 1972 5 5 7 9 3 6 35 1973 1 4 4 2 6 8 25 1974 3 5 8 3 3 2 24 1975 4 3 6 2 0 8 23 1976 2 2 12 8 2 11 37 1977 3 1 3 1 9 9 26 1978 1 2 6 4 7 5 25 1979 0 5 7 5 5 6 28 1980 3 8 5 1 2 5 24 1981 3 3 9 5 2 3 25 1982 6 1 1 4 4 1 17 1983 1 4 2 2 3 2 14 1984 1 4 2 1 5 4 17 1985 0 2 4 3 5 3 17 1986 1 2 1 1 1 1 7 1987 O 1 7 1 5 4 18 1988 0 3 2 3 3 5 16 1989 1 6 8 2 3 8 28 1990 2 4 1 2 0 1 10 (1990 = Jan Jun)

Tabelle 1: Tödlich verungliickte Kinder als Kfz-Insassen, Schweden (1972 90)

Aus der Tabelle geht hervor, daB die tödlichen Unfälle im Laufe der Jahre abgenommen haben. Dies trifft

insbeson-dere auf Kleinstkinder zu, bei denen das später

beschrie-bene Leihsystem fiir Einrichtungen, in denen Säuglinge lie-gend befördert werden, seit seiner Einfiihrung im Jahre 1983 zu einschneidenden Veränderungen gefiihrt hat. Auch die Benutzungsrate zeigt einen stetigen Anstieg sowohl fiir Si-cherheitsgurte als auch andere Riickhaltesysteme fiir Kin-der. Dies ist auf einige der in der folgenden Tabelle beschrie-benen gesetzgeberischen und andere MaBnahmen

zuriick-zufiihren.

1983-09 Benutzungsrate 18% Werbekampagne fiir den Gurt

1984-09 Ben utzungsrate 30°/o 1 985-09 Ben utzu ngsrate 34% 1986 06 Ben utzu ngsrate 40% Gurtanlegepflicht auf Räcksitzen fiir Erwachsene 1986-07 Ben utzu ngsrate 53% 1 986-09 Ben utzu ngsrate 62% 1987 09 Ben utzungsrate 69°/o Benutzungspflicht fiir

Kinderriickhalte-Sicherheitseinrichtungen

1988-04 Ben utzu ngsrate 80% 1 988 09 Ben utzu ngsrate 79% 1989 09 Ben utzu ngsrate 81 % Tabelle 2: Gurtbenutzungsraten bei Kindern in Abhängigkeit von

einigen wichtigen MaBnahmen

Trotz dieser positiven Entwicklung ist ein Anstieg der Ver-kehrstoten in jiingster Zeit erkennbar. Diese Unfälle werden zur Zeit von Tingvall [16] untersucht. Die vorläufigen Ergeb-nisse deuten darauf hin, daB

etwa 50% der getöteten Kinder nicht gesichert waren, - etwa 25% der Riickhalteeinrichtungen nicht vorschrifts

mäBig benutzt worden waren,

- ein groBer Teil der Kinder Einwandererfamilien angehörte. Dies wirft ein Licht auf die Hauptprobleme, mit denen wir uns in der Zukunft beschäftigen miissen. Durch die gesetzlich vorgeschriebene Sicherungspflicht fiir Kinder kann zwar die allgemeine Benutzungsrate im Verkehr gesteigert werden, die unfallträchtigsten Gruppen werden auf diesem Wege je-doch nicht erreicht. Notwendig wären ein stärkeres Durch-greifen der Polizei und bessere Aufklärung, insbesondere der Gruppen, die zu den Minderheiten zählen.

2.2 Internationaler Vergleich

Auf Grund unterschiedlicher Verkehrsbedingungen, unter-schiedlicher Definitionen usw. sind Vergleiche mit anderen Ländern schwierig. Eine Möglichkeit der Beschreibung der Situation von Kindern in verschiedenen Ländern ist die Be-rechnung der Sterblichkeitsziffer, definiert als das Risiko, als Fahrzeuginsasse getötet zu werden (bezogen auf 1 Million Kinder der relevanten Altersklasse (unter 6 Jahren). Aus der Statistik der Vereinten Nationen aus dem Jahre 1989 [1] erge-ben sich die folgenden Ziffern (Mittelwerte fiir 1985 87):

(6)

14

Getötete Einwohner Rate

Frankreich 117 4554 25,7 USA 539 21 729 24,8 Dänemark 6 320 18,8 Finnland 7 385 18,2 Spanien 52 2 906 17,9 Österreich 9 539 16,7 Ungarn 12 771 15,6 Belgien 10 729 13,7 Bundesrepublik Deutschland (BRD + DDR) 54 4966 10,9 Norwegen 3 310 9,7 GroBbritannien 41 4404 9,3 Griechenland 7 772 9,1 Niederlande 8 1 059 7,6 Schweden 4 584 6,8

Tabelle 3: Jährliche Todesrate (bezogen auf 1 Million Kinder unter 6 Jahren)

Da, wie die Tabelle zeigt, die Zahl der Todesfälle in einigen Ländern niedrig ist, reagiert die Sterblichkeitsziffer sehr

emp-findlich auf Schwankungen. Trotzdem ist die

SchluBfolge-rung möglich, daB das Risiko, als Fahrzeuginsasse getötet zu werden, in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich ist.

