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Kommunikationsstrategien in Schülergesprächen: Zur Identifizierung, Einordnung und Bewertung von Kommunikationsstrategien

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Academic year: 2022

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Självständigt arbete

Kommunikationsstrategien in Schülergesprächen

Zur Identifizierung, Einordnung und

Bewertung von Kommunikationsstrategien

Author: Sophia-Kristin Galozy Supervisor: Angela Marx Åberg Examiner: Bärbel Westphal Term: VT 2020

Subject: Tyska

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Abstract

For a long time, the research of communication strategies has played an important role in the study of second language acquisition. They are a criterion for the evaluation of the oral presentation and interaction in the Swedish curriculum of modern languages. Unfortunately, there are only few examples of communication strategies in the curriculum and teachers may ask themselves how different types of communication strategies can be distinguished and categorized. This study showcases how communication strategies used by 9th graders in group discussions can be identified and categorized based on a taxonomy of strategies and how this may contribute to evaluating the use of communication strategies. The research method used in this study is based on qualitative deductive content analysis. Results show, that communication strategies can be assigned uniquely to two major types of strategies, namely avoidance and resource expansion strategies. However, the assignment of communication strategies to different sub-categories proved to be more problematic. Furthermore, it could be determined that knowledge about the two major types of strategies contributes to the evaluation of communication strategies in oral presentation and interaction.

Key words

Deutsch als Fremdsprache, Fremdsprachenerwerb, Kommunikationsstrategien, mündliche Interaktion, kommunikative Kompetenz, strategische Kompetenz, Gesprächsanalyse, Bewertung

German as a foreign language, second language acquisition, communication strategies, oral interaction, communicative competence, strategic competence, conversation analysis, evaluation

Tyska som främmande språk, andraspråksinlärning, kommunikationsstrategier, muntlig interaktion, kommunikativ kompetens, strategisk kompetens, samtalsanalys, bedömning

Acknowledgments

Ich bedanke mich bei meinem Mann, meinen Eltern, meiner Aufsatzbetreuerin und den Teilnehmern der Studie für ihre Unterstützung bei dieser Arbeit.

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... 1

2 Theoretischer Rahmen ... 1

2.1 Mündliche Interaktion ... 1

2.1.1 Mündliche Interaktion im Kursplan für moderne Sprachen ... 2

2.1.2 Mündliche Interaktion im GER ... 2

2.2 Kommunikationsstrategien ... 3

2.2.1 Strategische Kompetenz ... 3

2.2.2 Definition von Kommunikationsstrategien laut Kursplan und GER .. 4

2.2.3 Zur Bewertung von Strategien ... 5

2.2.4 Definition von Kommunikationsstrategien in der Forschung ... 6

2.3 Kategorisierung von Kommunikationsstrategien ... 8

3 Methode und Material ... 12

3.1 Methode ... 12

3.1.1 Methodologische Diskussion ... 12

3.1.2 Kategorien für die Analyse... 15

3.2 Material ... 15

3.2.1 Beschreibung der Kohorte ... 16

3.2.2 Beschreibung der Aufgabenstellung ... 17

3.3 Forschungsethische Überlegungen ... 17

4 Gesprächsanalysen ... 18

4.1 Vermeidende Strategien ... 18

4.1.1 Topic avoidance ... 18

4.1.2 Message abandonment ... 19

4.1.3 Semantic avoidance ... 20

4.1.4 Message reduction ... 21

4.2 Erweiternde Strategien ... 21

4.2.1 Begriffliche Strategien (Conceptual strategies) ... 21

4.2.2 Sprachliche Strategien (Linguistic strategies) ... 24

4.2.3 Appeal for assistance ... 27

4.3 Code-switching ... 28

5 Diskussion ... 29

Literaturverzeichnis ... 33

Anhänge ... 35

Anhang 1 – Transkriptionsschlüssel ... 35

Anhang 2 – Vorlage der Einverständniserklärung ... 37

Anhang 3 – Aufgabenstellung der mündlichen Übung ... 39

Anhang 4 – Bewertungskriterien für die mündliche Übung ... 40

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1 Einleitung

Die Verwendung von Kommunikationsstrategien in der mündlichen Produktion und Interaktion ist ein Teil der produktiven Sprachfertigkeit und als solche ebenfalls ein Bewertungskriterium im Kursplan für moderne Sprachen (2019) und im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen1 (GER, 2001). Die Kommunikations- oder Gesprächsfähigkeit, bzw. die Fähigkeit kommunikative Aufgaben zu bewältigen, ist laut GER (2001, S. 59) eines der Ziele des Fremdsprachenunterrichts. Für die mündliche Produktion und Interaktion sowie den Gesprächsfluss zwischen den Teilnehmern ist die Verwendung von Kommunikations- und Interaktionsstrategien zur Überbrückung sprachlicher Schwierigkeiten von erheblicher Bedeutung. Die Bewertung von Strategien kann jedoch problematisch sein, nicht zuletzt, weil die im Kursplan für moderne Sprachen angegebenen Richtlinien für die Bewertung von Strategien recht vage formuliert sind. Es stellen sich daher die Fragen, was als Strategie anzusehen ist, wie diese eingeordnet bzw. kategorisiert werden können und ob verschiedene Kategorien von Strategien unterschiedlich bewertet werden sollten. Diese Arbeit soll sich daher vorranging mit der Identifizierung und Einordnung von Kommunikationsstrategien befassen, sowie mit der Frage, wie dies zur Bewertung der mündlichen Interaktion beitragen kann. Hieraus leiten sich die folgenden Fragestellungen ab:

(1) Wie können Kommunikationsstrategien in Schülergesprächen identifiziert und eingeordnet werden?

(2) Wie kann dies zur Bewertung von Kommunikationsstrategien in der mündlichen Interaktion beitragen?

In der vorliegenden Arbeit soll anhand von Audioaufzeichnungen von Schülergesprächen, welche im Rahmen eines Praktikums in einer 9. Klasse an einer schwedischen Grundschule im Deutschunterricht stattfanden, untersucht und analysiert werden, welche unterschiedlichen Strategien die Schüler in diesen Gesprächen verwendeten und wie diese Strategien zur Bewertung erkannt und eingeordnet werden können.

2 Theoretischer Rahmen

Sprachen sind laut dem schwedischen Kursplan für moderne Sprachen (Skolverket 2019, S. 65) eines der wichtigsten Werkzeuge für die Kommunikation und das Lernen. Ziel des Sprachunterrichts ist, dass die Schüler ein möglichst breites kommunikatives Vermögen in der mündlichen und schriftlichen Sprache entwickeln. In der mündlichen Produktion und Interaktion spielen Kommunikationsstrategien zur Verbesserung der Kommunikation und des Verständnisses eine große Rolle. In den folgenden Kapiteln werden die mündliche Interaktion, Kommunikationsstrategien und die strategische Kompetenz anhand von wissenschaftlicher Literatur genauer beleuchtet.

2.1 Mündliche Interaktion

In der linguistischen Gesprächsanalyse wird Brinker und Sager (2001, S. 7) zufolge grundsätzlich zwischen zwei Arten von Kommunikation unterschieden: der monologischen und der dialogischen.

Kommunikation ist ihnen zufolge bereits im Kern dialogisch, da es sich hierbei um eine „[…]

Wechselbeziehung zwischen mindestens einem Sprecher und einem Hörer […]“ handelt (Brinker und

1 Im Folgenden GER

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Sager, 2001, S. 7). Der Begriff „Gespräch“ wird Brinker und Sager (2001, S. 9) zufolge alltagsprachlich darüber definiert, dass es mindestens zwei Interaktanten, Sprecherwechsel, eine Ausrichtung auf ein bestimmtes Thema, sowie eine „mündliche Realisierung“ geben muss. Auch Henne und Rehbock (2001, S. 2), welche sich auf die Theorie von Yngve (1970) stützen, verweisen darauf, dass der Sprecherwechsel einer der wichtigsten Aspekte des Gesprächs sei. Die mündliche Interaktion beinhaltet also im Grunde alle Arten von sprachlichen Handlungen mit mindestens zwei Teilnehmern, welche aktiv am Sprachgeschehen teilhaben und kann daher als Synonym für den Begriff „Gespräch“ verwendet werden.

Im Folgenden wird nun erläutert, welche Inhalte, Lernziele und Bewertungskriterien im Kursplan für moderne Sprachen und im GER für die mündliche Interaktion angegeben sind.

2.1.1 Mündliche Interaktion im Kursplan für moderne Sprachen

Das Kriterium mündliche Interaktion gehört laut dem schwedischen Kursplan für moderne Sprachen in der Grundschule (2019, S. 68) zu den produktiven Fertigkeiten, welche in Sprechen, Schreiben und Gespräche führen, eingeteilt sind. Im zentralen Inhalt des Kursplanes (2019, S. 68) werden für die produktiven Fertigkeiten in den Jahrgangsstufen sieben bis neun folgende Lernziele aufgeführt: Die Schüler sollen Präsentationen, Instruktionen, Mitteilungen, Erzählungen und Beschreibungen zusammenhängend mündlich und schriftlich kommunizieren können. Hierbei ist es wichtig zu betonen, dass die Themenbereiche an den Wissensstand der Schüler angepasst sein sollten. Für den Inhalt der Kommunikation in den Jahrgangsstufen sieben bis neun gibt der Kursplan (2019, S. 67) an, dass vorrangig den Schülern bekannte Themen behandelt werden sollten. Unter anderem werden hier alltägliche Situationen, Interessen, Personen, Orte, Aktivitäten und Geschehnisse als Beispiele angegeben. Darüber hinaus sollen Ansichten und Meinungen, sowie Gefühle und Erfahrungen behandelt werden. Zudem werden die Themenbereiche Alltagsleben, Lebensweise und soziale Beziehungen in unterschiedlichen Situationen und Gebieten, in denen die Zielsprache gesprochen wird, aufgeführt.

Laut Kursplan (2019, S. 68) sollen die Schüler bis zu einem gewissen Grad auch mit den sprachlichen Systemen wie Grammatik, Aussprache, Satzbau, Phrasen und Interpunktion vertraut werden, um diese bei der Kommunikation anwenden zu können. Des Weiteren werden im Kursplan auch Strategien zur Verbesserung des Verständnisses, welche zur Überbrückung sprachlicher Schwierigkeiten verwendet werden, erwähnt. Darüber hinaus werden insbesondere für Gespräche Interaktionsstrategien, wie z.B. Fragen, Kommentare und Bekräftigungen, welche dabei helfen sollen, das Gespräch aufrecht zu erhalten, als Lernziel aufgeführt.

Im Kommentarmaterial zur mündlichen Leistung (2013, S. 9) wird für die mündliche Interaktion und Produktion neben Umfang und Breite der Sprache, sprachlicher Präzision, Grad der Textverknüpfung, Gesprächsfluss und Registerunterschiede, die Verwendung von Strategien als Wissens- und Benotungskriterium angegeben, d.h. in welchem Umfang der Schüler2 Strategien zur Lösung von sprachlichen Problemen und zur Verbesserung der Interaktion anwenden kann.

2.1.2 Mündliche Interaktion im GER

Der Kursplan für moderne Sprachen basiert auf dem Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (Skolverket, 2013, S. 7). Der GER (2001, S. 14) ist ein Rahmenwerk für den Sprachunterricht, sowie zur Beurteilung und Einstufung von Sprachkenntnissen. Er soll eine

2 In dieser Arbeit wird bei allen Substantiven und Pronomen, welche sich auf Personen beziehen, die generative maskuline Form verwendet, da das Geschlecht von Personen für diese Studie nicht von Bedeutung ist.

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gemeinsame Basis für die Entwicklung von Lehrplänen, Richtlinien, Prüfungen usw. in Europa darstellen.

Der GER (2001, S. 78-84) unterteilt die mündliche Interaktion in verschiedene Kategorien mit jeweils eigenen Bewertungsskalen. Als Beispiele für interaktive Aktivitäten werden unter anderem Unterhaltungen, formelle und informelle Diskussionen, Debatten, Interviews, Verhandlungen, gemeinsames Planen und Dienstleistungsgespräche genannt. Für die allgemeine Interaktion sind für das Niveau A23, welches laut Kommentarmaterial (2017, S. 5) dem Niveau einer neunten Jahrgangsstufe entspricht, folgende Bewertungskriterien angegeben:

Kann sich relativ leicht in strukturierten Situationen und kurzen Gesprächen verständigen, sofern die Gesprächspartner, falls nötig, helfen. Kann ohne übermäßige Mühe in einfachen Routinegesprächen zurechtkommen; kann Fragen stellen und beantworten und in vorhersehbaren Alltagssituationen Gedanken und Informationen zu vertrauten Themen austauschen. (GER, 2001, S. 79)

Ziel des Fremdsprachenunterrichts ist also laut Kursplan (2019, S. 65) und GER (2001, S. 17-18), dass der Schüler eine allseitige kommunikative Kompetenz entwickelt. Die Fähigkeit Gespräche mit anderen führen zu können, wird als Teil dieser Kompetenz angesehen.

2.2 Kommunikationsstrategien

Wie bereits erwähnt ist die Verwendung von Strategien laut Kursplan (2019, S. 68) ein Wissens- und Bewertungskriterium für die mündliche Produktion und Interaktion. Um Kommunikationsstrategien erkennen zu können, ist es jedoch wichtig herauszufinden, wie diese definiert und kategorisiert werden. In diesem Kapitel wird dies anhand von Forschungsliteratur erörtert werden. Zuerst soll beleuchtet werden, wie der Begriff strategische Kompetenz in der Forschung definiert wird. Des Weiteren wird untersucht, wie Strategien im Kursplan (2019) und im GER beschrieben, bzw. definiert werden und wie diese bewertet werden sollen. Zuletzt wird kurz beschrieben, welche unterschiedlichen Definitionsansätze es zum Begriff Kommunikationsstrategien gibt.

2.2.1 Strategische Kompetenz

Die strategische Kompetenz ist Teil der kommunikativen Kompetenz, deren Entwicklung laut GER (2001, S. 17-18) und Kursplan (2019. S. 65) das übergreifende Lernziel des Fremdsprachenunterrichts sein sollte. Der Begriff kommunikative Kompetenz wurde bereits von Chomsky (1965) und Hymes (1972) geprägt. Chomsky (1965, S. 2) unterschied zwischen der Kompetenz, welche die jedem Menschen angeborene Sprachfähigkeit beschreibt, und der Performanz, welche den Sprachgebrauch an sich darstellt. Hymes (1972, S. 284-285) kritisiert und erweitert den Begriff kommunikative Kompetenz. Ihm zufolge sei Sprache an sich ein soziales Phänomen. Daher sei es auch wichtig, ob der Gebrauch der Sprache an die Kommunikationssituation und das soziale Umfeld angepasst und somit angemessen sei.

Canale und Swain (1980, S. 29-30) und van Ek (1987, S. 8) sehen die strategische Kompetenz als Teil der kommunikativen Kompetenz. Sie kann ihnen zufolge als die Fähigkeit definiert werden, verbale oder non-verbale Strategien zu verwenden, um Lücken im sprachlichen Wissen des Lerners zu kompensieren. Laut Canale und Swain (1980, S. 30) werden hierfür zwei unterschiedliche Arten von Strategien verwendet. Strategien, welche an die grammatische Kompetenz geknüpft sind, wie z.B. die

3 Der GER (2001, S. 33-34) gibt verschiedene Referenzniveaus für den Spracherwerb an: A (elementare

Sprachverwendung, B (selbstständige Sprachverwendung) und C (kompetente Sprachverwendung. Die einzelnen Niveaus werden in jeweils zwei Stufen aufgefächert: A1 und A2, B1 und B2, C1 und C2.

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Umschreibung grammatischer Formen, welche der Lernende noch nicht beherrscht, sowie Strategien, welche in Beziehung zur sozio-linguistischen Kompetenz stehen. Bachmann und Palmer definieren die strategische Kompetenz als „ […] a set of metacognitive strategies that we use when we process language and respond with language in a particular language use situation.” (Bachmann & Palmer, 2010, S. 33). Gemeinsam mit der language knowledge bildet die strategische Kompetenz die language ability, welche sie als die Fähigkeit Diskurse zu entwickeln und zu interpretieren beschreiben. Laut Bachmann und Palmer (2010, S. 48) kann die strategische Kompetenz auch als eine Art Managementfunktion für den Sprachgebrauch gesehen werden. Die Strategien würden manchmal bewusst und manchmal automatisiert angewendet.

Nach Canale und Swains (1980) sowie van Eks (1986) Definition von strategischer Kompetenz spielt die Verwendung von Strategien insbesondere dann eine Rolle, wenn der Lernende nicht über das sprachliche Wissen verfügt, um die Bedeutung seiner Botschaft zu vermitteln. Strategien werden also zur Überbrückung von sprachlichen Schwierigkeiten und zur Verbesserung der Kommunikation verwendet. Bachmann und Palmers (2010) Definition dagegen ist wesentlich weiter gefasst. Hier spielt die strategische Kompetenz eine wichtige Rolle für den gesamten Sprachgebrauch und die Fähigkeit zur Kommunikation.

Im folgenden Abschnitt soll nun untersucht werden wie Kommunikationsstrategien im Kursplan (2019) und GER (2001) beschrieben bzw. definiert werden.

2.2.2 Definition von Kommunikationsstrategien laut Kursplan und GER

Im Kursplan für moderne Sprachen (2019, S. 65) werden Strategien nicht nur bei den produktiven, sondern auch bei den rezeptiven Fertigkeiten erwähnt. Da in der vorliegenden Arbeit der Fokus jedoch auf der mündlichen Produktion liegt, werden in erster Linie die Strategien zur Verbesserung der mündlichen Produktion und Interaktion und wie diese im Kursplan beschrieben werden, genauer beleuchtet.