3 Gesetzgebung

Zur Verbesserung der Sicherheit von Kindern in Kraftfahr-zeugen wurde in Schweden eine Reihe von gesetzlichen MaBnahmen ergriffen. Die wichtigsten Vorschriften lauten wie folgt:

Gtiltig ab 1. 1. 1975:

Einbaupflicht fiir Dreipunktgurte auf allen Sitzen in Neuwa-gen. Anschnallpflicht ftir Erwachsene (älter als 14 Jahre) auf den Vordersitzen von Personenkraftwagen.

Gtiltig ab 1. 7. 1986:

Anschnallpflicht ftir Erwachsene auf den Rticksitzen von Per-sonenkraftwagen.

Gtiltig ab 1. 4. 1988:

Sicherungspflicht ftir Kinder auf allen mit Gurten ausgestat-teten Sitzplätzen. Bis zum Jahr ihres 6. Geburtstages sind

Kinder mit den ftir sie vorgeschriebenen Rtickhalteeinrich-tungen zu sichern.

Gtiltig ab 1. 1. 1990:

Kinder-Rtickhalteeinrichtungen, die nach dem obengenann-ten Stichtag hergestellt werden, unterliegen der Genehmi-gungspflicht der ECE-Regelung Nr.44 oder mtissen die schwedischen Anforderungen erfiillen. Diese Rtickhalteein-richtungen dtirfen nur gemäB den Bestimmungen der Ge-nehmigung benutzt werden.

4 Genehmigung

4.1 Genehmigung gemäB der ECE-Regelung

ln Europa und Schweden wird die ECE-Regelung Nr. 44 [2] mittlerweile auf breiter Basis angewandt. Mit der Regelung wurde die Absucht verfolgt, eine gemeinsame und ftir alle

Sei-ten gultlge Regelung ftir alle Typen von

Kinderriickhaltesy-stemen einzuftihren. Eine Schwierigkeit in diesem Zusam-menhang ist die Tatsache, daB immer wieder neue

Rtickhal-tekonzeptionen vorgestellt werden und von den Autoren der

Regelung nicht erwartet werden konnte, das Geschehen auf

dem Markt vorauszusehen. Angesichts des komplizierten

und zeitraubenden Verfahrens bei Nachträgen oder

Relungsergänzungen ergeben sich damit Nachteile beim

ge-genwärtigen Verfahren. Dennoch ist festzustellen, daB sich

die Regelung bewährt und bei den europäischen Produkten zu beträchtlichen Qualitätsverbesserungen geftihrt hat.

Die Regelung unterscheidet zwischen den folgenden Arten von Rtickhalteeinrichtungen ftir Kinder:

Eine ,,integrierte Art , bei der Gurte und Sitz eigens in das

Rtickhaltesystem integriert worden sind, 2. B. Sicherheits-sitz ftir Kinder.

Eine ,,nicht integrierte Art , bei der die Erwachsenengurte zur Sicherung des Kindes benutzt werden und die Rack-halteeinrichtung, z.B. ein Kissen, dem Höhenausgleich client.

AuBerdem wird zwischen folgenden drei Kategorien unter-schieden:

,,Universalkategorie , die nur an den unteren

Veranke-rungspunkten des Sicherheitsgurtes befestigt zu werden

braucht.

,,Semiuniversalkategorie", bei der zusätzliche Veranke-rungspunkte benötigt werden.

- ,,Spezialkategorie", mit speziellen, ftir bestimmte

Fahr-zeugtypen vorgesehenen Verankerungen.

ln der Regelung werden vier Altersklassen wie folgt definiert: Klasse 0 0 10 kg 0 1 Jahr

Klasse 1 9 18 kg 1- 3 Jahre Klasse 2 15 25 kg 3 6 Jahre Klasse 3 22 36 kg 6 10 Jahre

Die Regelung schreibt 5 Prtifpuppen der folgenden Ge-wichtsklassen vor: 3, 9, 15, 22 und 32 kg. Zur Erlangung der Genehmigung ist ein dem Alter entsprechendes Rtickhalte-system einer Prtifung mit Prtifpuppen der niedrigsten und höchsten Gewichtsklasse zu unterziehen. Der wichtigste Test

Abb. 1 : Dynamische Prtifung nach ECE R44

ist die dynamische Prtifung an einem standardisierten

Prtif-sitz bei Frontalaufprall mit einer Geschwindigkeit von 50km/h. Das wichtigste Prtifkriterium ist dabei die

(7)

resultie-rende Beschleunigung max. 559/3 ms und die Vertikalbe-schleunigung max. 309/3ms erreichen darf. Ein Nachweis der Kopfbeschleunigungen und der Halsbelastungen ist nicht erforderlich. AuBerdem gibt es Anforderungen an die

max. Kopfverschiebung und Submarining. Anforderungen

fiir Einzelkomponente, Verschliisse usw., Einbauanleitungen sind ebenfalls Teil der Regelung.