Einführend werden Strategien als „sprachliche Strategien“, um zu verstehen und sich verständlich zu machen, beschrieben. Bei den rezeptiven Fertigkeiten, also Lesen und Hören, sollen Strategien dazu angewendet werden, bedeutungstragende Wörter und den Zusammenhang in der gesprochenen Sprache und in Texten zu verstehen. Strategien für die produktiven Fertigkeiten Sprechen, Schreiben und Gespräche führen, sollen dazu verwendet werden, zu verstehen und sich verständlich zu machen, wenn die Kenntnisse in der Fremdsprache nicht ausreichend sind (Skolverket, 2019, S. 67-68). Als einzige Beispielstrategie wird die Umschreibung angegeben. Die Strategien zur Verbesserung der rezeptiven Fertigkeiten konzentrieren sich also laut Kursplan sehr klar auf das Lösen von Verständnisproblemen. Bei den produktiven Fertigkeiten, insbesondere bei der mündlichen Interaktion, spielen jedoch sowohl Produktionsstrategien als auch Rezeptionsstrategien eine Rolle. Für die Rezeptionsstrategien gibt es jedoch keine Beispiele und auch keine klare Abgrenzung zu den Produktionsstrategien, da im Kursplan nur von „sprachlichen Strategien“ die Rede ist.

Im Kommentarmaterial zum Kursplan (2017, S. 16) werden Strategien in der mündlichen Produktion und Interaktion etwas näher erläutert. Hier werden sie in Produktions- und Interaktionsstrategien unterteilt. Die Produktionsstrategien sollen dem Lernenden dabei helfen Botschaften zu übermitteln, wenn die sprachlichen Fähigkeiten nicht ausreichen. Sie sollen also genutzt werden, um Lücken im System der Zielsprache zu kompensieren. In diesem Fall müsse die Lernersprache möglicherweise angepasst, bzw. vereinfacht werden, indem der Lernende z.B. etwas umschreibt oder seine Botschaft auf ein niedrigeres sprachliches Niveau reduziert. Die Interaktionsstrategien beinhalten laut Kommentarmaterial sowohl rezeptive als auch produktive

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Strategien. Hier geht es vorrangig darum, an einem Gespräch teilnehmen zu können sowie dazu beizutragen, es weiter zu entwickeln. Strategien zur Lösung von sprachlichen Problemen in Gesprächen sollen unter anderem verhindern, dass das Gespräch ins Stocken gerät (Skolverket, 2017, S. 16).

Im GER (2001, S. 26) wird die Verwendung von Strategien wesentlich weiter gefasst, als dies im Kursplan der Fall ist. Bei der Kommunikation und beim Erlernen einer Sprache müssten unterschiedliche Aufgaben bewältigt werden. Diese Aufgaben können von kommunikativer Art sein, müssen es aber nicht zwangsweise sein. Wenn diese Aufgaben nicht routiniert oder automatisiert ausgeführt werden können, werden zu deren Bewältigung Strategien benötigt. Kommunikations- und Lernstrategien stellen daher nur einen Teil der gesamten strategischen Kompetenz, welche zur Bewältigung dieser Aufgaben benötigt wird, dar. In Bezug auf kommunikative Aktivitäten werden Strategien laut GER folgendermaßen definiert:

Strategien werden von Sprachverwendenden dazu eingesetzt, die eigenen Ressourcen zu mobilisieren und ausgewogen zu nutzen, Fertigkeiten und Prozesse zu aktivieren, um die Anforderungen der Kommunikation in einem Kontext zu erfüllen und die jeweilige Aufgabe erfolgreich und möglichst ökonomisch der eigenen Absicht entsprechend zu erledigen. (GER, 2001, S. 62)

Des Weiteren wird angemerkt, dass Kommunikationsstrategien nicht nur auf ihre Verwendung bei der Überbrückung sprachlicher Defizite reduziert werden sollten, da auch Muttersprachler diese Strategien einsetzen würden, um die Kommunikation zu verbessern (2001, S. 63).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Strategien laut Kursplan (2019) und Kommentarmaterial (2013, 2017) dazu dienen, sprachliche Defizite auszugleichen, sowie die Interaktion und die Kommunikation zu verbessern. Dies stimmt mit der Definition der strategischen Kompetenz von Canale und Swain (1980) und van Ek (1986) überein. Im Kursplan und den dazugehörigen Kommentarmaterialien werden jedoch wenige konkrete Beispiele für spezifische Strategien gegeben. Die Definition des GER (2001) ist weiter gefasst und stellt Strategien als bedeutend für die Bewältigung von Aufgaben in Allgemeinen dar.

2.2.3 Zur Bewertung von Strategien

Im Kursplan (2019) sind Bewertungsrichtlinien für die Verwendung von Strategien angegeben. Das schwedische Schulsystem verwendet eine sechsstufige Notenskala von F-A (skolverket.se). Für die Noten E, C und A sind im Kursplan jeweils gesonderte Lern- oder Wissensziele angegeben. Die Note F wird nur vergeben, wenn die Lernziele nicht erreicht wurden. Für die Noten D und B müssen die Lernziele der darüberliegenden Noten (also C und A) überwiegend erreicht werden (Skolverket, 2019, S. 72-73). Die Bewertungskriterien für die Verwendung von Strategien in der mündlichen Produktion und Interaktion am Ende der Jahrgangsstufe neun sind folgendermaßen festgelegt: Für die Note E sollen Schüler „(irgend)eine“ Strategie wählen und anwenden können, um Probleme zu lösen und die Interaktion zu verbessern. Für die Note C dagegen sollen Schüler „einige unterschiedliche“ Strategien verwenden können und für das Erreichen der Note A „mehrere unterschiedliche“ Strategien (Skolverket, 2019, S. 77-78). Laut Kommentarmaterial zur mündlichen Leistung (2013, S. 11) stellen die unterschiedlichen verwendeten Wörter in der Beschreibung der Lernziele „irgendeine“, „einige“

und „mehrere“ eine Steigerung der dem Schüler zur Verfügung stehenden Ressourcen dar. Dies zeigt sich laut Kommentarmaterial zur mündlichen Leistung z.B. daran, wie ein Schüler seinen begrenzten Wortschatz kompensiert. Stünden dem Schüler mehrere unterschiedliche Strategien zur Verfügung, könne dies die Kommunikationsmöglichkeiten erweitern. Andernfalls sei der Schüler gegebenenfalls gezwungen auf eine einschränkende Strategie zurückzugreifen. Es wird allerdings nicht näher erläutert, welche Strategien als einschränkend zu betrachten sind.

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In einem vom schwedischen Schulamt4 kontrollierten und veröffentlichten Artikel geht Börjesson (2012, S. 18) auf die Problematiken bei der Bewertung von Strategien ein. Allgemein zur Bewertung schreibt sie, dass die formative Bewertung, welche den Lernprozess verbessern soll, ein übergreifendes Ziel sein sollte. Die Bewertung müsse sich natürlich an den Lernzielen im Kursplan orientieren und unterschiedliche Methoden zur Leistungsüberprüfung beinhalten. Schüler müssen die Möglichkeit bekommen ihr Wissen und Können in einem so breiten Umfang wie möglich unter Beweis zu stellen. Deshalb sollte die Bewertung auch immer eine Zusammenarbeit zwischen Schüler und Lehrer sein. Bei der Bewertung von Strategien sollten sowohl Lernprozesse als auch einzelne Prüfungsmomente miteinbezogen werden, um ein Gesamtbild der strategischen Kompetenz des Schülers zu erhalten. Konkret sei die Fähigkeit des Schülers Probleme lösen zu können von Bedeutung. Als Beispiel für die mündliche Produktion und Interaktion erwähnt Börjesson (2012, S.

18) z.B. wie ein Schüler lexikalische Lücken mithilfe von Strategien überbrücken kann. Eine mangelhafte Strategie sei in diesem Fall z.B. der Wechsel in die Muttersprache. Eine positive oder funktionierende Strategie dagegen wäre eine Umschreibung des unbekannten Wortes. Auch interaktive Strategien, wie die Bitte um Hilfe oder Verdeutlichung werden als positive Beispiele erwähnt. Wenn ein Schüler in einer Prüfungssituation beim Versuch ein Problem zu lösen aufgibt, anstatt zu versuchen es auf andere Weisen zu lösen, ist das laut Börjesson (2012, S. 18) ein Anzeichen dafür, dass die strategische Kompetenz nicht ausreichend entwickelt ist.

Aus den Ausführungen des Kursplans (2019) und der dazugehörigen Kommentarmaterialien (2013, 2017) wird deutlich, dass nicht nur die Anzahl der dem Schüler zur Verfügung stehenden Strategien, sondern auch die Art der verwendeten Strategien für die Bewertung von Bedeutung sind.

Mithilfe von Strategien sollen sprachliche Probleme gelöst werden und die Kommunikation verbessert werden. Strategien, welche die Kommunikationsmöglichkeiten einschränken, sollten daher negativer bewertet werden, als Strategien, welche das Gegenteil bewirken. Es werden jedoch keine spezifischen Beispiele für einschränkende Strategien angegeben. Börjesson (2012) beleuchtet diese Problematik in ihrem Artikel etwas näher und verwendet den Wechsel in die Muttersprache als Beispiel für eine mangelhafte Strategie. Insbesondere auf welche Weise Schüler Probleme lösen sei bei der Bewertung von Strategien bedeutend. Dies beinhalte auch welche Arten von Strategien sie zur Problemlösung wählen.

2.2.4 Definition von Kommunikationsstrategien in der Forschung

Die Definitionen von Strategien laut Kursplan (2019) und GER (2001) unterscheiden sich also in einigen Punkten, doch auch in der Forschung ist die Definition von Strategien im Allgemeinen und von Kommunikationsstrategien im Speziellen ein viel diskutiertes Thema. Bis zum heutigen Tag gibt es, wie Katrin Wisniewski (2016, S. 637) in einem Artikel über den aktuellen Forschungsstand zur strategischen Kompetenz schreibt, keine allgemeingültige Definition von Lern- und Kommunikationsstrategien, da es unter anderem Uneinigkeit über bestimmte Kriterien wie Bewusstsein, Reichweite und Abstraktheitsgrad gebe. Laut Tornberg (2015, S. 57) gibt es bei der Erforschung von Kommunikationsstrategien zwei unterschiedliche Perspektiven. Diese sind die psycholinguistische und die interaktive Perspektive. Die psycholinguistische Perspektive beschreibt die Kommunikationsstrategien als mentale Prozesse. Die interaktive Perspektive dagegen hebt das Zusammenspiel der Gesprächsteilnehmer als bedeutsam für Kommunikationsstrategien hervor.

Ein Ansatz aus der psycholinguistischen Perspektive stammt von Selinker, Tarone und Frauenfelder (1976, S. 100), sowie Tarone, Cohen und Dumas (1983, S. 5), welche den Begriff wie

4 Skolverket

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folgt definieren: „[…] a systematic attempt by the learner to express or decode meaning in the target language, in situations where the appropriate systematic target language rules have not been formed.”

(Tarone, Cohen, & Dumas, 1983, S. 5).

Auch Færchs und Kaspers Definitionsansatz kann laut Lachout (2018, S. 176) der psycholinguistischen Perspektive zugeordnet werden. Færch und Kasper (1983, S. 28-33) definieren Kommunikationsstrategien als Pläne, die ein Sprecher erstellt, um ein bestimmtes Ziel in der Kommunikation zu erreichen, bzw. ein Kommunikationsproblem zu lösen. Für ihre Definition verwenden Kasper und Færch (1983, S. 28) die Kriterien „Problemorientiertheit“ und „Bewusstsein“.

„Problemorientiertheit“ bedeutet, dass der Sprecher sich bewusst ist, dass er für die Erreichung seines Ziels ein Problem lösen muss. Nur dann könne laut Færch und Kasper von einer Strategie gesprochen werden. Das Kriterium „Bewusstsein“ ist laut Færch und Kasper ein zentraler Bestandteil von Strategien oder Plänen. Sie merken jedoch auch an, dass es nicht unproblematisch sei dieses Kriterium für alle Pläne oder Strategien zu vorauszusetzen, da es dem Sprecher nicht immer zwangsweise bewusst sein muss, dass er gerade eine Strategie verwendet oder einen Plan durchführt, um ein Problem zu lösen. Häufig handele es sich eher um einen gewissen Grad von Bewusstsein. Aufgrund dieser Einschränkungen für das Kriterium Bewusstsein sprechen Færch und Kasper in ihrer Definition daher von „[…] potentially conscious plans […]“ (Færch & Kasper, 1983, S. 36, Kursivierung im Original).

Bialystok (1992, S. 102) ging laut Lachout (2015, S. 176) von kognitiven Mechanismen bei der Defintion von Strategien aus. Darauf basierend werden von ihr alle Versuche, das eingeschränkte sprachliche System zu manipulieren, um die Kommunikation zu fördern, als Kommunikationsstratgien definiert.

Tarones Definitionsansatz kann laut Tornberg (2015, S. 57) der interaktiven Perspektive zugeordnet werden. Tarone (1981, S. 288-289) zufolge ist der Versuch zu einer gemeinsamen Bedeutung einer Botschaft zu gelangen immer vom Zusammenspiel zwischen dem Sprecher und dem Gesprächspartner abhängig. Mithilfe von Kommunikationsstrategien wird ihrer Meinung nach versucht die Botschaft trotz sprachlicher Lücken in der Zielsprache zu übermitteln. Auch Corders (1981, S. 103) Ansatz betont den interaktiven Aspekt von Kommunkationsstrategien. Für die Kommunikation sind ihm zufolge die sprachlichen Fähigkeiten und das Wissen über den aktuellen Diskurs des Sprechers, aber auch des Empfängers von Bedeutung.

Das Kriterium „Bewusstsein“, das insbesondere in den Definitionen vorkommt, welche der psycholinguistischen Perspektive zugeordnet werden können (vgl. Selinker, Tarone und Frauenfelder 1976, Tarone, Cohen und Dumas, 1983, Færch und Kasper, 1983), wurde von einigen Forschern wie Tarone (1981, S. 285-288), Bialystok (1983, S. 100-101) und Poulisse (1990, S. 22) stark kritisiert, da es schwer feststellbar sei, ob eine Strategie bewusst oder unbewusst verwendet wurde. Poulisse schlägt statt Bewusstsein (consciuosness) das Kriterium awareness für die Definition von Kommunikationsstrategien vor. Awareness bezieht sich ihr zufolge nicht darauf, ob sich ein Sprecher der Verwendung einer Strategie bei der Lösung eines sprachlichen Problmes bewusst sei. Stattdessen beziehe sich awareness nur auf die Erkenntnis des Sprechers ein sprachliches Problem zu haben.

Zusammenfassend sind sich Forscher im Allgemeinen darüber einig, dass Kommunikationsstrategien insbesondere bei sprachlichen Schwierigkeiten bzw. zur Überwindung von Problemen in der Kommunikation eine Rolle spielen. Die Fähigkeit sprachliche Probleme lösen zu können kann also als gemeinsamer Kern der Definitionen von Kommunikationsstrategien angesehen werden.

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2.3 Kategorisierung von Kommunikationsstrategien

Nachdem in den vorherigen Abschnitten ein Überblick zur Definition von Kommunikationsstrategien gegeben wurde, werden in diesem Abschnitt nun die unterschiedlichen Kategorien von Kommunikationsstrategien, welche für die Analyse verwendet werden, vorgestellt. Dafür wird Literatur von unterschiedlichen Forschern, welche sich mit der Kategorisierung von Strategien beschäftigt haben, zu Rate gezogen.

Für die Kategorisierung der Strategien werden die übergreifenden Kategorien risk-avoidance, bzw. reduction strategies und ressource expansion strategies, bzw. achievement strategies, übernommen, welche von Corder (1981), sowie Færch und Kasper (1983) definiert wurden. In dieser Studie werden die beiden Oberkategorien jedoch als vermeidende und erweiternde Strategien bezeichnet.

Die Begriffe message adjustment strategy oder risk-avoidance strategy und ressource expansion strategy wurden von Corder (1981, S. 104) etabliert. Ein Sprecher, dessen sprachliches System in der Zielsprache nicht ausreichend entwickelt sei, um die gewünschte Botschaft zu übermitteln, müsse zwangsläufig auf eine Strategie zurückgreifen. Dabei stehen ihm laut Corder zwei Ansätze zur Verfügung. Er könne die Botschaft an seine sprachlichen Ressourcen anpassen, was Corder als message adjustment strategy oder risk-avoidance strategy bezeichnet. Als zweite Möglichkeit könne der Sprecher jedoch auch versuchen seine Ressourcen zu erweitern. Diese Art von Strategie nennt Corder ressource expansion strategy. Die ressource expansion strategies seien erfolgsorientierter, aber auch risikoreicher, als die message adjustment strategies.

Færchs & Kaspers (1983, S. 36) Einteilung der Strategien ist der von Corder (1981) sehr ähnlich. Sie unterscheiden zwischen reduction und achievement strategies. Reduction strategies werden verwendet, wenn der Sprecher ein Problem vermeiden möchte. Achievement strategies dagegen, wenn der Sprecher versucht ein Problem zu lösen.

2.3.1.1 Vermeidende Strategien

Corder (1981, S. 105) unterteilt die message adjustment strategies in mehrere Unterkategorien: topic avoidance, message abandonment, semantic avoidance und message reduction. Für diese Studie wird Corders Einteilung der vermeidenden Strategien übernommen. Um die einzelnen Strategien genauer zu beschreiben, werden jedoch auch die Definitionen von weiteren Forschern berücksichtigt.

Corder (1981, S. 105) bezeichnet topic avoidance als die extremste vermeidende Strategie, da der Sprecher bei Themen, denen er sich sprachlich nicht gewachsen fühlt, die Kommunikation verweigert. Für Færch und Kasper (1983, S. 44) steht diese Strategien in Beziehung zu Problemen während der Planungsphase. Der Sprecher vermeide es demnach sich Kommunikationsziele für Themen zu setzen, welche ihn mit sprachlichen Problemen konfrontieren könnten. Laut Tarone, Cohen und Dumas (1983, S. 10) ließe sich topic avoidance vorranging daran erkennen, dass der Sprecher die Kommunikation komplett verweigere oder versuche das Thema zu wechseln.