Nach der jiingsten Erhebung des VTI [3] Iiegt die Zahl der in den einzelnen Ländern erteilten Genehmigungen wie folgt:

Bundesrepublik Deutschland (E 1) 7 Niederlande (E 4) 125 Schweden (E 5) 54 GroBbritannien (E 11) 19 Europa insgesamt 205

In den verschiedenen Altersklasse Iiegt die Zahl der fiir die verschiedenen Systemarten erteilten Genehmigungen bei:

Klasse 0:

nach hinten gerichtete Systeme 34 Riickhalteeinrichtungen (Babytragetasche) 7 insgesamt 41 Gruppe I:

nach vorn gerichtete Kindersitze 43

nach hinten gerichtete Kindersitze 16

Kissen fiir den Höhenausgleich (Polsterung) 21 AufpralIschutzeinrichtungen 26 insgesamt 106 Gruppe ll:

nach vorn gerichtete Kindersitze 5

Kissen fiir den Höhenausgleich (Polsterung) 71

Aufprallschutzeinrichtungen 5 Gurte 3 insgesamt 84 Gruppe III:

Aufprallschutzeinrichtungen 1 Kissen fiir den Höhenausgleich (Polsterung) 35 Gurte 2

insgesamt 38

Die folgenden Daten beziehen sich auf

Regelungsänderun-gen und die Einfiihrung der Regelung in den europäischen

Ländern:

3. 4. 1975

Aufnahme der Arbeit am Regelungsentwurf durch eine

Ar-beitsgruppe.

1. 2. 1981

inkrafttreten der Regelung Nr. 44. Einfiihrung (Anwendung) in den Niederlanden (E 4). Einfiihrung (Anwendung) in GroB-britannien (E 11).

24. 5. 1981

Einfiihrung (Anwendung) in Dänemark (E 18). 13. 6. 1981

Einfiihrung (Anwendung) in Schweden (E 5). 17. 11. 1982

Inkrafttreten der Änderung 01. Regelungsergänzung durch zusätzliche Erläuterungen von Gurtsystemen. Einfiihrung (Anwendung) in Belgien (E 6). Einfiihrung (Anwendung) in der Tschechoslowakei (E 8).

3. 2. 1984

Einfijhrung (Anwendung) in Rumänien (E 19). 23. 3. 1984

Einfiihrung (Anwendung) in der Bundesrepublik Deutsch-land (E 1).

1. 5. 1984

Einfiihrung (Anwendung) in Luxemburg (E 13).

4. 4. 1986

Inkrafttreten der Änderung 02. Regelung wird durch die

Gruppe O ergänzt.

28. 7. 1987

Einfiihrung (Anwendung) in Österreich (E 12).

8. 11. 1987

Inkrafttreten der Ergänzung 1 zu den Bestimmungen der Än-derung 02.

21. 2. 1988

Einfiihrung (Anwendung) in Norwegen (E 16). 15. 11. 1988

Einfiihrung (Anwendung) in Ungarn (E 7). 29. 1. 1989

EinfiJhrung (Anwendung) in Italien (E 3). lnsgesamt wird die Regelung in 13 Ländern angewandt.

28. 2. 1989

Inkrafttreten der Ergänzung 2 zu den Bestimmungen der Än-derung 02.

4.2 T-Genehmigung

Eine schwedische Genehmigung, die sog. ,,T-Genehmi-gung", aus dem Jahre 1975 stimmt im wesentlichen mit der

ECE-Genehmigung iiberein. Der wichtigste Unterschied bei

der T-Genehmigung besteht darin, daB die

Kopfbeschleuni-gung der Priifpuppe gemessen wird, wobei die resultierende

Kopfbeschleunigung den Höchstwert von 509/ 3 ms nicht iiberschreiten darf. Die vertikale Kopfbeschleunigung, die als

(8)

16

MaB ftir die GröBe der HaIsbelastung betrachtet wird, darf ZOg/ 3 ms nicht iiberschreiten. Bisher haben nur röckwärts gerichtete Kindersitze diesen Anforderungen entsprochen. Bis 1989 wurden 24 diesen Anforderungen entsprechende Genehmigungen erteilt, von denen 7 noch in Kraft sind.

5 Aufklärungskampagnen

In den späten siebziger Jahren hat das

Verkehrssicherheits-btiro (TSV) seine Anstrengungen zur Aufklärung der

Öffent-Iichkeit ber die Sicherheit von Kindern in Kraftfahrzeugen

intensiviert. Auch andere Organisationen wie die Nationale

Verkehrssicherheitsgesellschaft (NTF) und der Nationalrat fiir Verbraucherfragen (IO/) beteiligten sich mit der Heraus-gabe von Werbematerial und Marktstudien. Vor lnkrafttreten der Sicherungspflicht fiir Kinder im Jahre 1988 wurde vom TSV eine Kampagne durchgefiihrt, die sich wie folgt zusam-mensetzte:

gedrucktes Informationsmaterial fiir Eltern von Kindern bis

zu 15 Jahren (etwa 1 Million), Anzeigen in den Tageszeitungen,

- Anzeigen im offiziellen Nachrichtenblatt fiir Einwanderer

(dieses geht in den entsprechenden Sprachen an alle Ein-wanderer),

Versand von Plakaten an Kinderkliniken, Kindergärten, Verbraucherstellen usw.,

3 TV-Werbespots,

5 verschiedene Pressemitteilungen.

Abb. 2: Typisches Bild einer Aufklärungskampagne

Es ist jedoch wichtig, im Auge zu behalten, daB gelegentliche

Aktionen dieser Art in ihrer Wirkung begrenzt bleiben. Es kom-men immer wieder neue Elternpaare hinzu, so daB der

Informa-tionstuB nicht unterbrochen werden sollte. Zum Teil wird dies durch die mit den Leihprogrammen der Krankenhäuser verbun-denen Informationen erreicht. Seit lnkrafttreten der

Siche-rungspflicht fiir Kinder im Jahre 1988 haben die

Aufklärungsbe-mtihungen abgenommen. Dies ist wahrscheinlich eine der möglichen Erklärungen fiir den Anstieg der Zahl tödlich verun-gliickter Kinder in den vergangenen Jahren.