Message abandonment ist laut Corder (1981, S. 105) eine weniger extreme Form der vermeidenden Strategien als topic avoidance. Der Sprecher versuche bei sprachlichen Schwierigkeiten zwar zu kommunizieren, breche dann jedoch ab. Auch Tarone, Cohen und Dumas (1983, S. 11) zufolge werde beim message abandonment die Kommunikation zu einem Thema eingeleitet, diese

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aber aufgrund von sprachlichen Problemen verkürzt oder abgebrochen. Charakteristisch für die Strategie sei, dass der Sprecher mitten im Satz abbreche und auch nicht um Hilfe bitte.

Semantic reduction wird laut Corder (1981, S. 105) folgendermaßen beschrieben: „ […] saying something slightly different from what you intended but still broadly relevant to the topic of discourse.” Færch und Kasper (1983, S. 44) bezeichnen diese Strategie als meaning replacement.

Wenn Probleme aufträten, würde der Sprecher zwar weiterhin versuchen das Thema der Kommunikation beizubehalten, seine Beiträge zu diesem seien jedoch eher allgemein und nicht spezifisch. Dies führe dazu, dass die Aussagen recht wage seien. Laut Færch und Kasper (1983, S. 44) seien semantic avoidance und topic avoidance jedoch nicht exakt voneinander abzugrenzen und daher zusammen als eine Art Spektrum zu sehen, wobei die topic avoidance das extremere Ende darstelle und die semantic avoidance das mildere.

Die letzte Strategie in der Kategorie vermeidende Strategien ist message reduction. Sie wird von Corder (1981, S. 105I als die mildeste Form der vermeidenden Strategien angesehen. Bei der message reduction werde eine Aussage aufgrund von sprachlichen Problemen weniger präzise ausgedrückt oder verkürzt.

2.3.1.2 Erweiternde Strategien

Erweiternde Strategien werden von Corder (1981, S. 105), wie bereits erwähnt, als erfolgsorientiert, aber auch risikoreicher beschrieben. Er bezeichnet diese Arten von Strategien als resource expansion strategies, da der Sprecher mit ihrer Hilfe versuche seine sprachlichen Ressourcen zu erweitern. Ihm zufolge sei es daher sehr wichtig, dass diese Strategien im Fremdsprachenunterricht gelehrt werden.

Für die erweiternden Strategien werden in der Analyse die von Poulisse (1990, S. 60-61) beschriebenen Kategorien conceptual und linguistic strategies verwendet. Bei der Beschreibung der einzelnen Unterarten von Strategien werden jedoch auch Definitionen von anderen Forschern berücksichtigt, wie z.B. Tornberg (2015, S. 58), welche die Kategorien von Poulisse präzisiert, indem sie einige konkrete Beispiele für die einzelnen Arten von Strategien aufführt.

Poulisse (1990, S. 1) bezieht sich in ihrer Studie zum Nijmegen-Projekt auf die unter anderem von Færch und Kasper (1983) beschriebenen übergreifenden Kategorien achievement und reduction strategies. Die Nijmegen-Studie konzentriert sich laut Poulisse (1990, S. 9-12) ausschließlich auf die Erforschung von compensatory strategies, welche ihr zufolge in den meisten Fällen aufgrund eines begrenzten Wortschatzes in der Zielsprache verwendet werden und zu den erweiternden Strategien zählen. Poulisse (1990, S. 60-63) unterteilt compensatory strategies in zwei übergreifende Kategorien:

conceptual strategies, also begriffliche Strategien und linguistic strategies, welche übersetzt als sprachliche Strategien bezeichnet werden können. Auch wenn die begrifflichen und die sprachlichen Strategien als die zwei grundlegenden Ansätze zur Lösung lexikaler Probleme beschrieben werden, können Strategien laut Poulisse (1990, S. 63) nicht immer eindeutig nur einem der beiden Ansätze zugeordnet werden. Es könne durchaus auch vorkommen, dass sie in Kombination verwendet werden.

Für die conceptual strategies werden in der Analyse die von Poulisse (1990. S. 60) etablierten Kategorien analytic und holistic conceptual strategies verwendet. Ihr zufolge werden bei den conceptual strategies unbekannte Begriffe oder Konzepte mithilfe von Eigenschaften oder verwandten Konzepten beschrieben. Die analytic conceptual strategies beziehen sich auf die Verwendung von Eigenschaften zur Beschreibung oder Umschreibung des gesuchten Begriffes. Tornberg (2015, S. 58) führt für diese Strategie Umschreibungen, Beschreibungen und Paraphrasierungen als Beispiele auf.

Ein konkretes Beispiel für die Umschreibung des Begriffes Kuh wäre folgendes: „Es hat vier Beine

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und es gibt Milch“. Bei den holistic conceptual strategies werden dagegen verwandte Begriffe zur Beschreibung des gesuchten Begriffs benutzt. Diese können dem gesuchten Begriff übergeordnet, untergeordnet oder nebengeordnet sein. „Ein Tier, aber es kann fliegen“ wäre ein Beispiel für die Umschreibung des Begriffes „Vogel“, durch die Verwendung des Begriffes „Tier“, welcher „Vogel“

übergeordnet ist. Poulisse merkt jedoch an, dass die beiden Arten von Strategien nicht immer klar unterschieden werden können und oft in Kombination verwendet werden.

Die in der Analyse verwendeten Unterkategorien der linguistic strategies sind die morphologische Kreativität und die Transferstrategien. Den linguistic strategies wird laut Poulisse (1990, S. 60) Wissen über morphologische, syntaktische und phonologische Regeln der Zielsprache und welche Beziehung diese Regeln untereinander haben, zugerechnet. Mithilfe der linguistischen Strategien versuche der Lernende sein sprachliches Wissen zu beeinflussen. Zum Beispiel könne der Lernende sich sprachliche Gemeinsamkeiten seiner Muttersprache und der Zielsprache zunutze machen.

Bei der morphologischen Kreativität oder den Wortbildungsstrategien verwendet der Lernende sein Wissen über die morphologischen Regeln der Zielsprache, um daraus vermeintlich verständliche Wörter in der Zielsprache abzuleiten. Diese Wörter bestehen normalerweise aus bereits existierenden Wörtern der Zielsprache, an die Morpheme, z.B. Endungen, angehängt werden, um so neue Wörter zu erschaffen. Poulisse (1990, S. 62) gibt mehrere Beispiele für diese Strategien an, unter anderem

„shamely“ für das englische Wort „shameful“. Die so entstandenen Wörter können zwar existieren, aber eine andere Bedeutung haben, als die vom Lernenden beabsichtige, wie das obige Beispiel zeigt:

„shamely“ bedeutet schamhaft, „shameful“ dagegen beschämend.

Für die Analyse der Transferstrategien werden die von Tornberg (2015, S. 58) angegebenen Unterkategorien Direktübersetzung, Transfer und foreignizing verwendet. Die strategies of transfer machen sich laut Poulisse (1990, S. 62) die Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen Sprachen zunutze, insbesondere Ähnlichkeiten zwischen der Muttersprache und der Zielsprache. Aus diesem Grund könnten Phrasen, Formulierungen und Begriffe von einer Sprache in eine andere überführt werden.

Manchmal würden diese Begriffe und Formulierungen an das morphologische und phonologische System der Zielsprache angepasst. Beim Transfer wird die Aussage in der Zielsprache von den Regeln anderer Sprachen, wie z.B. der Muttersprache, beeinflusst. Dies kann z.B. Phrasen oder grammatische Konstruktionen betreffen. Beim foreignizing werden laut Tornberg (2015, S. 58) Wörter aus anderen Sprachen an die Zielsprache angepasst. Bialystok (1983, S. 105) zufolge geschehe dies häufig auf morphologischer oder phonologischer Ebene, sodass sie z.B. wie ein Wort der Zielsprache klingen.

Diese Wörter seien jedoch selten verständlich und oft unangemessen. Bei der Übersetzung oder Direktübersetzung werden Begriffe, Formulierungen oder Phrasen aus anderen Sprachen in die Zielsprache übersetzt. Dies kann laut Tarone, Cohen und Dumas (1983, S.5) häufig zu inkorrekten und unpassenden Aussagen in der Zielsprache führen, was sie als negativen Transfer bezeichnen.

2.3.1.3 Code-switching – erweiternd oder vermeidend?

Code- oder language-switching oder auch Sprachwechsel wird von Corder (1981, S. 104-105), Færch und Kasper (1983, S. 46), Tarone (1981, S. 286) und Bialystok (1983, S. 105) zu den Transferstrategien gezählt. Bei dieser Strategie wechselt der Sprecher aufgrund von sprachlichen Problemen in eine andere Sprache. Handelt es sich dabei nur um einzelne Wörter, welche einer anderen Sprache entlehnt werden, wird dies nach Corder (1981) als borrowing bezeichnet.

Insbesondere Corder, sowie Færch und Kasper zählen diese Strategien zu den erweiternden Strategien, auch wenn Corder darauf hinweist, dass code-switching risikoreich sei und zu Missverständnissen in der Kommunikation führen könne. Für Börjesson (2012, S. 18) dagegen ist der Wechsel in die

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Muttersprache ein Zeichen für eine nicht ausreichend entwickelte strategische Kompetenz und daher als reduzierend oder vermeidend anzusehen. Auch im Kommentarmaterial zur mündlichen Leistung (2013, S. 18) wird der Sprachwechsel als eine „weniger erfolgreiche“ Strategie bezeichnet. Der Kursplan, das Kommentarmaterial und Börjesson bewerten code-switching als Strategie demzufolge negativ.

Laut einer Studie von Ross und Le Pape Racine (2015, S. 102) würde code-switching jedoch häufig bewusst zur Aufrechterhaltung der Kommunikation eingesetzt. Ferner sei code-switching „[…]

in der mündlichen Sprachproduktion eine normale Erscheinung […]“, insbesondere bei Kindern, die mehrsprachig aufwachsen und sollte daher im Unterricht nicht unterdrückt werden (2015, S. 106).

Auch sollte code-switching nicht grundsätzlich als Fehler gesehen werden. Andererseits sei es vom sprachlichen Umfeld abhängig, ob und wie oft der Sprachwechsel akzeptiert werde. Es sei daher sinnvoll auf den Sprachwechsel einzugehen und ihn durch verschiedene Methoden zur Lernförderung zu nutzen. Schlussendlich könne der Sprachwechsel eine hilfreiche Strategie im Fremdsprachenunterricht sein, um Aufgaben zu lösen oder die Kommunikation aufrecht zu erhalten (2015, S. 107-108).

Da code-switching weder eindeutig den erweiternden noch den vermeidenden Strategien zugeordnet werden kann, wird sie in der Analyse als eigene Kategorie geführt. Welcher der beiden Kategorien die Strategie zugeordnet werden kann, hängt meiner Meinung nach davon ab, ob die Verwendung von code-switching in konkreten Situationen die Kommunikation erweitert oder einschränkt.

2.3.1.4 Appeal for assistance

Die Einordnung von appeal for assistance gestaltet sich als schwierig, da die Strategie von Forschern unterschiedlichen Kategorien zugeordnet wird. Appeal for assistance wird in der Analyse als eigene Kategorie der erweiternden Strategien geführt.

Corder (1981, S. 106) zählt code-switchin zu den erweiternden Strategien. Appeal for assitance wird von Tarone (1981, S. 286) als eine Frage nach einem unbekannten Begriff beschrieben. Færch und Kasper (1983, S. 50-51) dagegen führen appeal for assistance unter den cooperative strategies, welche ebenfalls zu den erweiternden Strategien gehören. Ihnen zufolge würden cooperative strategies häufig dann eingesetzt, wenn eine non-cooperative strategy nicht zum gewünschten Erfolg führt.

Signale des Sprechers, die indizieren, dass er auf ein Problem gestoßen ist, werden von ihnen als appeals bezeichnet. Diese könnten indirekt oder direkt, bzw. beabsichtigt und unbeabsichtigt, übermittelt werden. Ein direkter appeal wäre z.B. die Frage nach einem unbekannten Begriff. Ein indirekter appeal kann sich auf verschiedene Art und Weise äußern, z.B. indem eine andere Strategie verwendet wird. Der Sprecher kann beispielsweise die Sprache wechseln und hoffen, dass der Gesprächspartner ihn versteht und die Aussage für ihn übersetzt.

Im Kommentarmaterial (2017, S. 16) wird unter den Interaktionsstrategien die Bitte um Verdeutlichung als Beispiel aufgeführt, was ebenfalls nach den oben genannten Definitionen als appeal for assitance gelten kann. Interaktion spielt also bei der Strategie appeal for assictance eine große Rolle, da sie nur in Zusammenarbeit mit anderen Gesprächspartnern erfolgreich sein und daher klar von anderen erweiternden Strategien abgegrenzt werden kann.

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3 Methode und Material

Da in dieser Arbeit von Schülern verwendete Kommunikationsstrategien anhand von Audioaufzeichnungen untersucht werden sollen, ist es nötig das erfasste Material, sowie die Methode der Analyse genauer zu beschreiben.

3.1 Methode

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine empirische Studie, welche sich auf Daten zur Untersuchung der Forschungsfrage stützt (Schramm, 2016, S. 49). Als Forschungsgrundlage dienen in diesem Fall qualitative Daten in Form von Audioaufzeichnungen (Legutke, 2016, S. 63). Die Methode, welche für diese Studie verwendet wurde, orientiert sich im Allgemeinen an den Methoden der deduktiven qualitativen Inhaltsanalyse, welche laut Burwitz-Melzer & Steininger (2016, S. 258- 260) auf der Bildung von Kategorien zur Analyse der Daten fußt. Diese Art der Analyse wird ihnen zufolge häufig bei der Untersuchung komplexerer Datensammlungen verwendet, welche z.B. in der Unterrichtsforschung in Form von aufgezeichneten Schüler- und/oder Lehrergesprächen vorkommen.

Die aufgezeichneten Schülergespräche wurden anhand von vorher festgelegten und durch theoretische Forschung bekräftigten Kategorien auf die Verwendung von Kommunikationsstrategien untersucht. Gegenstand der Untersuchung ist dabei, wie diese verwendeten Strategien erkannt und eingeordnet werden können.

Für die Analyse der Strategien war es zunächst notwendig die Definition von Kommunikationsstrategien anhand von Forschungsliteratur genauer zu beschreiben. Hierzu wurden unter anderem auch der Kursplan für moderne Sprachen und der GER zu Rate gezogen. Zudem war es notwendig zu untersuchen, welche unterschiedlichen Kategorisierungen und Taxonomien von Kommunikationsstrategien in der Forschung existieren und wie diese sich voneinander unterscheiden.

Anschließend wurde anhand der vorliegenden Daten und in Anlehnung an bereits vorhandene Taxonomien ein Kategoriensystem erstellt.

Nach der Erstellung des Kategoriensystems wurde ein Übersichtsprotokoll des Datenmaterials erstellt, um für die Analyse interessante Beispiele von Strategieverwendungen zu finden und zu markieren. Diese vorläufigen Beispiele wurden anschließend in das Kategoriensystem eingeordnet.

Daraufhin wurden die Beispiele, welche nach den Kriterien der verschiedenen Kategorien die zugehörige Strategie am besten veranschaulichten, transkribiert. In der Analyse wurden diese Beispiele dann genauer beschrieben und mithilfe der Kriterien für die Strategien analysiert. Wenn ein Beispiel nicht eindeutig einer bestimmten Kategorie zugeordnet werden konnte, wurde dies in der Analyse hervorgehoben und diskutiert.

3.1.1 Methodologische Diskussion

Für die Frage, wie Kommunikationsstrategien identifiziert und eigeordnet werden können, eignet sich die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse. Diese stützt sich auf die Erstellung von Kategorien zur Analyse des Materials. Um die Strategien anhand von Kriterien bestimmen zu können, ist es nötig zwischen verschiedenen Arten, bzw. Kategorien von Strategien zu unterscheiden. Laut Burwitz- Melzer und Steininger (2016, S. 259) erfolgt die Erstellung der Kategorien in der deduktiven qualitativen Inhaltsanalyse bereits vor der ersten Durchsicht des Materials. Hierfür werden bereits existierenden Forschung und Studien verwendet. Die Erstellung der Kategorien für die Analyse ist Burwitz-Melzer und Steininger zufolge jedoch ein Interpretationsakt, welcher durch

„inhaltsanalytische Regeln“ möglichst kontrolliert werden sollte. Wie gut das Forschungsfeld, in

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welches sich die jeweilige Studie einordnen lässt, bereits erschlossen ist, spiele bei der Erstellung der Kategorien ebenfalls eine Rolle. Das Forschungsfeld Kommunikationsstrategien, ist wie bereits in der Theorie erläutert, gut erschlossen und seit den 1960er Jahren beforscht worden. Unter den Forschern gibt es jedoch keine Einigkeit über die Definition von Kommunikationsstrategien oder die Abgrenzung der unterschiedlichen Arten von Strategien. Kategoriensysteme, welche bereits vor der Analyse anhand von Forschungsliteratur angelegt wurden, werden laut Burwitz-Melzer und Steiniger (2016, S. 260) häufig im Verlauf der Analyse weiter angepasst. Für die Reliabilität der Studie sei es außerdem wichtig, dass die verschiedenen Kategorien möglichst differenziert voneinander abgegrenzt werden können. Es sollten also möglichst genaue Kriterien für jede Kategorie festgelegt werden.

Obwohl bei der deduktiven qualitativen Inhaltsanalyse oft bereits existierende Kategoriensysteme oder Taxonomien übernommen werden, ist dies laut Poulisse (1990, S. 27) schwierig, da diese Taxonomien auf die Forschungsfragen und das Datenmaterial einer spezifischen Studie zugeschnitten sind. Es wurde daher darauf verzichtet ein Kategoriensystem zu übernehmen und stattdessen ein eigenes Kategoriensystem erstellt, welches jedoch an unterschiedliche bereits existierende Kategoriensysteme angelehnt ist. Um möglichst eindeutige Kriterien für die Kategorien festzulegen, wurden für diese Studie Kategorien von mehreren Forschern untersucht und im Verlauf der Analyse an diese angepasst. Insbesondere die Abgrenzung der unterschiedlichen Kategorien von Kommunikationsstrategien und deren Definition ist, wie in der Theorie bereits erläutert, eine in der Forschung umstrittene Frage und stellte auch bei der Erstellung der Kategorien ein Problem dar. Um eine möglichst eindeutige Einordnung der Strategien zu gewährleisten, wurden Kategorien mit deutlichen Kriterien zur Unterscheidung von anderen Kategorien ausgewählt. In der Analyse stellte sich heraus, dass die Einordnung in die einzelnen Kategorien dennoch oft nicht eindeutig möglich war, was auf einen Schwachpunkt im Kategoriensystem hinweisen könnte. Laut Poulisse (1990, S. 63) ist dies jedoch häufig der Fall, da Strategien unter anderem auch oft in Kombination miteinander verwendet werden und daher mehreren Kategorien zugeordnet werden können.