6 Räckhalteeinrichtungen fiir Kinder

In einer der Untersuchungen des VTI aus dem Jahre 1983 [4]

wurde eine Auswahl weltweit benutzter

Kinderriickhalteein-richtungen gepriift und bewertet. Zweck dieser Untersu-chung war, Ergänzungen zur ECE-Regelung Nr. 44 vorzu-schlagen, damit auch diese Einrichtungen in der Regelung Beriicksichtigung finden. Während des Ergänzungsverfah-rens wurden einige Babytragetaschen durch das VTI emp-fohlen und der Import von ein paar Systemen eingeleitet. Da diese Systeme in Anbetracht der kurzen Benutzungszeit

etwa 9 Monate relativ teuer sind, wurde die Einfiihrung

ei-nes Leihsystems vorgeschlagen. Der Leitgedanke war, ent-sprechende Einrichtungen auf den Säuglingsstationen von Frauenkliniken vorzuhalten, so daB Säuglinge mit der ent-sprechenden Riickhalteeinrichtung gesichert die Klinik

ver-Iassen.

Abb. 3: Babysitze werden meist kostenlos ausgeliehen

In Schweden liegt der Gesundheitsdienst bzw. die ärztliche

Betreuung in den Händen der 23 Bezirksräte und 3 Gemein-destellen. Der Bezirksrat von Värmland startete ein solches

Leihprogramm im Jahre 1983, dem schnell andere Bezirke folgten. Die Zahl vorgehaltender Sicherheitssitze fiir Kinder im Rahmen dieses Leihprogramms lag 1985 [5] bei rund 21 000 und hatte1988 rund 84 000 [6] erreicht. Die Zahl

Neu-geborener pro Jahr liegt bei knapp ber 100 000, die mittlere

Benutzungszeit ftir die Kindersitze bei ca. 9 Monaten, so daB sich ein Gesamtbedarf von etwa 80000 Einheiten ergibt. Ob-wohI regional gelegentlich Engpässe möglich sind, ist es grundsätzlich so, daB allen Neugeborenen in Schweden mitt-lenNeile eine entsprechende Riickhalteeinrichtung angebo-ten werden kann. Zur Zeit wird die Benutzungsrate auf 88%

geschätzt. Meist ist dieses Angebot völlig kostenfrei; einige

Bezirksräte arbeiten mit einem Pfandsystem bzw. verlangen eine geringfiigige Leihgebiihr. Die Höchstgebiihr fiir den ge-samten Leihzeitraum liegt bei 100 SEK (etwa 30 DM). Neben dem Hauptziel dieser Bemiihungen Schutz der Kin-der im Auto während des ersten Lebensjahres wird auf diese Weise auch angestrebt, die Eltern (Familien) an diese Systeme zu gewöhnen. Aus einer Untersuchung des VTI im Jahre 1986 [7] ging hervor, daB 90% der Familien, die sich am Leihprogramm beteiligt hatten, neue Kindersitze kauften,

nachdem sie die Babytragetaschen zurtickgegeben hatten.

Informationen werden als wichtiger Bestandteil des

Leihpro-grammes gesehen. So erhalten Eltern während der Schwan-gerschaft, während des Klinikaufenthaltes und danach

Infor-mationen in Form von Broschiiren und Videoaufzeichnun-gen. In vielen Fällen verfolgen Kinderbetreuungsdienste

(9)

ak-tiv die von ihnen versorgten Fälle weiter, um sicher zu gehen, daB die richtigen Riickhaltesysteme eingesetzt werden. In der Zwischenzeit ist man auch in den Nachbarländern Schwedens aktiv geworden. Zwei Jahre nach Einfiihrung des Leihsystems in Norwegen (1986) werden bei 75% aller Klein-kinder Babytragetaschen benutzt [8]. In Finnland wird zur

Zeit ebenfalls ein groB angelegtes Programm eingefijihrt.

Es sind zwar einige schwere Verkehrsunfälle bekannt gewor-den, bei denen auch Kinder in Sicherheitssitzen beteiligt wa-ren, aber schwere Verletzungen hat es bei diesen Kindern in keinem der Fälle gegeben.

Als eine Art Fortsetzung des Leihprogrammes fiir Kindersitze

sind jetzt zwei Versicherungsgesellschaften dazu Uberge-gangen, das Vermieten der gesamten Palette von

Kinder-röckhalteeinrichtungen fiir alle Altersklassen in ihr Lei-stungsangebot aufzunehmen.

7 Sicherheitssitze fiir Kinder

Der rijckwärts gerichtete Kindersitz gilt in Schweden als eine der wichtigsten Sicherheitseinrichtungen fiir Kinder in Kraft-fahrzeugen. Das Entwurfsprinzip stiitzt sich auf folgende

Uberlegungen:

Der Körper eines Kindes ist nicht als Miniaturausgabe ei-nes Erwachsenenkörpers anzusehen.

Der Kopf eines Kindes ist relativ groB. Um Uberdehnungen des Halses zu vermeiden, sollten zum optimalen Schutz des Kopfes und der Halspartie die Riickhaltekräfte gleich-zeitig auf den Kopf und den Oberkörper wirken.

Der Darmbeinbereich ist noch nicht weit genug entwickelt,

um die Benutzung eines Beckengurtes zuzulassen. Auch das Brustbein ist noch schwach. Der iibliche Weg der

Kraft-einwirkung Uber eine Kombination aus schmalen Bändern auf der Vorderseite des Körpers fiihrt nicht zur optimalen

Verteilung der Belastungskräfte.

- FrontalzusammenstöBe sind meist Unfälle schwerster Art. Andere Aufprallarten sind weniger häufig; sie treten auch meist bei geringeren Geschwindigkeiten oder

Verzöge-rungsvorgängen auf.

Die ersten Versuche mit einem nach hinten gerichteten

Kin-dersitz wurden von Professor Bertil Aldman anläBlich der 8.

Stapp-Konferenz 1964 vorgestellt [9]. Dank der

Zusammen-arbeit zwischen schwedischen Behörden und den Herstel-Iern ist dies der einzige Typ der Riickhalteeinrichtungen, der seither in Schweden fiir Kinder im Alter zwischen 1 und 4 Jah-ren benutzt wird, und zwar in den meisten Fällen auf dem Bei-fahrersitz. Neben deutlichen Vorteilen aus biomechanischer Sicht bietet dieser Typ auch dem Fahrer die Möglichkeit des

Augenkontakts mit dem Kind und vermeidet so, daB die Auf-merksamkeit des Fahrers unnötig abgelenkt wird. Denn dies

ist der Fall bei Kindern auf dem Riicksitz. Die Möglichkeit, daB ein Kind beim Transport mit dern Räcken zur

Fahrtrich-tung seekrank wird, wird oft von anderen Ländern

einge-wandt. Nach unserer Erfahrung tritt dieses Problem nur sehr selten auf. Eine Studie der Platzwahl in der Metro von Wa-shington, D. C., hat gezeigt, daB Kinder zu 66% und Erwach-sene zur 25% spontan riickwärts gerichtete Sitze wählen [17]. Dies diirfte die Erklärung dafiir liefern, daB Eltern

anzu-nehmen scheinen, Kinder hätten eine Abneigung gegen eine

Plazierung in dieser Richtung.

Abb. 4: Augenkontakt zwischen Kind und Fahrer ist möglich

Die Produktion nach hinten gerichteter Kindersitze begann in

den späten sechziger Jahren. Als zu Beginn der siebziger

Jahre verbesserte anthropometrische Priifungen zur

VerfiJ-gung standen, unternahm das VTl eine Reihe von Untersu-chungen an unterschiedlichen Konzeptionen von Kinder-riickhalteeinrichtungen. Dabei galt die besondere

Aufmerk-samkeit der Kopf- und Halsbelastung, weil der Kopf eines Kleinkindes relativ groB und der Hals noch empfindlich ist. Die Ergebnisse wurden 1974 veröffentlicht [10] und bildeten

die Grundlage fiir das 1975 eingefiihrte schwedische

Geneh-migungsverfahren. Die typischen Halsbelastungswerte

(ver-tikale Kopfbeschleunigung) lagen unter 10g bei den nach

hinten gerichteten Systemen und bei iiber 309 bei den nach vorn gerichteten Systemen. Bei den nach vorn gerichteten Systemen rutschten die Prtifpuppen auch beträchtliche Strecken nach vorn, wodurch es zu hohen Kopfbeschleuni-gungen beim Zuriickfallen der Puppen in den Sitz kam. Au-Berdem kam es vor, daB Puppen in den nach vorn gerichteten Systemen unter dem Beckengurt hindurch nach vorn

rutsch-ten (Submarining).

Bis heute sind mehr als 1000 000 ruckwärts gerichtete

Si-cherheitssysteme fiir Kinder in Schweden verkauft worden. Die Ietzte aus dem Jahre 1982 stammende Zählung [11] weist eine Verkaufsziffer von 300000 Einheiten auf. In den

vergan-genen Jahren wurden jährlich etwa 75000 abgesetzt. Bei

ei-ner Geburtsrate von etwa 100 000/Jahr und reger Tätigkeit auf dem Gebrauchtwarensektor ist dies als positiv anzu-sehen.

(10)

18

Abb. 5: Moderner rtickwärts gerichteter Sitz mit 3-Punkt-Gurt

8 Unfälle mit Kindersitzen

Ungeachtet aller mehr oder minder ausgeklilgelten Testverfah-ren liefert die praktische Bewährung eines Riickhaltesystems im Unfall den eigentlichen Beweis seiner ZweckmäBigkeit. Die schwedischen Erfahrungen mit Unfällen von Pkw, in de-nen Kindersitze eingebaut waren, beschränken sich auf die nach hinten gerichteten Sicherheitssitze fiir Kinder, da nur dieser Typ benutzt wird. ln den 20 Jahren des Bestehens

die-ser Sitze starben 3 Kinder in riickwärts gerichteten Kindersit-zen. Der letzte tödliche Unfall in einem solchen Sitz geschah

im Jahre 1979. Es gab eine Reihe schwerer Kollisionen, bei denen auch rilckwärts gerichtete Kindersitze eine Rolle spiel-ten; in einigen dieser Fälle iiberlebte das Kind als einzige

Per-son den Unfall.