In der qualitativen Inhaltsanalyse wird laut Burwitz-Melzer und Steininger (2016, S. 258) normalerweise das gesamte Datenmaterial mittels des Kategoriensystems analysiert und geordnet. In dieser Studie wurden jedoch nur für die Analyse interessante Gesprächsausschnitte, in welchen Strategien vermeintlich vorkamen, analysiert. Dies geschah unter anderem, da der Umfang dieser Arbeit nicht ausgereicht hätte, um sämtliche Gespräche in ihrer gesamten Länge zu analysieren.

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich nicht um eine im Voraus geplante Studie. Sie lässt sich daher nur schwer mit anderen Studien von unter anderem Poulisse (1990), Færch und Kasper (1983) und Tarone, Cohen und Dumas (1983) vergleichen, da das Design ihrer Studien speziell auf die Kategorisierung von Kommunikationsstrategien bzw. die Abgrenzung unterschiedlicher Arten von Strategien ausgelegt war. In der vorliegenden Studie wurde dagegen bereits vorhandenes Material erfasst und analysiert. Es war auch nicht das Ziel der Studie ein neues Kategoriensystem zu erstellen oder bereits vorhandene Systeme anhand des Materials zu widerlegen oder zu bestätigen. Vielmehr sollte das Material mit bereits existierenden Kategoriensystemen verglichen werden und hierdurch veranschaulichen, wie Kommunikationsstrategien erkannt und eingeordnet werden können, Die Studie kann als eine Ergänzung zu den im Kursplan für moderne Sprachen (2019) angegebenen Beschreibungen und Definitionen von Kommunikationsstrategien betrachtet werden. Für die Beantwortung der Frage, wie die Identifizierung und Einordnung von Kommunikationsstrategien zur Bewertung der mündlichen Interaktion beitragen kann, wäre eine Befragung von Fremdsprachenlehrern bezügliche ihrer Kenntnisse zu Kommunikationsstrategien sowie nach welchen Kriterien sie diese bewerten bedeutsam gewesen. Dies konnte aufgrund von Zeitmangel in dieser

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Studie leider nicht durchgeführt werden. Für zukünftige Studien zu Kommunikationsstrategien wäre dies jedoch ein interessanter und relevanter Ausgangspunkt.

Für die Transkription der Gesprächsausschnitte wurde ein Transkriptionsschlüssel erstellt, welches im Anhang (Anhang 1 – Transkriptionsschlüssel) dieser Arbeit zu finden ist.

Transkriptionssysteme sollten laut Brinker und Sager (2001, S. 40) immer an die Bedürfnisse der Analyse angepasst werden und so effizient wie möglich sein. Für Transkriptionssysteme werden im Allgemeinen zwei unterschiedliche Layouts verwendet: die Partiturnotation und die Textnotation. Bei der Textnotation werden die Beiträge der unterschiedlichen Sprecher in Textblöcken notiert. Zur Identifizierung der Sprecher wird vor jeden der Textblöcke eine Abkürzung des jeweiligen Sprechers geschrieben. Paralleles Sprechen, sogenannte Simultansequenzen (2001, S. 62), wird durch eckige Klammern gekennzeichnet. Dieses Layout eigene sich Brinker und Sager zufolge sehr gut bei Gesprächen mit wenigen Teilnehmern und längeren Sprecherbeiträgen, der einzelnen Teilnehmer. Da in den Gesprächen maximal vier Sprecher und nur recht selten Simultansequenzen vorkamen, wurde in dieser Arbeit für die Transkripte die Textnotation verwendet, da sie laut Brinker und Sager (2001, S. 40) weniger zeitaufwändig, platzsparender und besser lesbar als die Partiturnotation ist. Abgesehen von der Notationsart ist es laut Brinker und Sager (2001, S. 48) auch wichtig, wie die sprachlichen Äußerungen in ihrer „phonetischen Realisierung“ dargestellt werden. Hier gibt es drei unterschiedliche Methoden: Bei der phonetischen Transkription werden die Äußerungen mithilfe der Lautschrift wiedergegeben werden. Die modifizierte orthographische Transkription dagegen verwendet normale Buchstaben, gibt jedoch Abweichungen von der normalen Orthografie, wie Sprachfehler oder dialektale Sprache phonetisch so genau wie möglich wieder. Bei der orthographisch korrigierten Transkription werden die Äußerungen an die Standardorthografie angepasst, indem die Korrektionen in Klammern angegeben werden. Da in dieser Studie sowohl der Inhalt als auch die sprachlichen Aspekte der Äußerungen eine Rolle spielen, wurde die orthographisch modifizierte Transkription gewählt. Diese eignet sich gut, da Abweichungen und Fehler von der Standardsprache deutlich sichtbar sind und die Transkripte durch die Verwendung von normalen Buchstaben eine gute Lesbarkeit haben. Zusätzlich zu den sprachlichen Äußerungen sollten Transkripte auch Angaben unter anderem über Dehnungen, Pausen, Betonungen und Simultansequenzen enthalten. Diese werden zumeist mit Interpunktionszeichen gekennzeichnet.

Es sollte auch erwähnt werden, dass ich als Lehrerpraktikant bei allen Gesprächen anwesend war. Die Teilnahme des Forschers bzw. Beobachters bei der Materialerhebung kann laut Henne und Rehbock (2001, S. 44) zu Verfälschungen führen, da dieser die Gespräche immer durch seine Anwesenheit beeinflusst. Die Gespräche waren jedoch als Übungen für kommenden mündlichen Leistungsnachweise konzipiert, bei welchen die Anwesenheit von Lehrpersonal zur Bewertung die Norm ist. In einer reinen Bewertungssituation würde die Lehrkraft bzw. der Prüfer so wenig wie möglich eingreifen und in diesem Fall wäre eine Beeinflussung somit unerheblich Da ich jedoch häufig in das Gesprächsgeschehen eingegriffen habe, wenn es Unklarheiten über die Aufgabenstellung oder Verständnisprobleme gab und auch, wenn das Gespräch stockte, wurde die Möglichkeit und Notwendigkeit der Schüler, diese Probleme selbstständig durch Strategien zu lösen wahrscheinlich zu einem gewissen Grad negativ beeinflusst. Es ist also durchaus möglich, dass die Schüler vermehrt zur Verwendung von Strategien genötigt gewesen wären, wenn ich mich nicht am Gespräch beteiligt hätte. In der vorliegenden Studie muss somit von einer Beeinflussung ausgegangen werden.

In der Analyse wurden durchgehend männliche Formen von Nomen und Pronomina verwendet.

Dies bedeutet natürlich nicht, dass nur männliche Schüler an der Studie teilgenommen haben. Das Geschlecht, sowie die Geschlechterverteilung, sind für die Studie und die Analyse jedoch unerheblich, weshalb zum Zwecke der Anonymisierung der Teilnehmer die männliche Form gewählt wurde.

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3.1.2 Kategorien für die Analyse

Für die Analyse der Gespräche, werden die im Theorieabschnitt bereits erwähnten Kategorien von Kommunikationsstrategien verwendet. Die folgende Abbildung zeigt die in der Analyse verwendeten Strategien.

Abbildung 1: Hierarchie der Strategien5

3.2 Material

Das in dieser Arbeit analysierte Material besteht aus Audioaufzeichnungen von Schülergruppengesprächen, welches im Rahmen eines Praktikums in der Lehrerausbildung erfasst wurde. Die Gespräche waren als Übungen für die Schüler gedacht, welche sie unter anderem auf die mündlichen Prüfungen am Ende des Schuljahres 2020 vorbereiten sollten. Ich als Lehrerpraktikantin war bei allen Gesprächen anwesend und habe auch häufig in das Gesprächsgeschehen eingegriffen.

Zum Zeitpunkt der Aufnahme hatten die Schüler etwas mehr als zwei Jahre Deutsch gelernt. Die Aufnahmen wurden zwischen September und November 2019 gemacht. Insgesamt wurden 14 Gespräche aufgezeichnet. Von den 14 Gesprächen wurden neun Gespräche von Gruppen bestehend aus drei Schülern und fünf Gespräche von Gruppen bestehend aus zwei Schülern durchgeführt.

Sämtliche Gespräche sind zwischen 3 und 12 Minuten lang. Die durchschnittliche Länge der Gespräche beträgt 7,4 Minuten.