. S. ':

Abb. 6: Einer der schwersten Unfälle, bei dem ein Junge von 18 Monaten keine ernsthaften Verletzungen erIitt

Die potentiell mit nach vorn gerichteten Kindersitzen verbun-denen Gefahren, die 1974 im Laufe der ersten

Untersuchun-gen des VTI beobachtet wurden und AnlaB fiir die

Entwick-lung der nach hinten gerichteten Kindersitze waren, sind in

jiingster Zeit von den Ländern bestätigt worden, in denen

vor-wärts gerichtete Sitze benutzt worden sind.

Forschungsberichte aus GroBbritannien aus den Jahren

1987 und 1988 [12], [13] beschreiben Untersuchungen an 30

Kindern unter 5 Jahren, die zwischen 1972 und 1984 in

Kin-dersitzen tödlich verungliickt sind. Aufgrund des

vorliegen-den Untersuchungsmaterials wurde festgestellt, daB bei die-sen Unfällen in den meisten Fällen Kopfverletzungen die To-desursache gewesen sind, die durch den Aufprall des Kopfes

auf Teile der Fahrgastzelle oder andere Gegenstände im Auto

verursacht wurden. ln verschiedenen Fällen ist es auch zu Knochenbriichen am Hals oder Verrenkungen gekommen. AuBerdem gab es Probleme mit der richtigen Einstellung der Gurtbänder und die Gefahr des Submarining aufgrund feh-Iender Gurtteile, die zwischen den Beinen durchlaufen. Die Verbesserungsvorschläge konzentrierten sich auf Verände-rungen am Fahrzeuginneren. Alternativen wie z. B. nach hin-ten gerichtete Kindersitze fiir Kinder, auBer solchen im Säug-lingsalter, werden in diesen Berichten nicht erwähnt. Zu Beginn des Jahres 1989 wurden 5 Fälle aus Deutschland durch TV-Berichte und Berichterstattungen in den Druckme-dien bekannt [14], in denen Kleinkinder in nach vorn gerichte-ten Kindersitzen schwere Halsverletzungen erlitgerichte-ten, die zu Lähmungen aller vier Extremitäten gefiihrt haben. Diese

Kin-der können ihren Körper unterhalb des Halsbereichs nicht

mehr bewegen. ln einigen Fällen ist auch eine kLinstliche Be-atmung erforderlich.

Die Veröffentlichungen ftihrten zu öffentlichen Diskussionen iiber die Eignung nach vorn gerichteter Kindersitze fiir Klein-kinder. Noch im Jahre 1989 karnen zwei deutsche Berichte heraus [18], [19], die zu diesem Thema Stellung bezogen, und 1990 wurde das Thema noch einmal von verschiedenen Magazinen aufgegriffen. Von einigen deutschen Kindersitz-herstellern sind seither nach hinten gerichtete Sitze auf den Markt gebracht worden. Die Diskussion ist jedoch noch nicht beendet. Selbst wenn sich alle einig sind, daB riickwärts ge-richtete Sitze sicherer wären, gibt es immer noch eine Viel-zahl von Gegenargumenten, 2. B., daB sie schwierig zu hand-haben sind, daB Kinder sich darin unwohl fiJhIen usw. Die schwedische Erfahrung hat gezeigt, daB sich das sicher-ste Sysicher-stem auf dem Markt durchsetzt, sofern die

Öffentlich-keit nur ausreichend ber die Sicherheit verschiedener Sy-steme informiert wird und ihr die Wahl iiberlassen bleibt.

9 Kissen för den Höhenausgleich (Polsterung)

Sobald ein Kind das Alter des nach hinten gerichteten Sitzes hinter sich gelassen hat, etwa im Alter von 3-4 Jahren, kom-men Kissen zusamkom-men mit Erwachsenengurten zum Ein-satz. Die Firma Volvo hat friiher nach hinten gerichtete Kin-dersitze auch fiir Kinder bis zu 6 Jahren angeboten, die Pro-duktion aber leider 1983 eingestellt. Andere Systeme fiir

diese Altersgruppe, z. B. Aufprallschutzeinrichtungen und

Gurte (Kindergeschirr), sind in Schweden nicht marktiiblich. Kissen gibt es in zwei Ausfuhrungen. Da ist einmal der soge-nannte Kissensitz, der aus einem Kissen und einer hohen Riickenlehne besteht. Am Kissen und gelegentlich auch an der Riickenlehne - gibt es Fiihrungsvorrichtungen, um mit Hilfe des Gurtes die richtige Höhe einzustellen. Solche Kis-sen werden normalerweise benutzt, wenn Kinder das Alter

von 6Jahren erreicht haben. lhr Einsatz wirdjedoch nur dann

empfohlen, wenn Kopfstiitzen vorhanden sind. Bei Kissen kann es Probleme mit der richtigen Handhabung geben. Ein-mal kommt es zu Fehlern bei der Gurteinstellung, aber oft

liegt es auch daran, daB sich aus der Form der richtige

Ein-bau nicht so ohne weiteres ablesen läBt bzw. die EinEin-bauanlei-

Einbauanlei-tungen weder ausreichen noch an gut lesbarer Stelle ange-bracht sind.

Nicht vorschriftsmäBige Handhabung hat beim ,,Kombina-tionssitz zu mindestens zwei Todesfällen gefiihrt. Dieser Typ

(11)

#» , We.