Es ist anzumerken, dass das Material nicht zum Zweck der Studie erhoben wurde, sondern erst im Nachhinein für deren Verwendung ausgewählt wurde. Aus diesem Grund handelt es sich laut Mezger, Schellhardt und Şimşek (2016, S. 182) nicht um eine Erhebung, sondern um eine Erfassung des Materials. Unterrichtsbezogene Produkte, wie die in dieser Studie verwendeten Schülergespräche, werden laut Caspari (2016, S. 196) häufig ohne vorherige Forschungsabsicht erstellt. Die

5 Die Abbildung wurde vom Autor der Arbeit erstellt und stützt sich auf die Taxonomien von Corder (1981), Poulisse (1990), Færch und Kasper (1983), Tarone (1981), Tarone, Cohen und Dumas (1983) sowie Tornberg (2015).

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Schülergespräche können den multilogischen mündlichen Produkten und den eher freien mündlichen Textsorten zugeordnet werden (2016, S. 195 u. 199). Nicht zu Forschungszwecken erhobene unterrichtsbezogene Produkte sind laut Caspari interessant für die Forschung, weil sie „[…] einen direkten und unverfälschten Einblick in die Realität der unterschiedlichsten fremdsprachenbezogenen Lehr- und Lernkontexte geben.“ (Caspari, 2016, S. 200). Diese Produkte sind daher in einem gewissen Maße als authentisch anzusehen.

Die Gespräche wurden mit einem Mobiltelefon aufzeichnet, weshalb die Qualität der Tonaufnahmen an manchen Stellen schlecht ist. Unverständliche Passagen kommen vor, sind aber meist sehr kurz. Laut Schramm und Schwab (2016, S. 149) sollte bei der Erhebung von Audioaufzeichnungen die verwendete Technik an die Situation, also Art des Raums, Anzahl der Sprecher usw., angepasst und vor der Aufnahme überprüft werden. Die verwendeten Gespräche wurden jedoch ursprünglich nicht zu Forschungszwecken aufgenommen, sondern nur, um eine bessere Bewertung der Leistung durch ein erneutes Anhören zu ermöglichen. Daher wurde aus Kosten- und Zeitgründen bereits zur Verfügung stehende Technik verwendet.

Audioaufzeichnungen müssen Mezger, Schellhardt und Şimşek (2016, S. 185) zufolge so wie alle in der Forschung verwendeten Daten vor der Analyse aufbereitet werden. Audiodaten werden hierfür laut Brinker und Sager (2001, S. 34-35) gewöhnlich transkribiert und so in eine Textform übersetzt. Es werden also nicht die ursprünglichen Primärdaten, sondern die durch die Transkription entstandenen Sekundärdaten für die Analyse verwendet. Das in dieser Studie verwendete Transkriptionssystem wurde bereits in der methodologischen Diskussion beschrieben.

Wie bereits in der methodologischen Diskussion erwähnt wurde nicht das gesamte zur Verfügung stehende Material für die Studie verwendet und analysiert. Laut Grum und Legutke (2016, S. 79) wurde also ein Datensampling vorgenommen. Dies geschah unter anderem aus Zeit- und aus Platzgründen, da der Umfang dieser Studie es nicht zuließ das gesamte Material zu analysieren und auszuwerten. Grum und Legutke (2016, S. 84) zufolge wird in der qualitativen Forschung das Sampling zumeist aufgrund von inhaltlichen Faktoren, welche eng mit dem Forschungsvorhaben in Verbindung stehen, vorgenommen. In dieser Arbeit diente die zentrale Fragestellung, wie Kommunikationsstrategien erkannt und eigeordnet werden können, als Auswahlkriterium für das Datensampling. Anhand der vorher festgelegten Kriterien für die unterschiedlichen Kategorien wurde das gesamte Material nach Beispielen, welche den Kriterien entsprechen, durchsucht. Es wurden allerdings auch Beispiele, welche die Problematiken bei der eindeutigen Zuordnung von Strategien aufzeigen, berücksichtigt.

3.2.1 Beschreibung der Kohorte

Bei der an dieser Studie teilnehmenden Kohorte handelt es sich laut Grum und Legutke (2016, S. 81) um eine Klumpenstichprobe, da alle Teilnehmer einer bereits vorher existierenden Gruppe angehörten.

Die Kohorte besteht aus 22 Schülern der neunten Jahrgangsstufe einer Grundschule in Schweden. Es ist eine reine Mittelstufenschule mit den Jahrgangsstufen sieben bis neun. Zum Zeitpunkt der Aufzeichnungen der Gespräche waren einige Schüler erst 14 Jahre alt, beim Unterschreiben der Einverständniserklärungen zur Teilnahme an der Studie hatten jedoch alle Schüler das Alter von 15 Jahren erreicht. Sämtliche Schüler hatten zum Zeitpunkt der Gespräche seit etwas mehr als zwei Jahren Deutsch gelernt.

13 der 22 Schüler haben die Übung aus unterschiedlichen Gründen zwei Mal mit einem zeitlichen Abstand von fünf bis sieben Wochen durchgeführt. Die ersten Gespräche wurden alle innerhalb einer Woche durchgeführt. Vier Schüler waren in dieser Woche jedoch nicht anwesend. Bei

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der zweiten Durchführung wurden deshalb diese vier Schüler bevorzugt. Da die Gruppen möglichst immer aus drei Schülern bestehen sollten, wurden beim zweiten Durchgang auch Schüler berücksichtigt, welche an der Übung bereits teilgenommen hatten. Außerdem wurde bei der Zusammenstellung der Gruppen auch das sprachliche Niveau, bzw. der Kenntnisstand der einzelnen Schüler, sowie deren eigene Wünsche zur Gruppenzusammenstellung berücksichtigt. Die zweiten Gespräche fanden während eines Zeitraums von zwei Wochen statt.

3.2.2 Beschreibung der Aufgabenstellung

Die Gespräche können laut Lundahl (2019, S. 310) als lehrergeleitete Gespräche in einer kleinen Gruppe kategorisiert werden. Jeder Gruppe wurde vor der Übung die Aufgabenstellung, welche der vorliegenden Arbeit als Anlage (Anhang 3 – Aufgabenstellung der mündlichen Übung) beigefügt ist, erklärt, sowie dass sie das Gespräch so selbstständig wie möglich führen sollen. Die behandelten Themen waren den Schülern bekannte Bereiche wie die Präsentation der eigenen Person, Freizeitbeschäftigungen, die Beschreibung ihrer Kleidung und ihres Zuhauses, sowie eine Beschreibung ihrer Zukunftspläne. Während der Übung waren die Schüler nicht an eine genaue Reihenfolge gebunden und nicht alle Themenbereiche mussten zwangsläufig besprochen werden.

Die Gespräche waren als Übungen und nicht als Leistungsnachweise gedacht, wurden jedoch zum Zwecke einer formativen Bewertung auch benotet. Während der Übung standen den Schülern keinerlei Hilfsmittel zur Verfügung, da die Gespräche eine Bewertungssituation simulieren sollten. Im Vorhinein wurden den Schülern mitgeteilt welche Kriterien bei der Benotung eine Rolle spielen. Die Kriterien für die Benotung sind dem schwedischen Kursplan für moderne Sprachen (2019, S. 76-78) entnommen und sind ebenfalls im Anhang (Anhang 4 – Bewertungskriterien für die mündliche Übung) dieser Arbeit zu finden.

3.3 Forschungsethische Überlegungen

Bei allen Studien mit einer humanistisch-gesellschaftlichen Ausrichtung müssen dem schwedischen Wissenschaftsrat6 (2002, S. 6) zufolge vier Grundprinzipien beachtet werden: der Informationsanspruch, der Einverständnisanspruch, der Vertraulichkeitsanspruch und der Nutzungsanspruch. Diese Prinzipien sollen den Schutz des Individuums vor Gewalt, Kränkungen und Demütigungen garantieren (2002, S. 5).

Der Informationsanspruch besagt, dass Forscher Personen, welche von der Forschung berührt werden oder daran teilnehmen, über Sinn und Zweck der Forschung informieren müssen. Des Weiteren müssen mitwirkende Personen über die Freiwilligkeit der Teilnahme und die Möglichkeit des Abbruchs der Teilnahme informiert werden (Vetenskapsrådet, 2002, S. 7). Laut Legutke und Schramm (2016, S. 111) muss auch gewährleistet sein, dass Personen keinerlei Nachteil durch eine Nicht-Teilnahme oder einen Abbruch der Teilnahme während der Studie haben. Alle Teilnehmer dieser Studie wurden vor Beginn über die Forschungsziele informiert, dass die Teilnahme freiwillig ist, sowie dass ihnen keine Nachteile entstehen, falls sie sich gegen eine Teilnahme oder einen Abbruch entscheiden sollten. Keine der Personen wurde zu einer Teilnahme gedrängt.

Laut des schwedischen Wissenschaftsrats (2002, S. 9) muss zudem auch das Einverständnis der Teilnehmer eingeholt werden. Bei Personen unter 15 Jahren müssen auch die Erziehungsberechtigen ihr Einverständnis geben. Die Einverständniserklärung muss schriftlich von den Teilnehmern bestätigt werden (Legutke & Schramm, S. 111). Für diese Studie wurde von allen Teilnehmern eine schriftliche

6 Vetenskapsrådet

References

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