Abb. 7: Typische Kinderhalteeinrichtung

eines Kindersitzes wird als konventioneller riickwärts

gerich-teter Sitz fiir die Gruppe 1 hergestellt. Er kann jedoch auch

der inneren Gurtbänder entkleidet und dann als nach vorn gerichteter Kissensitz benutzt werden. Gerade bei dieser

Handhabung ist es vielfach zu Mtierständnissen und Hand-habungsfehlern gekommen.

10 Behinderte Kinder

ln den meisten Fällen eignen sich die gängigen Kinderriick-halteeinrichtungen auch fiir behinderte Kinder. Der gängige Kissensitz eignet sich jedoch nicht ftir Kinder, die sich ohne Stiitzvorrichtung nicht aufrecht halten können. ln Schweden wurde fiir diesen Zweck eine Spezialjacke entwickelt, die an

der Lehne des Kindersitzes befestigt wird. Diese Jacke sorgt fiir die ausreichende Stabilisierung des Kindes, so daB der

Kissensitz zusammen mit dern Erwachsenengurt auch fiir

diese Gruppe benutzt werden kann. Ein anderer Fall bezieht

sich auf Kinder mit Hiiftluxationen, die ber eine gewisse Zeit

auf Spreizvorrichtungen angewiesen sind. Diese Kinder pas-sen einfach nicht in die iiblichen Kindersitze. ln Schweden gibt es Sonderanfertigungen fiir diese Gruppe Kinder. 11 Wirksamkeit von

Kinderriickhalte-systemen

1987 wurde in Schweden eine Untersuchung der

Wirksam-keit von Riickhalteeinrichtungen fiir Kinder veröffentlicht

[15]. Die Untersuchung stutzte sich auf umfangreiches

Mate-rial der Folksam-VersicherungsgeselIschaft und gilt als eine der umfassendsten Untersuchungen iiberhaupt auf diesem Gebiet. Nach vorn und nach hinten gerichtete Kinderr ckhal-tesysteme sowie die Benutzung von Erwachsenengurten fiir Kinder wurden in bezug auf das Verletzungsrisiko und die Verminderung der Verletzungsschwere untersucht. Die zur Verfiigung stehenden Daten bezogen sich auf verletzte sowie unverletzt gebliebene Kinder bei StraBenverkehrsunfällen. Die Verletzungsschwere wurde nach dem AlS bewertet. Als Ergebnis wurde festgestellt, daB Erwachsenengurte und nach vorn gerichtete Riickhaltesysteme zu einer

Verminde-Abb. 8: Spezieller röckwärts gerichteter Sitz fiir Kinder mit

Hijft-luxation

rung des Verletzungsrisikos von etwa 40-50% fiihren, womit

sich eine geringfijgig höhere Wirksamkeit ergibt als bei

Si-cherheitsgurten ftir Erwachsene. Bei der nach dem ISS-Sy-stem bewerteten Verletzungsschwere ergaben sich ebenfalls erhebliche Rtickgänge. Die nach hinten gerichteten Systeme erwiesen sich als erheblich wirksamer (90-950/0) als die nach vorn gerichteten, auch unabhängig vom Alter. Die Wirksam-keit ist wahrscheinlich bei schwereren Verletzungen noch

hö-her anzusetzen. Insgesamt haben sich damit nach hinten ge-richtete Kinderriickhaltesysteme in ihrer Wirksamkeit als die besten aller passiven Sicherheitseinrichtungen in Kraftfahr-zeugen erwiesen.

Eine Untersuchung einer Teilmenge des gesamten Datenma-terials umfaBte 2763 der der VersicherungsgeselIschaft ge-meldeten Unfälle. In allen Fällen befanden sich auch Kinder in den Fahrzeugen. Das Verletzungsrisiko wurde wie folgt festgestellt:

Ungesichertes Kind 15,60/0

Angeschnalltes Kind (Erwachsenengurt) 8,90/0

Kind in nach vorn gerichteter Riickhalteeinrichtung 6,90/0

Kind in nach hinten gerichteter Riickhalteeinrichtung 1,20/o

Das Risiko von 15,60/0 im ungesicherten Fall mag noch als

ge-ring erscheinen, es muB jedoch berticksichtigt werden, daB das Untersuchungsmaterial alle gemeldeten Unfälle umfaBt und damit auch Bagatellunfälle.

Im allgemeinen stellten sich Rtickhaltesysteme in Frontalzu-sammenstöBen als am wirksamsten heraus. Die Wirksamkeit

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20

lag auch bei gröBeren Fahrzeugen höher als bei kleinen. Au-Berdem hat die FahrzeuggröBe einen EianuB auf das Verlet-zungsrisiko gesicherter Kinder.

Verletzungen, die trotz Rtickhaltesystem auftraten, waren bei nach hinten gerichteten Kindersitzen sehr selten; dies wohl

we-gen der sehr hohen Gesamtwirkung dieser Einrichtunwe-gen. So-fern Verletzungen auftraten, waren sie gering, beispielsweise

Abschiirfungen und Schnitte durch herumfliegende Glassplit-ter. Bei den nach vorn gerichteten Systemen sind Verletzungen aller Art aufgetreten, wobei solche mit lang andauernden Folge-schäden oder sogar Todesfolge im Mittelpunkt des Interesses standen. Soweit es diese Verletzungskategorie anbetrifft, traten Halsverletzungen häufig bei Kindern in diesen Riickhalteein-richtungen auf. Einige Verletzungen, Bauchverletzungen im be-sonderen, waren wohl auf Handhabungsfehler zuriickzufiihren. Diese Verletzungen sind jedoch nur bei den nach vorn gerichte-ten Systemen aufgetregerichte-ten.

U'nfallforscher der Firma Volvo sind zu ähnlichen

Ergebnis-sen gekommen [20]. In einer eingehenden Untersuchung

von 1500 Unfällen, bei denen mindestens ein Kind im Auto war, wurde festgestellt, daB Verletzungen aller Art durch riJck-wärts gerichtete Kindersitze um 76% reduziert werden und schwere Verletzungen um 92%. Bei den Kissensitzen Iiegen die entsprechenden Werte bei 34% und 60%.

12 Airbag

Die gegenwärtige Entwicklung von Airbags fiir den Beifahrersitz

in Kraftfahrzeugen steht in direktem Konflikt mit nach hinten

ge-richteten Kindersitzen auf dern Beifahrersitz von Kraftfahrzeu-gen. Da das Kind sich ganz nah am Airbag befindet, kann es,

wenn dieser aktiviert wird, sogar bei geringen

Aufpraiigeschwin-digkeiten zu Verletzungen beim Kind kommen. Vorläufige Unter-suchungen des VTI haben diesen Verdacht bestätigt. Wir sind der Ansicht, daB beim Airbag etwas zur Vermeidung dieses Pro-blems unternommen werden miiBte. Möglicherweise lieBe sich dies durch eine Art Meriihler erreichen, der das Aktivieren des Airbags bei einem ZusammenstoB dann unterbindet, wenn sich etwas in dessen Nähe befindet. Trotz der hohen Anlegequote in Schweden ( ber 90%) ist en/viesen, daB die Anlegequote bei schweren Unfällen bei nur etwa 50% Iiegt. Bei einer Vollbrem-sung vor einem ZusammenstoB kann es bei nicht

angeschnall-ten Mitlahrern aufdem Beifahrersitz damit leicht zum Aufprall auf das Armaturenbrett kommen. ln diesem speziellen Fall wäre die Aktivierung des Airbags als besonders gefährlich einzustufen.

Abb. 9: Airbag und Babysitz

Abb. 10: Durch Airbag beschädigter Kindersitz

13 Zukunftsperspektiven

Ein spezielles Problem bei Kinderriickhalteeinrichtungen ist

der Versuch, sie ,,universell verwendbar zu gestalten, d. h.

sie fiir alle Kraftfahrzeuge passend herzustellen. ln der Pra-xis stellt sich dann heraus, daB sie so richtig in kein Fahrzeug

passen. Sogar bei den ECE-Verhandlungen in Genf wurde in

diese Richtung plädiert. Dies ging bei einigen Ländern sogar

Abb. 11: Riickwärts gerichtete, in den Beifahrersitz integrierte Kin derhalteeinrichtung

so weit, den AusschluB der ,,Spezialkategorie" zu befiirwor-ten, obwohl die Einrichtungen dieser Kategorie sich bestens in den Fahrzeugen bewähren, fiir die sie bestimmt sind. Das

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Kinderriickhalteein-richtungen praktisch die einzigen SicherheitseinKinderriickhalteein-richtungen sind, von denen angenommen wird, sie könnten in jedes Fahrzeug passen. Die Erklärung fiir diesen Umstand ist wahrscheinlich die Tatsache, daB

Kinderriickhalteeinrichtun-gen gewöhnlich nicht von Fahrzeugherstellern entwickelt

werden, die am besten befähigt wären, das fiir ihre Fahr-zeuge optimale System zu entwickeln.

Es gibt jedoch Anzeigen dafiir, daB sich diese Situation in der

Zukunft verbessert. Ein vor kurzem erschienener Bericht der

EG-Kommission in Briissel schlägt vor, die Verantwortung för

die Sicherheit von Kindern in Zukunft den Kraftfahrzeugher-stellern zu iibertragen. Ab 1993 sollen die Fahrzeughersteller verpflichtet werden, nicht nur die gesamte Palette von Kinder-riickhalteeinrichtungen fiir alle Fahrzeugsitze anzubieten, sondern die dazugehörigen Anleitungen auch in die Be-triebsanleitung fiJr das Kraftfahrzeug mit aufzunehmen. Dies läBt erwarten, daB den zukiinftigen Kindergenerationen zu-mindest der gleiche Schutz geboten wird wie anderen

Fahr-zeuginsassen.

Literatur

[1] United Nations, Economic Commission for Europe, Statistics of Road Traffic Accidents in Europe, New York 1989.

[2] United Nations, Economic Commission for Europe, ECE,

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[6] Skoglund Jan, Spädbarn i bil. En lägesrapport om landstingsut-hymingen av babyskydd 1988-06-30, TSV PM 1988-12-20. [7] Järmark Stina, Ljungblom Bengt-Åke, Turbell Thomas, lnfant

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1988.

[8] Dahl Knut, Traffikken och Vi, 4/88 p. 20. Oslo 1988.

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[10] Turbell Thomas, Child Restraint Systems. Frontal Impact

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[11] Turbell Thomas, Aldman Bertil, A Global Approach to Child

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References

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